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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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»Er schießt nur noch wild um sich. Keiner kann ihn ausstehen.«
    »Mich eingeschlossen«, sagte Adam. Wycoff sah auf die Uhr.
    Es war Viertel vor neun, und er mußte um neun beim Gericht sein. »Also, Adam, ich muß los«, sagte er, sein Jackett zuknöpfend. »Wann fahren Sie nach Memphis zurück?«
    »Noch heute, denke ich.«
    »Können wir uns zum Lunch treffen? Ich möchte mit Ihnen reden.«
    »Natürlich.«
    Er öffnete die Tür und sagte: »Gut. Meine Sekretärin ruft Sie an. Muß jetzt los. Bis später.« Und er war verschwunden. Auch Goodman schaute plötzlich auf die Uhr. Seine Uhr ging wesentlich langsamer als die der anderen Anwälte in der Firma, aber auch er hatte Termine, die er einhalten mußte. »Ich habe eine Verabredung in meinem Büro. Ich komme zum Lunch dazu.«
    »Eine lausige Stimme«, wiederholte Adam und starrte die Wand an.
    »Kopf hoch, Adam. So knapp war es in Wirklichkeit gar nicht.«
    »Es fühlt sich aber verdammt knapp an.«
    »Hören Sie, wir müssen uns in ein paar Stunden zusammensetzen, bevor Sie wieder verschwinden. Ich will alles über Sam hören, okay? Fangen wir beim Lunch damit an.« Er öffnete die Tür und war verschwunden.
    Adam setzte sich auf den Tisch und schüttelte den Kopf.
25
    W enn Baker Cooley und die anderen Anwälte in der Kanzlei in Memphis überhaupt über Adams plötzliche Entlassung und ihre schnelle Annullierung Bescheid wußten, so ließen sie es sich nicht anmerken. Sie behandelten ihn wie immer, was hieß, daß sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerten und sich von seinem Büro fernhielten. Sie waren nicht unhöflich, denn er kam schließlich aus Chicago. Sie lächelten, wenn sie dazu gezwungen waren, und sie schafften es, auf den Fluren ein paar belanglose Worte von sich zu geben, wenn Adam in der rechten Stimmung dazu war. Aber sie waren Firmenanwälte mit gestärkten Hemden und gepflegten Händen, die es nicht gewohnt waren, mit dem Schmutz und Dreck der Strafverteidigung in Berührung zu kommen. Sie gingen nicht in Untersuchungsgefängnisse oder Haftanstalten, um mit Mandanten zu reden, und sie schlugen sich auch nicht mit Polizisten und Anklägern und unberechenbaren Richtern herum. Sie arbeiteten fast ausschließlich an ihren Schreibtischen und an Konferenztischen aus Maha goni. Ihre Zeit verbrachten sie im Gespräch mit Mandanten, die es sich leisten konnten, ihnen für ihre Ratschläge etliche hundert Dollar pro Stunde zu zahlen, und wenn sie nicht mit Mandanten sprachen, dann hingen sie am Telefon oder saßen beim Lunch mit anderen Anwälten, Bankiers und Versicherungsmanagern.
    Schon jetzt hatte genug in den Zeitungen gestanden, um in der Kanzlei Ressentiments auszulösen. Den meisten Anwälten war es überaus peinlich, wenn sie lesen mußten, daß der Name ihrer Firma mit einem Menschen wie Sam Cayhall in Verbindung gebracht wurde. Die meisten von ihnen hatten keine Ahnung, daß er sieben Jahre lang von Chicago vertreten worden war. Jetzt stellten Freunde Fragen. Andere Anwälte machten spöttische Bemerkungen. Ehefrauen wurden beim Tee im Garden Club geschnitten. Angeheiratete Verwandte interessierten sich plötzlich für ihre juristische Laufbahn.
    Sam Cayhall und sein Enkel waren für die Anwälte in Memphis sehr schnell zu einer überaus unerfreulichen Angelegenheit geworden. Aber sie konnten nichts dagegen tun.
    Adam spürte das, aber es kümmerte ihn nicht. Es war ein provisorisches Büro, gerade richtig für weitere drei Wochen und hoffentlich nicht einen Tag länger. Er trat am Freitagmorgen aus dem Fahrstuhl, ignorierte die Empfangsdame, die plötzlich vollauf mit dem Aufstapeln von Zeitschriften beschäftigt war, und sprach mit seiner Sekretärin, einer jungen Frau namens Darlene, und sie gab ihm eine Telefonnachricht von Todd Marks von der Memphis Press.
    Er nahm den rosa Zettel mit in sein Büro und warf ihn in den Papierkorb. Dann hängte er seinen Mantel auf einen Kleiderbügel und ging daran, seinen Schreibtisch mit Papieren zu füllen. Da waren seitenweise Notizen, die er sich während der Flüge nach Chicago und zurück nach Memphis gemacht harte, ähnliche Schriftsätze, die er sich aus Goodmans Akten entliehen hatte, und dutzendweise Kopien von neueren Entscheidungen der Bundesgerichte.
    Bald war er in eine Welt aus juristischen Theorien und Strategien versunken. Chicago war nur noch eine Erinnerung, die schon jetzt immer blasser wurde.
    Rollie Wedge betrat das Gebäude an der Brinkley Plaza durch den Haupteingang

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