Die Kalte Sofie
angelegt hätt, mich abzuhängen.«
Ärgerlich biss er sich auf die Lippen.
»Was sie ja offensichtlich auch gschafft hat, wie’s ausschaut?«, hakte Sofie nicht gerade feinfühlig nach.
Joe nickte widerwillig.
»Das Letzte, was ich gsehn hab, war, dass sie den Friedhofsparkplatz hier ansteuert.«
»Tja, machen Sie sich nichts draus«, sagte Charlie versöhnlich. »Uns ist es auch nicht besser ergangen. Ab hier verliert sich die Spur des Hummer, den wir verfolgt haben, ebenfalls.«
Sofies Nasenflügel begann zu kribbeln.
»Des kann doch kein Zufall sein, oder? Vielleicht haben die zwei sich ja hier in der Nähe getroffen?«
Joe musterte sie müde. »Mei, Sofie, fangst scho wieder damit an? Kannst du mir vielleicht sagen, was die Frau Ministerialdirigent ausgerechnet mit dem Geschäftsführer einer Schwulensauna auszuhandeln hätt?«
Jetzt war es Sofie, die den Kopf senkte. Nein, konnte sie natürlich nicht.
»Lass mas dabei! Ich fahr jetzt jedenfalls heim.« Verlegen räusperte sich Joe. »Wennst magst, leg ich an Schlenkerer ein und bring dich in der Zugspitzstraß vorbei.«
»Machen Sie sich bloß keine Umstände, Herr Lederer! Es wird mir ein Vergnügen sein, Frau Dr. Rosenhuth nach Haus zu bringen, nachdem ich sie schon in diese gottverlassene Gegend kutschiert habe«, meinte Charly galant.
Verunsichert spürte Sofie die erwartungsvollen Blicke der beiden Männer auf sich ruhen.
Herrschaftszeiten! Und jetzt?
37
Gegenwind
K aum aus dem Bett – und sich fühlen wie zweimal durch den Fleischwolf gedreht?
An diesem Morgen war Sofie genau so zumute. Im ersten Moment schob sie es auf den Himmel, der heute bleigrau über Giesing hing und sie daran erinnerte, dass der Vorsommer der vergangenen Tage nichts als eine verschwenderische Kostprobe gewesen war. Dann aber fiel ihr ein, dass sie lediglich vier Stunden Schlaf hinter sich hatte, nachdem sie sowohl Charlys wie auch Joes Angebot, sie nach Haus zu fahren, dankbar abgelehnt und sich allein auf den Nachhauseweg gemacht hatte.
Danach war dann auch noch Nachtschicht im Institut angesagt gewesen. Aber was für eine produktive!
Sofie gähnte herzhaft und stellte den uralten Espressokocher sowie den Milchtopf auf den Herd. Die kaum benutzte Edelmaschine, ein protziges Geschenk von Erik, ruhte noch immer in einem der Umzugskartons – wie so vieles andere auch. Ob sie jemals dazu kommen würde, sie auszuräumen?
Inzwischen zweifelte sie ernsthaft daran.
Jessas – da war ja auch noch der gestreifte Seidenschal, den Charly Loessl ihr geliehen hatte!
Sie zögerte, dann steckte sie ihre Nase hinein. Ein zarter Duft nach grünen Gräsern, der gut zu seiner noblen Erscheinung passte.
Der Espresso begann zu blubbern, eifrig pumpte sie die heiße Milch, bis diese appetitlich schäumte, und braute sich ihr ultimatives Aufwachgetränk zusammen.
Eigentlich eine todsichere Methode; heute allerdings versagte sogar der gewohnte Koffeinkick seinen Dienst. Immer noch schlaftrunken wanderte Sofie mit der Tasse ins Bad, wich dem Spiegel aus, um nicht zu erschrecken, und verzog sich schließlich unter die Dusche. Unter dem prasselnden Wasser begannen sich ihre Nackenmuskeln zu entspannen.
Sofies Gedanken kreisten.
Schon im Vorfeld hatte sie gewusst, was sie finden würde. Gemutmaßt, korrigierte sie sich selbst. GHB , sowohl im Bonbon als auch in der Taubenleiche.
Nur nicht gleich übermütig werden, Frau Dr. Rosenhuth!
Zwei tote Tiere mit sichtbaren Injektionsspuren, zweimal sorgfältig präparierte Bonbons, die in unmittelbarer Nähe der Kadaver ausgelegt worden waren.
Zu welchem Zweck?
Dass es die kleine Vanessa erwischt hatte, erschien ihr mittlerweile als Versehen. Das Mädchen hatte etwas gegessen, das eigentlich für jemand anderen bestimmt gewesen war.
Aber für wen?
Sofie rubbelte sich trocken, cremte sich ein, verteilte etwas Lotion auf ihren Wangen und sah nun doch in den Spiegel.
Augenschatten.
Doch nicht etwa der Anflug eines Doppelkinns? Mit Frühstück war heute schon mal nichts, das stand fest.
Und war diese fiese kleine Falte links neben dem Mund gestern eigentlich auch schon da gewesen?
Sie streckte sich selbst die Zunge raus, während sie versuchte, ihre widerspenstigen Haare zu bändigen. Bei feuchter Luft – und das war das Kreuz – würden sie sich über kurz oder lang in undurchdringliches Gekräusel verwandeln.
Und wenn schon!
Lieber Gestrüpp auf dem Kopf und einen Gletscherblick von Dr. Falk einfangen, als sich mit Tausenden
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