Die kalte Nacht des Hasses
falls Sie darauf hinaus wollten. Sie ist ein nettes Mädchen. Ich kenne sie schon lange. Verstehen Sie, ich habe sie bei den Wettbewerben gesehen und so.«
Toll. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, dass sie tot war. Also würde ich es ihm sagen müssen. Na wundervoll. »Mr Dixson, wir haben leider schlechte Nachrichten wegen Ms Swensen.«
»O mein Gott, es geht ihr doch gut, oder?«
»Es geht ihr leider nicht gut, Sir. Sie wurde gestern tot in ihrem Ferienhaus aufgefunden, ermordet. Und wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie möglicherweise der Letzte waren, der sie lebendig gesehen hat.«
Dixson wurde blass, und zwar richtig, als hätte ihm jemand einen Stöpsel aus dem Hals gezogen. Geisterhaft weiß, und er begann zu zittern, dann taumelte er ein oder zwei Schritte rückwärts, bis er gegen einen Ständer mit weißen viktorianischen Spitzenkleidern stieß. »O mein Gott, nein. Was ist passiert? Wer könnte so etwas getan haben? Und warum, warum?«
»Es tut mir leid, dass ich es Ihnen so sagen musste, Mr Dixson. Ich kann verstehen, dass es Sie mitnimmt. Möchten Sie sich setzen? Vielleicht gibt es einen ruhigeren Ort, an dem wir einen Augenblick reden könnten?«
Dixson hatte beide Hände vor den Mund gehoben und ich hegte den Verdacht, dass er sich gleich von seinem Frühstück verabschieden würde.
Ich sagte: »Holen Sie ein paar Mal tief Luft, Sir. Ich verstehe, dass es ein Schock für Sie ist.«
»O mein Gott! Ich war doch neulich erst bei ihr! Es ging ihr so gut, sie war fröhlich und lächelte andauernd, sie genoss das Frühlingswetter.«
Ich warf Black einen Blick zu, als Dixson das Lächeln erwähnte. »Setzen wir uns irgendwohin, Mr Dixson. Ich habe ein paar Fragen, aber es sollte nicht zu lange dauern.«
Dixson stützte sich mit einer Hand ab und ging auf wackeligen Beinen durch den schmalen Gang, in dem die ganzen Kostüme standen. Ich betrachtete im Vorbeigehen die aufgehängten Fotos und war fasziniert, wie viele Familien der Meinung waren, ein Verkleidungsfoto wäre eine tolle Erinnerung an ihre Reise zum Ozarks-See.
Ein brauner Samtvorhang in einem Durchgang am hinteren Ende des Ladens verbarg Dixsons Büro. Er schob ihn zur Seite und führte uns hinein. Ein großer, verschrammter Eichenschreibtisch mit Rolldeckel stand in einer Ecke, ein länglicher rechteckiger Tisch neben einem dreckigen Fenster, durch das man ein Ziegelgebäude auf der anderen Seite einer schmalen Gasse sehen konnte. Das Gebäude war sehr alt, mindestens hundert Jahre, schätzte ich, und eine einzelne nackte Glühbirne hing mittig von der Decke herunter, so dass das Büro einen eigenartigen Schwarz-Weiß-Look hatte, es erinnerte mich an den zweiten Teil von Der Pate.
Eric Dixson marschierte direkt zu einem geschlossenen Schrank, öffnete eine Tür und nahm eine halbvolle Flasche Jack Daniel’s heraus. Er schraubte sie auf und kippte eine ordentliche Ration in ein kleines Glas, wobei etwas davon auf dem Tisch landete.
»Tut mir leid, ich brauche einen Drink. Wollen Sie auch einen?«
Black schüttelte den Kopf.
Ich sagte: »Nein, danke.«
Dixson kippte den Whiskey, als wäre es bloß Großmutters Root Beer, dann bedeutete er Black und mir, dass wir uns an den Tisch setzen sollten. Er schenkte sich noch ein zweites ein, und mir fiel auf, dass seine Hände immer noch zitterten. Vielleicht würde Nummer drei helfen.
Dixson setzte sich, das Glas in der einen Hand, die Flasche in der anderen. Er starrte Black einen Augenblick an. »Ich habe einen Moment gebraucht, aber Sie sind doch dieser Doktor, Nicholas Black, oder?« Er wandte sich mir zu. »Und Sie sind die Polizistin, die in der Zeitung war, weil Sie den Serienmörder gefasst haben.«
Ich nickte, wollte aber diese ausreichend dokumentierte Geschichte nicht noch einmal durchgehen. Black sagte wie immer nichts und sah dabei blendend aus.
Dixson sackte auf dem Stuhl mir gegenüber in sich zusammen und stellte die Flasche vor sich auf den Tisch. Er tröpfelte noch etwas Alkohol in sein Glas. Ich zog wie gewohnt Bleistift und Block heraus. Ich würde ihn fragen müssen, was er wusste, bevor er sich bewusstlos getrunken hatte. Er fragte: »Wie ist sie gestorben? Können Sie mir das sagen?«
Ich war überrascht, dass er nach dem deutlich erkennbaren Schrecken, dem wir vor ein paar Sekunden hatten beiwohnen dürfen, mehr scheußliche Einzelheiten wissen wollte. »Das kann ich nicht wirklich mit Ihnen diskutieren, Sir. Im Moment möchte ich, dass Sie mir von dem
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