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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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dann gab es die beiden größten Abteilungen, eine für Wirtschaftsprozesse und eine, die auf die Verteidigung von Versicherungen spezialisiert war. Mit Ausnahme der Vertretung persönlich Geschädigter, die im Rahmen der Gesamteinnahmen fast belanglos war, verdiente die Firma ihr Geld mit in Rechnung gestellten Stunden. Zweihundert Dollar die Stunde für Versicherungsarbeit; mehr, wenn die Verhältnisse es erlaubten. Dreihundert Dollar für die Verteidigung von Angeklagten. Vierhundert Dollar für eine große Bank. Sogar fünfhundert Dollar die Stunde für ein reiches Unternehmen mit faulen Firmenanwälten, die keinen Finger krumm machten in ihren Spitzenpositionen.
    Kravitz & Bane scheffelte Geld und schuf eine Dynastie in Chicago. Die Büros waren elegant, aber nicht protzig. Sie befanden sich in den obersten Stockwerken des, passenderweise, dritthöchsten Gebäudes von Chicago.
    Wie die meisten großen Firmen verdiente Kravitz & Bane so gut, daß man sich verpflichtet fühlte, eine kleine probcwoAbteilung einzurichten und damit den moralischen Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber nachzukommen. Man war ziemlich stolz auf die Tatsache, daß sich einer der Partner ausschließlich mit probono-Fällen beschäftigte, ein exzentrischer Weltverbesserer namens E. Garner Goodman, der im einundsechzigsten Stock ein geräumiges Büro mit zwei Sekretärinnen hatte und sich mit einem Prozeßpartner einen Anwaltsgehilfen teilte. Die goldgeprägte Firmenbroschüre machte viel Aufhebens von der Tatsache, daß sie ihre Anwälte ermutigte, sich in prob ono-Projekten zu engagieren. In der Broschüre hieß es, daß Anwälte von Kravitz & Bane im Vorjahr, 1989, fast sechzigtausend Stunden ihrer kostbaren Zeit für Mandanten aufgewendet hatten, die nicht bezahlen konnten. Kinder aus Sozialsiedlungen, Insassen von Todeszellen, illegal eingewanderte Ausländer, Drogenabhängige; und natürlich kümmerte sich die Firma eingehend um die Nöte der Obdachlosen. Die Broschüre enthielt sogar das Foto von zwei jungen Anwälten, ohne Jackett, mit aufgekrempelten Ärmeln, gelockerter Krawatte, Schweiß in den Achselhöhlen und tiefem Mitleid in den Augen, die inmitten einer Gruppe von Kindern einer Minderheit irgendeine körperliche Arbeit verrichteten, allem Anschein nach auf einer städtischen Mülldeponie. Anwälte, die die Gesellschaft retteten.
    Adam Hall hatte eine der Broschüren in seiner dünnen Akte bei sich, als er langsam den Flur des einundsechzigsten Stocks entlangging, in der Richtung, in der das Büro von E. Garner Goodman lag. Er sprach ein paar Worte mit einem anderen jungen Anwalt, den er noch nie gesehen hatte. Bei der Weihnachtsfeier der Firma wurden an der Tür Namensschilder ausgegeben. Nicht einmal alle Partner kannten einander. Manche der angestellten Anwälte sahen sich nur ein- oder zweimal im Jahr. Er öffnete eine Tür und betrat einen kleinen Raum, in dem eine Sekretärin ihr Tippen unterbrach und beinahe lächelte. Er fragte nach Mr. Goodman, und sie deutete mit einem Kopfnicken auf eine Reihe von Stühlen, wo er warten sollte. Er war fünf Minuten zu früh gekommen für eine Verabredung um zehn Uhr. Als ob das eine Rolle spielte. Dies war von jetzt an profawo-Arbeit. Vergiß die Uhr. Vergiß anrechenbare Stunden. Vergiß Erfolgsgratifikationen. Im Gegensatz zum Rest der Firma duldete Goodman an seinen Wänden keine Uhren.
    Adam blätterte seine Akte durch. Die Broschüre entlockte ihm ein leises Kichern. Er las abermals seinen kleinen Lebenslauf College in Pepperdine, Jurastudium in Michigan, Herausgeber der juristischen Zeitschrift, Referat über grausame und ungewöhnliche Bestrafung, Anmerkungen zu Verurteilungen zum Tode in neuerer Zeit. Ein ziemlich kurzer Lebenslauf, aber schließlich war er erst sechsundzwanzig. Er arbeitete erst seit neun Monaten bei Kravitz & Bane.
    Er las zwei ausführliche Entscheidungen des Obersten Bundesgerichts über Hinrichtungen in Kalifornien und machte sich Notizen. Er sah auf die Uhr und las weiter. Nach einer Weile bot ihm die Sekretärin Kaffee an, den er höflich ablehnte.
    Das Büro von E. Garner Goodman war ein verblüffendes Musterbeispiel für Desorganisation. Es war groß, aber vollgestopft mit durchsackenden Bücherregalen an sämtlichen Wänden und Stapeln von staubigen Akten auf dem Boden. Kleine Berge von Papier aller Art und jeden Formats bedeckten den Schreibtisch in der Mitte des Raumes. Der Teppich unter dem Schreibtisch war übersät mit Abfall, Müll

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