Die Kammer
Zeit zu Zeit die Asche in einem ordentlichen Häufchen in eine Plastikschale. Seine Augen zwinkerten gelegentlich. Sein Gesicht verriet keinerlei Gefühle und Empfindungen.
Adam machte sich bedeutungslose Notizen, dann versuchte er abermals, Sam durch die Öffnung hindurch in die Augen zu schauen. »Hören Sie, Mr. Cayhall, ich bin Anwalt und aus moralischen Gründen ein entschiedener Gegner der Todesstrafe. Ich habe eine gute Ausbildung gehabt, bin gut geschult, kenne die den Achten Verfassungszusatz betreffenden Fälle, und ich kann Ihnen von Nutzen sein. Deshalb bin ich hier. Kostenlos.«
»Kostenlos«, wiederholte Sam. »Wie großzügig. Wissen Sie, junger Mann, daß ich jetzt jede Woche mindestens drei Angebote von Anwälten bekomme, die mich kostenlos vertreten wollen? Großen Anwälten. Berühmten Anwälten. Reichen Anwälten. Einige von ihnen sind wirklich miese Schlangen. Sie alle sind durchaus willens, da zu sitzen, wo Sie jetzt sitzen, sämtliche in letzter Minute möglichen Anträge und Einsprüche einzureichen, sich interviewen zu lassen, hinter den Kameras herzujagen, in den letzten Stunden meine Hand zu halten, zuzusehen, wie sie mich vergasen, dann eine weitere Pressekonferenz abzuhalten und dann einen Vertrag für ein Buch, einen Film oder vielleicht eine Miniserie im Fernsehen abzuschließen über das Leben und Sterben von Sam Cayhall, einem echten Klan-Mörder. Ich bin nämlich berühmt, junger Mann, und was ich getan habe, ist inzwischen Legende. Und da sie im Begriff sind, mich zu töten, werde ich sogar noch berühmter werden. Deshalb sind diese Anwälte scharf auf mich.
Ich bin eine Menge Geld wert. Ein widerliches Land.« Adam schüttelte den Kopf. »Ich werde nichts von alledem tun, das verspreche ich. Ich bin bereit, eine Vereinbarung zu unterschreiben, daß alles vertraulich bleibt.«
Sam kicherte. »Schön, und wer sorgt für ihre Einhaltung, wenn ich tot bin?«
»Ihre Familie«, sagte Adam.
»Vergessen Sie meine Familie«, sagte Sam entschieden. »Meine Motive sind sauber, Mr. Cayhall. Meine Firma hat Sie sieben Jahre lang vertreten, also weiß ich fast alles, was in Ihrer Akte steht. Außerdem habe ich mich eingehend mit Ihrem Hintergrund beschäftigt.«
»Willkommen im Klub. An die hundert dämliche Reporter haben meine Unterwäsche durchwühlt. Offenbar gibt es eine Menge Leute, die viel über mich wissen. Aber all dieses Wissen zusammengenommen ist für mich im Augenblick ohne jeden Wert. Mir bleiben noch vier Wochen. Wissen Sie das?«
»Ich habe eine Kopie der Entscheidung.«
»Vier Wochen, dann vergasen sie mich.«
»Also lassen Sie uns an die Arbeit gehen. Sie haben mein Wort, daß ich nie mit der Presse sprechen werde, es sei denn, mit Ihrem Einverständnis, daß ich nie etwas wiederholen werde, das Sie mir sagen, und daß ich weder einen Buch- noch einen Filmvertrag unterschreiben werde. Ich schwöre es.«
Sam zündete sich eine weitere Zigarette an und starrte auf etwas auf der Trennplatte. Er rieb sich sanft die rechte Schläfe mit dem rechten Daumen, wobei die Zigarette nur Zentimeter von seinem Haar entfernt war. Lange Zeit war das einzige Geräusch das Gurgeln der überlasteten Klimaanlage im Fenster. Sam rauchte und dachte nach. Adam malte Männchen auf seinen Block und war ziemlich stolz darauf, daß seine Füße stillhielten und sein Magen nicht schmerzte. Das Schweigen war unangenehm, und er nahm zu Recht an, daß es Sam nichts ausmachen würde, tagelang einfach dazusitzen, zu rauchen und nachzudenken.
»Sind Sie über Barroni informiert?« fragte Sam ruhig. »Barroni?«
»Ja, Barroni. Kam letzte Woche vom Neunten Berufungsgericht. Kalifornischer Fall.«
Adam durchackerte sein Gehirn nach einer Spur von Barroni.
»Es könnte sein, daß ich davon gehört habe.«
»Es könnte sein, daß Sie davon gehört haben? Sie sind gut geschult, kennen alle einschlägigen Fälle und so weiter und so weiter, und es könnte sein, daß Sie etwas von Barroni gehört haben. Was für eine Niete von Anwalt sind Sie?«
»Ich bin keine Niete.«
»Schon gut, schon gut. Wie steht es mit Texas gegen Eckes? Das haben Sie doch bestimmt gelesen, oder?«
»Wann wurde darüber entschieden?«
»Vor ungefähr sechs Wochen.«
»Welches Gericht?«
»Fünftes Berufungsgericht.«
»Achter Verfassungszusatz?«
»Blöde Frage.« Sam grunzte vor echter Verachtung. »Glauben Sie etwa, ich verbrächte meine Zeit damit, Fälle zu lesen, die die Redefreiheit betreffen? Das ist mein Hintern,
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