Die Kalte Sofie
Falks Büro verlegt? Zumindest war die Tür der Wildkatze verschlossen …
»Und ob, Mr. Bond!«, sagte Sofie. »Die DNA von Gfeiters Speichel ist tatsächlich identisch mit der des Bluts, das wir unter Lauras Fingernägeln gefunden haben.«
»Also ist er derjenige, der die Australierin am Flaucher auf dem Gewissen hat.« Charlys Gesicht war sehr ernst geworden. »Das heißt, ihr habt ihn …
»Noch ned ganz«, sagte Sofie, als ihr Handy zu klingeln begann.
Inzwischen konnte sie diese Panflötenmelodie fast nicht mehr ertragen, die sie in einem Anfall von Nostalgie heruntergeladen hatte – nur weil Joe und sie damals in der Fußgängerzone …
Höchste Zeit, endlich damit aufzuräumen!
Mit einem schrägen Blick zu Charly nahm sie das Gespräch zögernd entgegen. »Rosenhuth? Ach, Sie sind’s! Können Sie nicht später … Ah, verstehe … Also gut. Ja, ich hol ihn noch heute ab, versprochen!«
Sie schaltete ab.
»Was Wichtiges?« Charlys Augen suchten fragend ihren Blick.
»Wie man’s nimmt«, wehrte sie leicht errötend ab. Bevor Charly sie noch weiter löchern konnte, griff sie erneut zum Telefon. »Viel wichtiger ist jetzt, dass der Joe endlich Bescheid weiß und offizielle Schritte gegen den sauberen Herrn Gfeiter einleitet.«
Sie wählte.
»Hi, ich bins, die Sofie. Ich kann nur sagen: Bingo! Gfeiters DNA hat ihn überführt!«
Ein rascher, verlegener Seitenblick zu Charly.
»Ja, der steht grad neben mir und lässt dich grüßen.« Dann verzog sie das Gesicht. »Ja, ich weiß schon, bisher alles nicht vor Gericht verwertbar … Der legale Teil und die richterliche Verfügung sind jetzt eben deine Sach … Und was macht der Arm? Verstehe … Ruf mich an, sobaldst mehr woaßt. Servus, und gute Besserung!«
Sie nickte Charly zu.
»Geht in der Regel ziemlich fix. Es sei denn, die Richter haben sich bei ihren Sprösslingen mit Windpocken angesteckt oder sind gerade auf Urlaub …«
»Habts euch wieder versöhnt?«
Sofie zögerte.
»Des scho.«
Was aber noch lang nicht bedeutete, dass Joe und sie …
Charlys verhaltenes Lächeln wusste sie nicht zu deuten. Haltung bewahrte er ja immer, dieser Polizeireporter, aber umgab ihn nicht doch plötzlich ein Hauch von Melancholie?
Schon wieder Panflötenklänge. Genervt meldete sich Sofie.
»Des gibt’s doch ned«, sagte sie, während sie ungeduldig mit den Fingern auf der Schreibtischplatte trommelte. »Gut, dann müssen wir eben warten, bis der Richter aus der Mittagspause zurück … Ja, natürlich. Hauptsache, der Bursch kommt endlich hinter Schloss und Riegel. Bis dann!«
Sofie strebte zur Tür.
»Und jetzt sei mir ned bös, Charly, aber ich muss wirklich dringend los.«
54
Zu spät?
B eim letzten steilen Stück geriet Sofie dann doch kräftig ins Schwitzen. Beflügelt von ihrem Ziel, entschied sie sich trotzdem, nicht abzusteigen, sondern auch die letzten Meter des Giesinger Berges erhobenen Hauptes auf dem Sattel zu bewältigen, bis sie endlich die Heilig-Kreuz-Kirche am Ende der Steigung umrunden konnte.
Ihr Hüftgold würde es ihr danken.
Zugegeben, es war ihr extrem schwergefallen, Charly vor dem Institut einfach stehen zu lassen. Aber sie hatte es beim besten Willen nicht übers Herz gebracht, ihm zu verraten, warum sie es plötzlich dermaßen eilig hatte.
Ja, auch sie, die hartgesottene, an Äußerlichkeiten sonst schein bar so wenig interessierte Frau Dr. Rosenhuth hatte nun mal ihre kleinen weiblichen Schwächen und Geheimnisse.
Oder hätte sie ihm vielleicht sagen sollen, dass es in dem ersten Telefonat vorhin um nichts Geringeres als einen hinreißen den, zartvioletten Kaschmirpullover gegangen war? In exakt jenem Farbton, von dem Sofie schon seit Jahren geträumt hatte? Der wie angegossen passte, ihre Röllchen aufs Vorteilhafteste kaschierte und ihre grünen Augen noch stärker zum Leuch ten brachte? Den die Verkäuferin allerdings nur noch bis zum frühen Nachmittag für sie zurücklegen würde, wie sie Sofie knapp mitgeteilt hatte.
Beeilung war also angesagt. Für dergleichen brachten Männer freilich eher wenig Verständnis auf, wie Sofie bereits mehrfach hatte erfahren müssen. Leider.
Schnaufend und verschwitzt verließ sie die Silberhornstraße und bog um die Ecke, wo ihr heiß ersehntes Prunkstück schon auf sie wartete.
Ein Blick auf die Uhr: Die Strecke von der Nußbaumstraße über die Wittelsbacherbrücke und von dort aus über die Humboldtstraße den Giesinger Berg hoch hatte sie in gerade mal zwölf Minuten
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