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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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anderen Morgenmuffeln in die U-Bahn quetschen, die bei so einem Sauwetter garantiert noch überfüllter war als sonst …
    Zefix – ihr Radl wartete ja noch immer brav vor der Schwulensauna in der Säbener Straße. Sofies Laune drohte augenblicklich in den Keller zu rauschen.
    Hatte Tante Vroni vielleicht noch irgendwo dieses Uralt vehikel herumstehen, das sie garantiert seit einer Ewigkeit nicht mehr angerührt hatte?
    Sie schlüpfte in ihre Jeans und einen blauen Baumwollpullover. Darüber noch die alte Regenjacke, schon rannte sie über den Hof.
    Das Doppeltor, das auf die Zugspitzstraße führte, stand offen. Äußerst ungewöhnlich, da ihre Tante es als oberste Hausmeisterinnenpflicht empfand, den Zugang stets geschlossen zu halten, um Unbefugte am Eindringen in ihr geheiligtes Territorium zu hindern.
    »Tante Vroni?«, rief sie. »Wo steckst denn? Ich brauchat heut ausnahmsweis dei oids Radl …«
    »Glaub ich nicht«, hörte sie jemanden sagen. »Es sei denn, Sie wollen als Akrobatin auftreten und auf zwei Rädern gleichzeitig fahren.« Charlys Lächeln wärmte ihr Herz. »Aber sogar das würd ich Ihnen zutrauen, wenn Sie mich so fragen. Erst recht nach gestern Abend. Guten Morgen übrigens! Haben Sie alles gut überstanden?«
    »Wie jetzt? Sagens bloß, Sie haben’s dabei!«, rief sie verdutzt.
    »Dante war so freundlich. Wie sollten Sie denn sonst zur Arbeit kommen? Zum Glück hat das Wetter netterweise gerade noch mitgemacht. Andernfalls fällt ein Cabrio als Transporter ja ganz schnell aus.«
    Versonnen schauten sie sich an.
    In seinem verblichenen Trench sah Herr Loessl heute sehr englisch aus. Wieso fragte er sie nicht, was gestern Abend eigentlich los gewesen war?
    Auf meine Diskretion ist Verlass … Er schien tatsächlich zu meinen, was er gesagt hatte.
    Sofie schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln.
    »Danke Ihnen beiden. Dann düs ich jetzt los«, sagte sie. »Auf mich wartet heut noch a Menge Arbeit.«
    Etwas an diesem Charly Loessl entspannte sie zutiefst.
    »Ein bisschen abrupt kam der Abschied gestern schon, finden Sie nicht auch, Frau Dr. Rosenhuth?«, sagte er. »Wie wär’s, wenn wir zwei bald mal wieder zusammen essen gehen? Sehr bald sogar, wenn Sie mich fragen.«
    Sofie konnte nicht anders. Spontan beugte sie sich vor und gab ihm ein Bussi auf die Wange.
    Ein Hauch von Gräsern. Duftete seltsam vertraut …
    »Sehr gern«, sagte sie grinsend, während sie das Fahrradschloss aufsperrte.
    Dann schwang sie sich auf den Sattel und zischte los.
    Amüsiert schaute Charly ihr hinterher, bevor er in sein Cabrio stieg und den Motor anließ.
    Ein Wagen, wie die ehrwürdige Zugspitzstraße ihn nicht jeden Tag zu sehen bekam. Auch Vroni stach er ins Auge, die soeben herausgestürzt kam. Keine Minute länger hätte sie es noch hinter der Gardine ausgehalten.
    Jessas Maria! Wer war dieser Bursch, den ihre Nichte in aller Öffentlichkeit abgebusselt hatte?
    Kein Sterbenswörtchen hatte sie bislang über den verloren. Hatte sie etwa noch mehr Geheimnisse vor ihr?
    Vroni schüttelte den Kopf.
    Wer auch immer das sein mochte – kein dahergelaufener Lackl durfte es wagen, ihre Pläne zu durchkreuzen. Die Sofie gehörte zu Joe, und damit basta!
    Die Aufregung stand Vroni noch ins Gesicht geschrieben, als sich ihr ein Mann unter einem dunklen Regenschirm zielstrebig näherte. In der freien Hand trug er einen großen Werkzeugkasten, der mehr als vertrauenswürdig wirkte.
    »Servus, Frau Ilmberger. Ich bins, der Denninger Flo«, sagte er lächelnd, als er schließlich vor ihr stand. »Ihr Schreiner für alle Notfälle. Und wo is jetzt des verreckte Nachtkastl, des nimmer richtig aufgehen mag?«

38
    Ungehorsam
    W ie flüssiges Blei schob die Isar sich träge vorwärts, stahlgrau wie die trüben Schwaden, die gegenüber an der Brudermühlbrücke aus den riesigen Schornsteinen des Heizkraftwerks Süd quollen.
    Die Grillplätze auf den Kiesbänken der Flaucheranlagen waren vereinsamt. Kein Gitarrengeklimper, kein Radiogedudel, keine Sonnenanbeter und kreischenden Teenies, kein fröhliches Kinderlachen.
    Nicht mal ein Vogelzwitschern. Nur das leise, stete Plätschern des Schnürlregens.
    Bei so einem Sauwetter schickt man keinen Hund vor die Tür. Hieß es jedenfalls.
    Für Hubert Lachner und seinen Egon galt das jedoch nicht. Alles eine Frage der passenden Kleidung, fand er, und marschierte auch heute, mit Schirm, Lodenjanker, Trachtenhut und Regenstiefeln bestens ausstaffiert, gut gelaunt seine Stammstrecke

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