Die Kalte Sofie
mal wieder recht, Sofie. Und ich kann ja schlecht alle Münchner Männer über vierzehn zur DNA -Probe antreten lassn, Herrschaftszeiten! Dabei hätt ich einen Ermittlungserfolg verdammt nötig. Der Staatssekretär persönlich sitzt uns im Gnack – und jetzt, nachdem der Mayr den Fall mit der oiden Frau Hinterstoißer aufgeklärt hat, schwimmen mir endgültig die Felle davon.«
Sofie maß Joe mit kühlem Blick.
»Des heißt, mit der ukrainischen Brandleich namens Schmidt bist a no ned weiter?«
Würde Joe wenigstens jetzt das Rückgrat haben, seinen Irrtum von neulich einzugestehen?
Von wegen! Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß scho, dass du da an Zusammenhang mit den Sieberts und dem Besitzer von der Schwulensauna vermutest. Aber da bist auf dem Holzweg, glaub’s mir. Ich war gestern bei der Frau Siebert und hab mit ihr gredt.«
»Und? Hats den Mann auf dem Foto wiedererkannt?«
Kopfschütteln.
»Und den Herrn Schlegl aus der Säbener Straß kennts natürlich auch nicht?«
Joe schüttelte erneut den Kopf.
»Und warum hat sie dich vorgestern dann fast über den Haufen gfahrn?«
»Weils a dringende Verabredung mit ihrer Freundin ghabt hat. In der Schwanseestraß, gleich ums Eck vom Friedhof am Perlacher Forst.«
»Und des hast du ihr natürlich geglaubt?«
»Des hab ich sogar nachgeprüft, Sofie. Die Freundin hat die Angaben von der Frau Ministerialdirigent bestätigt.«
»Ja mei, Joe. Dann kann man da wohl nix machen, tät ich sagen.«
Joe nickte mit hängenden Schultern und griff nach seiner Jacke.
»Vielleicht hättst du ja trotzdem Zeit und Lust, mit mir …«
Leider war ihm nicht die Zeit vergönnt, seinen Satz zu voll enden. Es klopfte an der Tür, eine Sekunde später stand ein strahlender Charly Loessl vor Sofie und ihrem zu Stein erstarrten Ex.
»Grüß Gott, liebe Frau Rosenhuth! Hallo, Herr Lederer! Verzeihen Sie, dass ich störe – aber ich war gerade in der Nähe und dachte mir, ob ich es wohl wagen kann, die Frau Doktor zu einem kleinen Mittagessen zu entführen?«
43
Brennsuppn
D er rote Jaguar schnurrte die Lindwurmstraße entlang, bevor ihn Charly Loessl am Sendlinger-Tor-Platz nach rechts in die Blumenstraße lenkte. Die Luft war weich und warm, der Fahrtwind ließ Sofies Locken flattern.
Jessas – sein schönes Tuch, das sie bei der letzten Fahrt getragen hatte, war ja noch immer bei ihr!
Der Gentleman am Steuer neben ihr hatte es bislang mit keiner Silbe erwähnt. Oder kam es ihm am Ende sogar gelegen, dass sie noch ein Stück von ihm besaß, auf das er bei Gelegenheit zurückkommen konnte? Die heimlichen Seitenblicke, die Charly ihr immer wieder zuwarf, sprachen ganz dafür. Verlegen machten sie Sofie, und seltsam kribbelig.
Was ihr in ebendieser Kombination schon eine ganze Weile nicht mehr passiert war.
Kurz blitzte vor ihrem inneren Auge Joes verdutztes Gesicht bei ihrem überstürzten Abschied auf.
»Sie sind ja so still«, sagte Charly Loessl nach einer Weile.
Sofie nickte nachdenklich.
»Mir geht dieser Jan Schmidt immer noch im Kopf rum«, erwiderte sie. »Falls er denn so heißt. Und so manches andere noch dazu.«
»Die Brandleiche also. Wollen Sie darüber reden?«
Wollte sie? Ausgerechnet mit einem Polizeireporter?
»Wo fahren wir eigentlich hin?«, wich sie zögernd aus.
Am Viktualienmarkt, den sie gerade linker Hand passierten, herrschte Hochbetrieb, als hätten alle Münchner sich hier gemein sam zum Kauf von Bärlauch und Frühlingsgemüse verabredet.
»Ich dachte, Sie mögen Überraschungen«, erwiderte Charly schmunzelnd.
»Kommt ganz drauf an«, sagte Sofie. Sie begann, an ihrer grü nen Strickjacke zu zupfen. Gerade fünfmal getragen und schon die ersten Knötchen! Dabei war das Ding alles andere als billig gewesen. In Sachen Klamotten war sie einfach kein Glückskind.
Charly gab Gas.
»Dann werde ich Sie mal nicht länger auf die Folter spannen: Es geht nach Haidhausen, zu einer kleinen Trattoria. Nix Überkandideltes. Die kochen prima, und man sitzt ausgesprochen lauschig – wenn man will, sogar draußen. Wiener Platz. Garantiert verkehrsfrei. Einverstanden?«
Sofie nickte verhalten. Wie und ob sich die kleine Trattoria mit ihren eisernen Vorsätzen vertragen würde, stand noch in den Sternen.
Als sie die Widenmayerstraße entlangfuhren, glitzerte rechts neben ihnen die Isar. Auf den Kiesbänken hatten Sonnenhungrige Matten und Decken ausgebreitet. Ein paar besonders Wagemutige streckten sogar schon die Füße ins eisige
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