Die Kalte Sofie
es dir gschmeckt hat. Schlaf guad!«
Dann schloss Vroni sachte die Tür.
42
Lauter Überraschungen
N achdenklich kontrollierte Sofie den Monitor, der an den Detektor des Gaschromatografen angeschlossen war, und knabberte nebenbei an einem duftigen Marzipancroissant.
Leidenschaftslos und unerbittlich summend analysierte der riesige graue Aparillo die Haarprobe eines Lufthansa-Piloten.
Eine Routineuntersuchung vor drei Wochen hatte regelmäßigen Konsum von Kokain zutage gebracht. Seitdem war der Mann vom Dienst suspendiert. Sollte der chemische Print heute wieder positiv sein, würde er wohl nie wieder im Cockpit einer Boeing 737 sitzen.
Während sich das Chromatogramm nach und nach auf dem Bildschirm aufbaute, schweiften Sofies Gedanken zu dem gestrigen Abend ab.
Vronis Schweinsbraten und die Knödel waren wieder mal ab solute Spitze gewesen, leider aber extrem kalorienreich. Seit ihrer Ankunft in München hatte Sofie zwar noch kein Kilo zugenommen, allerdings auch kein Gramm verloren. Wenn sie sich nicht bald am Riemen riss, würde das mit der Bikinitraumfigur nie etwas werden.
Sie warf einen schuldbewussten Blick auf das bereits zur Hälfte verputzte Croissant in ihrer Hand, dann legte sie es energisch beiseite. Ab heute würde alles anders, gelobte sie sich fest entschlossen.
In diesem Moment öffnete sich die Tür. Frau Dr. Falk stand im Rahmen, wie immer perfekt gestylt von Kopf bis Fuß, der hochgeschlossene, grünlich schillernde Mantel aus Rohseide pas send zu den samtenen Pumps im gleichen Farbton.
Verhalten musterte sie mit eisigem Blick Sofie.
»Und? Haben Sie schon Ergebnisse?«
Sofie schüttelte den Kopf. »Die Probe läuft gerade durch.«
»Alles klar.« Ein dünnes Lächeln erschien auf Falks Gesicht. »Übrigens Kompliment, Frau Kollegin. Ich komme gerade vom Gericht. Ihr Gutachten zu dem fraglichen Nackenschuss hat den Staatsanwalt tatsächlich dazu bewogen, den Fall erneut aufzurollen. Ganz abgesehen von der Sektion gestern, die Ihnen ja auch mal wieder sensationell gelungen ist, wie ich gehört habe.«
Sofie stutzte und warf Frau Falk einen irritierten Blick zu.
Wie bitte? Derart sanfte Flötentöne? Ohne den geringsten Hauch von Ironie? Was war denn plötzlich in Frau Dr. Iglu gefahren?
Beinahe verlegen fuhr diese fort: »Ich hab noch einen – wichtigen Termin. Deshalb wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie das Gutachten für die Haarprobe gleich losschicken könnten, sobald die Analyse durch ist.«
»Sie wollen also nicht noch einen Blick darauf werfen?«
Mit nervösem Lächeln schüttelte Falk den Kopf. »Warum sollte ich, liebe Frau Rosenhuth. Bei Ihnen sind auch solche Expertisen in besten Händen, da bin ich sicher.«
Sofie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Bevor sie jedoch nachhaken konnte, läutete das Telefon neben ihr. Es war der Pförtner, der die Ankunft des Fahrradkuriers meldete. Ob er ihn reinlassen solle?
Täuschte Sofie sich, oder ging beinahe so etwas wie ein Strahlen über das Gesicht ihrer Kollegin?
Hastig griff Falk sich in die frisch blondierten Haare, hauchte ein »Sagen Sie ihm, ich komme gleich!« und huschte davon.
Stirnrunzelnd gab Sofie die Nachricht an die Pforte weiter.
Irgendetwas war mit der Frau heute anders gewesen. Sanft wie ein Engel – und das gleiche verräterische Glitzern im Blick, das Sofie seit Neuestem auch in Tante Vronis Augen entdeckte … Was sie erneut über den Herrenhut grübeln ließ, den sie an der frisch aufpolierten Garderobe in Tante Vronis Flur entdeckt hatte. Hätte Sofie es nicht besser gewusst, sie hätte Stein und Bein geschworen, dass es da einen Mann gab.
Quatsch! Dann hätte Vroni ihrer Nichte garantiert sofort davon erzählt. Sie hatten ja schließlich keine Geheimnisse voreinander.
Ach ja?, raunte eine vorwitzige Stimme in Sofies Kopf. Gilt das auch für dich?
Es klopfte an der offenen Tür.
»Servus, Sofie!« Zögernd betrat Joe den Raum, eine Hand hinter seinem Rücken versteckt. »Hast einen Moment Zeit für mich?«
Ihr Ex. Der hatte ihr gerade noch gefehlt!
»Wenn’s sein muss …« Sofie nickte kühl und warf nebenher einen prüfenden Blick auf den Bildschirm. Immer noch kein positiver Befund. Sah gut aus für den Lufthansa-Piloten.
Verlegen griff Joe sich einen Stuhl und stellte ihn dicht neben Sofie.
»Ich wollt mich nur erkundigen, ob ihr schon was Neues wisst zu der Leich vom Flaucher. Und außerdem …«, er zog mit stolzem Lächeln eine große Bonbonniere hinter seinem Rücken hervor, die
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