Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
mit dem Lynchmordfoto gezeigt?«
    »Sie hat es mir nicht gezeigt. Sie hat mir gesagt, wo es liegt, und ich habe es gefunden.«
    »Du hast das Foto gesehen?«
    »Ja.«
    »Eine tolle Party, nicht wahr?«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Hast du das andere Lynchmordfoto auf der Seite davor gesehen?«
    »Ja. Zwei Kluxer.«
    »Mit Kutten und Kapuzen und Masken.«
    »Ja, das habe ich gesehen.«
    »Das waren Albert und ich. Hinter einer der Masken habe ich gesteckt.«
    Adam war über den Punkt des Schockiertseins hinaus. Das grauenhafte Foto erschien vor seinem inneren Auge, und er versuchte, es zu verdrängen. »Weshalb erzählst du mir das, Sam?«
    »Weil es gut tut. Ich habe es bisher nie zugegeben, und es bedeutet eine gewisse Erleichterung, wenn man sich der Wahrheit stellt. Ich fühle mich schon jetzt wohler.«
    »Ich will nichts mehr davon hören.«
    »Eddie hat es nie gewußt. Er fand dieses Buch auf dem Dachboden und hat sich irgendwie zusammengereimt, daß ich auf dem Party-Foto war. Aber er hat nicht gewußt, daß ich auch einer der beiden Kluxer war.«
    »Laß uns nicht über Eddie reden, okay?«
    »Gute Idee. Was ist mit Lee?«
    »Ich habe eine Mordswut auf Lee. Sie hat sich einfach aus dem Staub gemacht.«
    »Es wäre schön gewesen, sie wiederzusehen. Das tut weh. Aber ich bin sehr froh, daß Carmen gekommen ist.«
    Endlich ein erfreuliches Thema. »Sie ist ein prächtiges Mädchen«, sagte Adam.
    »Das ist sie. Ich bin sehr stolz auf dich, Adam, und auf Carmen. Ihr habt all die guten Gene von eurer Mutter mitbekommen. Ich bin glücklich, daß ich zwei so wunderbare Enkelkinder habe.«
    Adam hörte zu und versuchte nicht, etwas zu erwidern. Nebenan schepperte etwas, und sie fuhren beide zusammen.
    »Nugent muß da drin mit seinen Utensilien spielen«, sagte Sam, und seine Schultern bebten wieder. »Weißt du, was wirklich weh tut?«
    »Was?«
    »Ich habe viel darüber nachgedacht, mich die letzten paar Tage regelrecht damit herumgeschla gen. Ich sehe dich an, und ich sehe Carmen an, und ich sehe zwei intelligente junge Leute mit offenem Denken und offenem Herzen. Ihr haßt niemanden. Ihr seid tolerant und liberal, gebildet, ehrgeizig, geht durch die Welt ohne das schwere Gepäck, mit dem ich geboren wurde. Und ich sehe dich an, meinen Enkel, mein Fleisch und Blut, und ich frage mich: Weshalb bin ich nicht anders geworden? So wie du und Carmen? Es ist schwer zu glauben, daß wir tatsächlich miteinander verwandt sind.«
    »Solche Fragen darfst du dir nicht stellen, Sam.«
    »Ich kann nichts dagegen tun.«
    »Bitte, Sam.«
    »Okay, okay. Etwas Erfreuliches.« Er verstummte und beugte sich nach vorn. Sein Kopf hing so tief herunter, daß er nun fast zwischen seinen Knien schwebte.
    Adam wünschte sich eine ausführliche Unterhaltung über den mysteriösen Komplizen. Er wollte alles wissen die wahren Einzelheiten des Bombenanschlags, das Verschwinden, wie und warum Sam festgenommen worden war. Außerdem wollte er wissen, was mit diesem Mann passieren würde, zumal wenn er dort draußen war und alles beobachtete und wartete. Aber er würde auf diese Fragen keine Antwort bekommen, also stellte er sie nicht. Sam würde seine Geheimnisse mit ins Grab nehmen.
    Das Eintreffen des Gouverneurshubschraubers brachte Unruhe in die Menge vor dem Haupteingang von Parchman. Er landete auf der anderen Seite des Highways, wo ein weiterer Gefängnistransporter wartete. Mit einem Leibwächter an jedem Ellenbogen und Mona Stark in seinem Gefolge hastete McAllister auf den Transporter zu. »Es ist der Gouverneur!« schrie jemand. Die Hymnen und Gebete wurden kurz unterbrochen. Kameras wurden eilig herbeigetragen, um den Transporter zu filmen, der durch das Haupttor raste und verschwand.
    Minuten später hielt er neben der Ambulanz hinter dem Hochsicherheitstrakt. Die Leibwächter und Mona Stark blieben im Wagen. Nugent empfing den Gouverneur und geleitete ihn in den Zeugenraum, wo er sich auf einen Stuhl in der vorderen Reihe setzte. Der Raum war ein Backofen.
    Schwarze Moskitos sirrten an den Wänden ent lang. Nugent fragte, ob er dem Gouverneur irgend etwas bringen könnte.
    »Popcorn«, scherzte McAllister, aber niemand lachte. Nugent runzelte die Stirn und verließ den Raum.
    »Weshalb sind Sie hier?« fragte sofort einer der Reporter.
    »Kein Kommentar«, erwiderte McAllister lächelnd.
    Die zehn Personen saßen schweigend da, starrten auf die schwarzen Vorhänge und schauten immer wieder auf die Uhr. Das nervöse Geplauder war

Weitere Kostenlose Bücher