Die Kammer
Fische anbeißen.«
»Mühsamer Job.«
»Irgend jemand muß ihn tun.«
»Wie sind Sie nach Calico Rock gekommen?«
»Ich hatte fünfundsiebzig einen Herzinfarkt und mußte deshalb aus dem FBI ausscheiden. Hatte eine gute Rente, aber es ist entschieden zu langweilig, einfach so rumzusitzen. Meine Frau und ich sind auf diesen Ort gestoßen, und der Bootsverleih und der Laden standen zum Verkauf. Ein Fehler führte zum anderen, und hier bin ich nun. Geben Sie mir noch ein Bier.«
Nachdem Adam ihm das Bier gegeben hatte, warf er erneut die Angel aus. Adam zählte rasch - in dem Eis steckten noch vierzehn Flaschen. Das Boot trieb mit der Strömung, und Lettner griff nach einem Paddel. Er angelte mit einer Hand, dirigierte mit der anderen Hand das Boot und schaffte es irgendwie, zwischen den Knien sein Bier zu balancieren. Das Leben eines Angler-Beraters.
Sie trieben unter ein paar Bäume und waren gnädigerweise eine Weile vor der Sonne geschützt. Bei ihm sah das Auswerfen ganz einfach aus. Er ließ die Rute mit einer gekonnten Handbewegung vorschnellen und plazierte den Köder genau dahin, wo er ihn gerade haben wollte. Aber die Fische bissen nicht an. Er warf die Rute in der Flußmitte aus.
»Sam ist kein schlechter Kerl.« Das hatte er schon einmal gesagt.
»Finden Sie, daß er hingerichtet werden sollte?«
»Darüber habe ich nicht zu entscheiden. Die Leute in diesem Staat wollen die Todesstrafe, also ist es auch so festgeschrieben. Die Leute haben gesagt, Sam wäre schuldig, und dann haben sie gesagt, er müßte hingerichtet werden, also wer bin ich?«
»Aber Sie haben doch eine Meinung.«
»Was nützt die schon? Meine Gedanken sind völlig wertlos.«
»Weshalb sagen Sie, daß Sam kein schlechter Kerl ist?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Wir haben noch vierzehn Bier.«
Lettner sah ihn an, und das breite Lächeln kehrte zurück. Er trank einen großen Schluck und schaute flußabwärts, fort von seiner Schnur. »Für Sam haben wir uns nicht sonderlich interessiert, müssen Sie wissen. Er war nicht aktiv bei den wirklich üblen Geschichten, jedenfalls zu Anfang nicht. Als diese Bürgerrechtler verschwanden, stürzten wir uns in die Arbeit. Wir gaben das Geld mit vollen Händen aus, und wenig später hatten wir alle möglichen Klan-Informanten. Das waren im Grunde nur engstirnige Farmer, die nie einen Dollar besessen hatten, und wir spekulierten auf ihre Geldgier. Wir hätten unsere drei Männer nie gefunden, wenn wir nicht ein bißchen Geld hätten springen lassen. Ungefähr dreißigtausend, wenn ich mich recht entsinne, aber ich hatte nicht direkt mit den Informanten zu tun. Sie waren in einer Uferböschung verscharrt worden. Wir fanden sie, und damit standen wir erst mal ziemlich gut da. Endlich hatten wir etwas erreicht. Wir haben etliche Leute verhaftet, aber die Verurteilungen waren schwierig. Die Gewalttaten gingen weiter. Sie sprengten schwarze Kirchen und schwarze Wohnhäuser in die Luft, so viele, daß wir nicht mehr mitkamen. Es war ein regelrechter Krieg. Es wurde schlimmer, und Mr. Hoover wurde wütender, und wir brachten folglich noch mehr Geld unter die Leute.
Aber ich habe nicht vor, Ihnen irgend etwas zu erzählen, was für Sie von Nutzen sein könnte, ist Ihnen das klar?«
»Weshalb nicht?«
»Über manche Dinge darf ich reden, über andere nicht.«
»Sam war nicht allein, als er die Bombe in Kramers Büro legte, stimmt's?«
Lettner lächelte wieder und betrachtete seine Angelschnur. Die Rute lag in seinem Schoß. »Jedenfalls hatten wir Ende, fünfundsechzig und Anfang Sechsundsechzig ein gewaltiges Netz von Informanten. Im Grunde war es gar nicht so schwierig. Wir erfuhren, daß irgend jemand zum Klan gehörte, und daraufhin hängten wir uns an ihn. Wir folgten ihm abends nach Hause, schalteten hinter ihm unsere Blinklichter ein, parkten vor seinem Haus. Damit jagten wir ihm in der Regel eine Heidenangst ein. Dann folgten wir ihm zur Arbeit, manchmal redeten wir mit seinem Chef, zückten unsere Ausweise, taten so, als würden wir gleich den nächstbesten erschießen. Wir redeten mit seinen Eltern, zeigten auch denen unsere Ausweise, sorgten dafür, daß sie uns sahen in unseren dunklen Anzügen, daß sie unseren Yankee-Akzent hörten, und diese armen Leute vom Lande brachen buchstäblich vor uns zusammen. Wenn der Mann in die Kirche ging, folgten wir ihm, und am nächsten Tag sprachen wir mit seinem Geistlichen. Wir teilten ihm mit, daß wir ein entsetzliches Gerücht
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