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Die Kalte Zeit

Die Kalte Zeit

Titel: Die Kalte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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sich um und nickte freundlich.
    »Setzen Sie sich doch. Möchten Sie einen Kaffee?«
    Hoffentlich lehnen sie ab, dachte Wolf. Keine Sekunde wollte er Konrad mit den beiden allein lassen, wer weiß, welche Geschmacklosigkeiten ihm einfielen. Aber etwas zu Trinken musste man dem Bürgermeister anbieten, alles andere wäre unhöflich gewesen. Konrad schien das alles egal zu sein. Wenn doch Anna da gewesen wäre, dann hätte Wolf ihr die Bewirtung überlassen können.
    Rohloff nickte: »Sehr gern, und einen Schuss Milch, wenn Sie haben.«
    »Für mich mit Milch und Zucker bitte.« Hünges lächelte.
    Verdammt. Wolf lief in die Küche und suchte ein Tablett, zwei Tassen des guten Geschirrs, Milchkännchen und Zuckerdose zusammen. Er hätte sich besser vorbereiten sollen. Nun vertat er wertvolle Zeit. Die Kaffeemaschine brummte, während der Kaffee in die Tassen floss. Keine Chance auch nur ein Wort zu verstehen, was im Nebenzimmer gesprochen wurde.
    Wolf schob die Tür mit dem Fuß auf, das Tablett zum Wohnzimmertisch balancierend. Einen halben Satz von Hünges bekam er noch mit: ». . . finanzstarker Investor ist eine große Chance für die Kommune.«
    Der Bürgermeister blickte Konrad erwartungsvoll an, doch der verzog keine Miene. Hünges und Rohloff wechselten einen Blick.
    Wolf meinte im Gesicht des Bürgermeisters Irritation zu lesen, während in Rohloffs Augen Entrüstung stand. ‚Verstehen Sie nun, was ich meinte?!’ schien er sagen zu wollen.
    Sie nahmen sich jeder eine Tasse, löffelten, rührten.
    »Danke Wolf«, sagte Konrad in einem schneidenden Ton, der Wolf davon abhielt, sich in den freien Sessel zu setzen.
    »Ich denke, du musst los.«
    »Nein, Gesa ist auf dem Lagerplatz.«
    »Um Elf kommt Heinz Gerber vom Baumarkt«, unterbrach ihn Konrad. »Er hatte gestern angerufen und noch zusätzlich fünfzig Blaufichten mit Ballen bestellt. Das hatte ich vergessen euch zu sagen. Schnapp dir zwei der Polen, das können sie in der halben Stunde schaffen, dann kann Gerber die Lieferung komplett mitnehmen.«
    Wolf stand wie angewurzelt neben dem Tischchen. »Ich rufe Gesa an, das kann sie regeln. Ich möchte lieber hier bleiben. Schließlich geht es um wichtige Entscheidungen.«
    Hünges lächelte wieder höflich. »Ja, es ist schön, dass wir heute in Ruhe darüber sprechen können. Ich möchte mich überzeugen, dass die Grundstückseigner vollkommen zufrieden gestellt werden. Deshalb bin ich bei allen Verhandlungen selbst anwesend. Das Projekt genießt höchste Priorität bei mir.«
    »Bei mir nicht«, sagte Konrad. »Wir müssen hier nicht zu zweit hocken, und die Arbeit bleibt liegen. Bis später, Wolf, wir sehen uns beim Mittagessen.«
    Wolf spannte sämtliche Muskeln an. Es kostete ihn fast übermenschliche Kräfte, seine Gesichtszüge zu kontrollieren.
    Hünges räusperte sich, sah von Konrad zu Wolf, dann auf seine Armbanduhr.
    Konrad nickte knapp. »Wir haben alle nicht ewig Zeit.«
    Steif wandte sich Wolf den Gästen zu.
    Hünges gab ihm die Hand. »Schade, dass Sie nicht bleiben können.«
    »Nochmals danke für den Kaffee.« Der Sachbearbeiter deutete eine leichte Verbeugung an.
    Wolf verließ den Raum, zerrte die Krawatte vom Hals und schleuderte sie auf den Boden. Er ging ins Schlafzimmer, stoppte vor dem Wandspiegel. Vom Abbild des souveränen Geschäftsmannes war nichts übrig, sein Gesicht glühte vor Wut und Scham, lila Äderchen traten auf der großporigen Haut seiner Nase hervor, sein Kragen stand offen, er hatte mit der Krawatte den obersten Knopf abgerissen. Danke für den Kaffee! Was für eine Demütigung! Wie ein Kellner war er aus dem Raum geschickt worden. Er griff nach dem Spiegel, wollte ihn von der Wand reißen, auf dem Boden zerschlagen. Nein. Ganz ruhig jetzt, ganz ruhig. Wolf setzte sich auf das Bett und beobachtete seine ausgestreckten Hände. Das Zittern hatte wieder begonnen. Der Hofladen. Ein Besuch bis zum Mittagessen, so lautete die Regel, die er sich selbst auferlegt hatte. Nein, heute musste er eine Ausnahme machen, sonst würde er diese Demütigung nicht überleben. Er ging hinunter und genehmigte sich einen tiefen Schluck aus der Flasche, versuchte, an etwas Schönes zu denken, an Anita oder die schlanke Jurastudentin von der Tankstelle, doch er schaffte es nicht, sich abzulenken. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Was geschah dort in seinem Wohnzimmer? Vermasselte Konrad in seiner Blödheit und seinem Starrsinn die Verhandlungen? Wenn Wolf dabei wäre, würde er Wege

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