Die kalte Nacht des Hasses
treffen?«
Shaggy schien über die Neuigkeiten nicht überrascht zu sein, was mich wiederum überraschte. Etwas stimmte an diesem Szenario nicht, ich konnte zwar meinen Finger nicht darauf legen, aber es machte mich nervös. Shaggy starrte mich bloß an, dann sah er die Bänder an, die ich in der Hand hielt. Er fragte: »Was sind das für Bänder? Hast du die bei Costin gefunden?«
»Ja. Warum?«
»Reine Neugier.«
»Ich habe sie in Costins Matratze versteckt gefunden. Weißt du etwas darüber?«
Er setzte sich eilig auf. »Hast du sie angesehen?«
»Allerdings. Bist du auf einem davon drauf, Shaggy?«
»Was für Bänder?« Das war Bud.
»Zwei Sexbänder, eines mit Costin und Hilde, und, tut mir leid, Bud, aber eines mit Costin und Brianna, als sie sehr jung waren.«
»Was zum Teufel?«, fragte Bud.
»Und eines, das sehr nach einem Snuff-Film aussieht. Aber da es drei Jugendliche zeigt, die einen Mann ersticken, denke ich, es ist vielleicht ein selbstgemachter Horrorfilm, den sie zum Spaß gedreht haben.«
»Was zum Teufel?«, fragte Bud wieder.
Shaggy wurde weiß und wich in eine Ecke seiner Zelle zurück, so weit von uns weg, wie es ihm nur möglich war.
»Bist du der kleine Junge in dem Film, Shaggy? Oder ist das Walter Costin?«
Shaggy hob seine Hände vor das Gesicht und begann vor und zurück zu wippen. Bud und ich sahen einander an, dann packte Bud die Gitterstäbe, seine Stimme war angespannt, aber kontrolliert.
»Shaggy, du musst damit aufhören und ehrlich mit uns sein. Wir versuchen herauszubekommen, was passiert ist. Wir wissen, dass du irgendwas mit Costin zu tun hast. Er ist der Täter, oder nicht? Er hat Hilde umgebracht, oder? Warum beschützt du ihn?«
»Ich weiß gar nichts.«
»Blödsinn.« Das war ich. Ich war jetzt richtig sauer.
Vielleicht sollten Bud und ich guter Bulle/böser Bulle spielen – wie im Fernsehen. Bloß kannte Shaggy uns beide zu gut, um den Bluff nicht zu durchschauen. Und im Moment waren wir sowieso beide böse Bullen.
Bud sagte: »Wo ist Costin jetzt? Du musst es uns sagen!«
»Warum sollte ich?«
Ich musste zugeben, dieses unschuldige Getue von Shaggy ging mir immer mehr auf die Nerven.
»Lass mich ein paar Minuten mit ihm allein«, sagte Bud, ohne mich anzusehen.
Ich hatte Bud noch nie zuvor so gesehen. Er versuchte nicht einmal mehr, unparteiisch zu bleiben. Er musste von dem Fall entbunden werden, dringend.
»Was willst du tun, Bud? Ihn mit einem Gummischlauch verprügeln?« Ich lachte, ha ha, aber ich hoffte sehr, dass er das nicht wirklich tun wollte.
Bud verpasste mir einen Blick, der sagte, ich sollte mich zusammenreißen. Ich glaubte ihm und dachte, es wäre vielleicht ein Trick, den er im Ärmel hatte, um Shaggy dazu zu bewegen, sich auszukotzen. Es ging mir gegen den Strich, rauszugehen, selbst für ein paar Minuten, aber ich spielte mit. Bud war ziemlich gut in solchen Sachen, selbst wenn er wütend war. Und er hatte sich inzwischen einigermaßen beruhigt. Er knirschte nicht mal mehr mit den Zähnen.
»Okay, ich gehe nach oben und hole uns Kaffee und melde mich bei Obion in Costins Wohnung. Vielleicht hat der ja doch noch irgendwas mitbekommen. Benehmt euch anständig, ihr beiden. Nicht vergessen, wir sind alle Freunde.«
Oder waren das jedenfalls.
Ich ging Kaffee holen, meldete mich bei Obion und erfuhr, dass in den Berkshire Gardens völlige Ruhe herrschte, was ich auch erwartet hatte. Walter Costin war klug genug gewesen, abzuzwitschern, und jetzt mussten wir Shaggy eben dazu bewegen, uns zu erzählen, wo er sich mit ihm treffen sollte. Und warum. Und wann. Und wer auf dem Band wen umgebracht hatte.
Ich wollte sie nicht allzu lange allein lassen, also wartete ich noch fünf Minuten und betrat dann wieder den Zellenblock. Bud hatte die Schlüssel vom Aufseher geholt und öffnete gerade Shaggys Zelle. Das kam mir nicht wie eine gute Idee vor.
»Was zum Teufel treibst du da, Bud?«
»Er wird uns zeigen, wo Costin sich versteckt hält.«
»Und der Sheriff hat das abgenickt, nehme ich an?«
»Klar.«
»So ein Unsinn.«
Der Gefängniswärter saß nebenan, ignorierte uns und las ein Automagazin. Ich konnte ihn durch das Beobachtungsfenster sehen. Ihm schien nicht einmal aufzufallen, dass Bud die Schlüssel hatte und seinen Gefangenen frei ließ. Ich runzelte die Stirn.
»Bud, das ist eine blöde Idee.«
Er war jetzt in der Zelle und legte Shaggy Handschellen an. »Er will es mir nicht sagen, aber er hat gesagt, er kann es mir
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