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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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wollen, sagen Sie es Packer, und der sagt dann in der Küche Bescheid.«
    »Es wird keine letzte Mahlzeit geben, Nugent. Mein Anwalt wird morgen die schwere Artillerie auffahren. Und ihr Clowns hier werdet nicht wissen, wie euch geschieht.«
    »Ich hoffe, Sie haben recht.«
    »Sie lügen, daß sich die Balken biegen. Sie können es nicht abwarten, mich dort hineinzuführen und mich anzuschnallen. Sie sind völlig hingerissen von der Vorstellung, wie Sie mich fragen, ob ich noch etwas zu sagen habe, dann nicken Sie einem Ihrer Handlanger zu, er soll die Tür schließen. Und wenn alles vorbei ist, dann treten Sie mit betrübter Miene vor die Presse und verkünden:›Heute morgen, am 8. August, um null Uhr fünfzehn, wurde Sam Cayhall in der Gaskammer von Parchman hingerichtet, gemäß einem Urteil des Bezirksgerichts von Lakehead County, Mississippis Das wird Ihre Sternstunde, Nugent. Lügen Sie mich nicht an.«
    Der Colonel schaute nicht von seinem Blatt Papier auf. »Wir brauchen die Liste Ihrer Zeugen.«
    »Fragen Sie meinen Anwalt.«
    »Und wir müssen wissen, was wir mit Ihren Sachen tun sollen.«
    »Fragen Sie meinen Anwalt.«
    »Okay. Wir haben zahlreiche Anfragen von der Presse wegen Interviews.«
    »Fragen Sie meinen Anwalt.«
    Nugent sprang auf und stürmte aus dem Büro. Packer fing die Tür auf, wartete ein paar Sekunden und sagte dann ruhig:
    »Bleiben Sie sitzen, Sam, da ist noch jemand, der Sie sehen möchte.«
    Sam lächelte und blinzelte Packer zu. »Dann bringen Sie mir noch mehr Kaffee, ja, Packer?«
    Packer nahm den Becher und kehrte ein paar Minuten später damit zurück. Außerdem brachte er die Sonntagszeitung aus Jackson mit. Sam las gerade alle möglichen Geschichten über seine Hinrichtung, als Ralph Griffin anklopfte und eintrat. Sam legte die Zeitung auf den Schreibtisch und musterte den Geistlichen. Griffin trug weiße Turnschuhe, verblichene Jeans und ein schwarzes Hemd mit weißem Priesterkragen. » Morgen, Reverend«, sagte Sam , nachdem er einen weiteren Schluck Kaffee getrunken hatte.
    »Wie geht es Ihnen, Sam?« fragte Griffin. Er zog einen Stuhl ganz nahe an den Schreibtisch heran und ließ sich darauf nieder. »Im Augenblick ist mein Herz von Haß erfüllt«, sagte Sam ernst.
    »Das tut mir leid. Gegen wen richtet sich dieser Haß?«
    »Gegen Colonel Nugent. Aber ich komme darüber hinweg.«
    »Haben Sie gebetet, Sam?«
    »Nicht richtig.«
    »Weshalb nicht?«
    »Wozu die Eile? Mir bleiben noch heute, morgen und Dienstag. Ich kann mir vorstellen, daß wir beide, Sie und ich, am Dienstagabend ziemlich viel beten werden.«
    »Wenn Sie wollen. Das liegt bei Ihnen. Ich werde hier sein.«
    »Reverend, ich möchte, daß Sie bis zum letzten Moment bei mir bleiben, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Sie und mein Anwalt. Sie beide sollten mir in den letzten Stunden Gesellschaft leisten.«
    »Es wird mir eine Ehre sein.«
    »Danke.«
    »Um was genau wollen Sie beten, Sam?«
    Sam trank einen großen Schluck Kaffee. »Nun, vor allem möchte ich wissen, daß mir, wenn ich diese Welt verlasse, all die schlimmen Dinge vergeben sind, die ich getan habe.«
    »Ihre Sünden?«
    »Genau.«
    »Gott erwartet von uns, daß wir ihm unsere Sünden gestehen und um Vergebung bitten.«
    »Alle? Eine nach der anderen?«
    »Ja, alle, an die wir uns erinnern können.«
    »Dann sollten wir gleich anfangen. Es wird eine Weile dauern.«
    »Wie Sie wollen. Um was wollen Sie sonst noch beten?«
    »Für meine Familie, soweit man davon überhaupt sprechen kann. Es wird hart werden für meinen Enkel und meinen Bruder und vielleicht auch für meine Tochter. Es werden meinetwegen nicht viele Tränen vergossen werden, verstehen Sie, aber ich möchte trotzdem, daß sie getröstet werden. Und ich möchte ein Gebet sprechen für meine Freunde hier im Trakt. Sie trifft es besonders hart.«
    »Sonst noch jemand?«
    »Ja. Ich möchte ein gutes Gebet sprechen für die Kramers, vor allem Ruth.«
    »Die Angehörigen der Opfer?«
    »Richtig. Und auch für die Lincolns.«
    »Wer sind die Lincolns?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Auch Opfer.«
    »Das ist gut, Sam. Sie müssen sich das von der Seele reden, sie reinigen.«
    Sam stellte den Becher auf den Tisch und rieb sanft die Hände gegeneinander. Er schaute in die warmen und vertrauenswürdigen Augen des Priesters. »Was ist, wenn es noch mehr Opfer gibt?« fragte er.
    »Tote?«
    Sam nickte, sehr langsam.
    »Leute, die Sie getötet haben?«
    Sam nickte wieder.
    Griffin holte tief Luft

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