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Die Kalte Zeit

Die Kalte Zeit

Titel: Die Kalte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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dem Motto: Jetzt ist mir danach und hopp in die Falle, so läuft es nicht mehr. Diese Vakuumpumpe ist Übungssache. Mal klappt es, mal nicht. Ich spritze dazu noch ein Medikament in den Schwellkörper und das . . .«
    »Okay«, Zagrosek holte Luft, »vielleicht musst du doch nicht so sehr ins Detail gehen.«
    Ihre Blicke trafen sich. »Feigling«, sagte Kleinschmidt und grinste nun doch wieder.
    Schweigend gingen sie weiter, stemmten sich gegen den eisigen Wind. Er kam von Westen, genau wie in Verhoevens Todesnacht. Zagrosek klappte den Kragen seiner Lederjacke hoch. Kleinschmidt zog seinen Wollschal vors Gesicht. Er glitt aus und griff nach Zagroseks Arm. Unter der Schneeschicht versteckten sich Eisplatten, gestreut wurde hier nicht.
    Ein paar Meter weiter verlief die Landstraße, die von Kleinenbroich nach Herkenbroich führte. Erstaunlich viele Autos fuhren auf der salznassen Fahrbahn vorbei, ab und zu bog eines ab zu Konrad Verhoevens Hof. Die letzten Kunden, die noch einen Weihnachtsbaum kaufen wollten.
    »Was denkst du über den Fall?«, fragte Kleinschmidt.
    »Ich denke, was Hünges da erzählt, wirft ein ganz neues Licht auf die Sache. Jemand hat gedacht, Konrad Verhoeven macht ihm ein Geschäft kaputt.«
    Kleinschmidt nickte.
    Sie hatten den Rest der alten Nordmanntannen umrundet. Der Blick öffnete sich über ein paar Kilometer bis nach Korschenbroich. Langsam wurde es dämmerig.
    »Verhoevens Grundstücke sind für das Bauvorhaben so wichtig, weil sie direkt an die Landstraße grenzen«, sagte Zagrosek. »Du fährst die Umgehung von Büttgen und bist sofort an der Autobahn.«
    »Autobahnkreuz vor der Haustür und trotzdem ruhige Lage.« Kleinschmidt schnäuzte sich die Nase. »Eigentlich schade. Bald ist hier alles flächendeckend zugebaut, und Düsseldorf, Neuss, Mönchengladbach und Krefeld wachsen zu einer Riesenstadt zusammen.«
    »Kann passieren«, meinte Zagrosek. Was interessierte ihn das? Sein Handy meldete eine SMS. ,Das Leben ist zu lang, um auf dich zu warten. Ruf mich nachher an.’ Zagrosek lächelte in sich hinein. Kleinschmidt musterte ihn, sagte aber nichts.
    Ein paar hundert Meter entfernt, wurde eine große landwirtschaftliche Maschine, ein über zwei Meter hohes, rotes Ungetüm, aus einer Halle gefahren.
    »Da drüben, das ist Herbert Graupners Anwesen«, Zagrosek zeigte in die Richtung.
    »Der Nachbar, der dem Verkauf seiner Flächen sofort zugestimmt hat?«
    »Der Nachbar, der laut Hünges ausgesorgt hat.«
    Zagrosek beobachtete die Landmaschine, die vor Graupners Halle wendete. Sie sah aus wie die Kreuzung eines Traktors mit einer Riesenspinne, die in ihren Armen aus rot lackierten Rohren und Querverstrebungen graue Schläuche, Kanister und Kabel transportierte. Die Maschine bog auf einen Feldweg ein und näherte sich ihnen mit gleichmäßig tuckerndem Dieselmotor.
     
    Gesa hängte das letzte T-Shirt über die Wäscheleine. Sie warf einen Blick aus dem Speicherfenster über die Hofmauer. Der Himmel hing wie ein graues, nasses Betttuch über den Feldern, bald würde es wieder schneien. In der Ferne gingen zwei Männer, dunkel gekleidet, vermummt in Schals. Zwei Fremde. Gesas Herz schlug schneller. Vielleicht nur Spaziergänger, Leute aus Büttgen. Gesa blickte auf ihre Tannenbaumkulturen, die Nachbarhöfe. Dort hinten ragte die Turmspitze von St. Dionysius empor. Ihre vertraute Welt. Heimat. Doch seit Vaters Tod war alles anders. Überall lauerten Feinde. Wenn das nun der Georgier mit einem der Schläger war? Die zwei Männer liefen in Richtung von Graupners Halle. Gesa fiel der leere Wäschekorb aus den Händen. Waren sie auf dem Weg zu Graupner, um ihre Zapfen aus der Halle zu holen?
    Da sah sie den roten Highlander. Er bewegte sich in die Richtung der beiden Fremden. Gesa blickte wie gebannt auf die Maschine. Die Männer blieben stehen, der Highlander stoppte und ein Mann sprang vom Führerstand, Gesa konnte ihn nicht erkennen.
    Im Hof begann Hasko wie verrückt zu bellen. Gesa sah nach unten. Die Lichterketten brannten, aus den Boxen sang Frank Sinatra »White Christmas«. Die Tür zum Hofladen stand auf. Anna tauchte auf, warf zwei Arme voll Schmuckreisig auf eine Palette. Hasko benahm sich hysterisch. Und wo war Felix? Er war nirgends zu sehen. Sofort überfiel Gesa die Angst. Vor ein paar Minuten, aus der Küche, hatte sie ihn noch gehört, er hatte Ball gespielt. Wolf hatte ihm einen Korb zum Werfen aufgehängt. An das fast regelmäßige dumpfe Aufschlagen seines Balls auf der

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