Die kalte Nacht des Hasses
dein Bett und bleib da.«
Sissy rannte aus dem Bad, wandte sich aber in der Tür um und streckte der Älteren die Zunge heraus, bevor Mama die Tür zuknallte und die Ältere im Bad einsperrte. Kochend vor Wut packte sie sie am Hals und drückte sie mit dem Rücken gegen das Waschbecken, und dann riss sie die ältere Schwester in die Höhe und warf sie in das Badewasser. Die Ältere würgte und stemmte sich gegen den entsetzlichen Griff um ihren Hals, aber Mama hatte einen ihrer Wutanfälle und hielt viel zu fest, als dass sie sich befreien könnte. Sie drückte ihren Kopf unter Wasser und hielt ihn dort.
Die Ältere wehrte sich verzweifelt, konnte sich aber nicht befreien und starrte durch das Seifenwasser, das wie Feuer in ihren Augen brannte, in Mamas Gesicht, das rot war vor Wut und Anstrengung, während die sie unter Wasser hielt. Es war dieser Blick, der am schlimmsten war, dann tat Mama schreckliche Dinge. Die Ältere hielt den Atem an und wand sich verzweifelt, bis Mama sie endlich aus dem Wasser hochriss, und sie keuchte und rang nach Luft, aber Mama drückte sie wieder unter Wasser, egal, wie sehr sie weinte und darum bettelte, dass sie aufhörte. Sie kämpfte mit aller Kraft, aber Mama war zu stark, vor allem, wenn sie so wütend war. Als die Ältere glaubte, sie könnte den Atem nicht mehr länger anhalten, als sie glaubte, sie würde ertrinken, und vielleicht wäre das auch besser, als weiter mit Mama zu leben, riss ihre Mama sie aus dem Wasser, und sie keuchte und rang nach Luft.
Mama knirschte die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Rühr Sissys Make-up nie wieder an, hast du verstanden? Rühr es nicht an, sieh es nicht einmal an, sonst wird es noch schlimmer kommen als eben, hast du verstanden?«
»Das werde ich nicht, Mama, ich verspreche es«, sagte die Ältere geschwächt, aber sie weinte erst, als Mama nach draußen gestapft und die Tür zugeschlagen hatte. Dann saß sie in dem kalten Wasser und weinte in ein Handtuch, damit Mama sie nicht hörte und zurückkam und noch einmal bestrafte.
3
Sechzehn Minuten nach meinem Anruf schob sich Buckeyes weißer Van die Auffahrt entlang und hielt hinter meinem Explorer und zwei weiteren Polizeiautos. Buck fragte, ob es mir gut ginge und wollte sich meinen Arm ansehen, aber ich sagte, das könnte warten. Während sie ihre Schutzanzüge überstreiften und ein paar Aluminiumkoffer aus dem Wagen holten, erzählte ich ihnen, was geschehen war. Als ich Hildes Leiche beschrieb, starrten mich alle an, als hätte ich mir das ausgedacht.
Unglücklicherweise wusste ich ziemlich genau, was sie dachten. Bevor ich aus L.A. hergezogen war, hatte es am See keinerlei Verbrechen gegeben, die auch nur im Entferntesten an diese Art grauenvoller Morde heranreichten. Es hatte letzten Sommer mit einem irren Alptraum aus meiner Vergangenheit begonnen, letzte Weihnachten war es weitergegangen, und jetzt waren wir schon bei Nummer drei. Offenbar war ich es, die Mörder in diese dörfliche, ruhige, wunderbare Idylle lockte, genau wie ich Tod zu allen, die mir in meinem Leben etwas bedeuteten, gebracht hatte. Sie wussten es. Ich wusste es. Alle wussten es.
Buckeye zog seine Handschuhe über und knallte die hintere Tür des Vans zu. Ich beobachtete, wie er seinen Koffer nahm und mir einen Blick zuwarf. Er hatte einen weißen Bart samt Schnauzer, der normalerweise ziemlich kurz getrimmt, im Moment aber ein bisschen länger war. Er erinnerte mich an den Mann in dieser alten Captain-Kangaroo- Kindersendung, mit dem weißen Haar und dem etwas rundlichen Körper. Mr Greenjeans war der Kumpel des Captains gewesen, und im Büro des Leichenbeschauers fragten alle immer nur Wo finde ich Mr Greenjeans? Aber jetzt war keinem nach Scherzen zumute, und auch er war todernst, als er sagte: »Du willst also sagen, dieser Typ hätte dem Opfer die Lippen abgeschnitten und sie dann in den Abfluss der Dusche gestopft?«
Ich nickte. »Das glauben wir jedenfalls. Er war noch in der Gegend und hat ein paar Mal auf uns geschossen, aber er ist per Boot entkommen, bevor wir ihn erwischt haben.«
»Grundgütiger Gott. Wurde sie noch anderweitig verstümmelt?«
Ich schüttelte den Kopf und zuckte mit den Achseln. »Nicht, soweit wir sehen können. Der Körper weist keine sichtbaren Verletzungen auf. Vielleicht wurde sie erstickt, aber der Mund ist sehr blutig. Das wirst du uns sagen müssen, woran sie starb. Bud sperrt den Bereich hinter dem Haus ab, wo der Täter auf uns geschossen hat
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