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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Chancengleichheit.«
    »Wie schön. Alles schön legal, vermute ich. In voller Übereinstimmung mit sämtlichen Bürgerrechtsentscheidungen und Weltverbesserungsgesetzen.«
    »Natürlich.«
    »Wie viele Partner gibt es bei Kravitz & Bane?«
    Adam zuckte die Achseln. Die Zahl änderte sich von Jahr zu Jahr. »Ungefähr hundertfünfzig.«
    »Hundertfünfzig. Und wie viele davon sind Frauen?«
    Adam zögerte. Er versuchte zu zählen. »Ich weiß es wirklich nicht. Vermutlich ein Dutzend.«
    »Ein Dutzend«, wiederholte Sam, fast ohne die Lippen zu bewegen. Seine Hände waren gefaltet und ruhig, und seine Augen zwinkerten nicht. »Also sind weniger als zehn Prozent eurer Partner Frauen. Wie viele Nigger habt ihr?«
    »Könnten wir sie bitte Schwarze nennen?«
    »Aber sicher doch, obwohl natürlich auch das inzwischen ein antiquierter Ausdruck ist. Heutzutage wollen sie, daß man sie Afro-Amerikaner nennt. Das ist Ihnen doch sicher bekannt.«
    Adam nickte, sagte aber nichts.
    »Wie viele afroamerikanische Partner gibt es?«
    »Vier, glaube ich.«
    »Weniger als drei Prozent. Ist das zu glauben? Kravitz & Bane, diese großartige Bastion der Bürgerrechte und liberaler Politik, diskriminiert Afro-Amerikaner und weibliche Amerikaner. Ich weiß einfach nicht, was ich dazu sagen soll.«
    Adam kritzelte etwas Unleserliches auf seinen Block. Er konnte natürlich darauf hinweisen, daß fast ein Drittel der angestellten Anwälte Frauen waren und daß die Firma sich intensiv darum bemühte, die Elite der schwarzen Jurastudenten anzuheuern. Er konnte darauf hinweisen, daß sie von zwei weißen Männern, deren Be werbungen sich im letzten Moment in Luft aufgelöst hatten, wegen umgekehrter Diskriminierung verklagt worden waren.
    »Wie viele jüdischamerikanische Partner gibt es? Achtzig Prozent?«
    »Ich weiß es nicht. Und es spielt für mich auch keine Rolle.«
    »Aber für mich tut es das. Mir war es immer zuwider, von diesen marktschreierischen Fanatikern vertreten zu werden.«
    »Viele Leute würden es als angemessen empfinden.« Sam griff in die einzig sichtbare Tasche seines Overalls und holte eine Packung Montclair und ein Wegwerf-Feuerzeug heraus. Der Overall stand bis zur Brustmitte offen, und in der Öffnung war eine dichte Matte aus grauem Haar zu sehen. Der Stoff war eine sehr leichte Baumwolle. Adam konnte sich nicht vorstellen, wie man in dieser Gegend ohne Klimaanlage leben konnte.
    Sam zündete die Zigarette an und stieß den Rauch in Richtung Decke aus. »Ich dachte, ich wäre fertig mit euch Leuten.«
    »Sie haben mich nicht hergeschickt. Ich bin auf eigenen Wunsch hier.«
    »Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Sie brauchen einen Anwalt, und...«
    »Weshalb sind Sie so nervös?«
    Adam riß seine Fingernägel zwischen den Zähnen heraus und hörte auf, mit den Füßen auf den Boden zu tappen. »Ich bin nicht nervös.«
    »Natürlich sind Sie das. Ich habe hier schon eine Menge Anwälte gesehen, aber noch nie einen, der so nervös war, wie Sie es sind. Was ist los, junger Mann? Haben Sie Angst, daß ich durch das Gitter hindurch über Sie herfallen könnte?«
    Adam grunzte und versuchte zu lächeln. »Seien Sie nicht albern. Ich bin nicht nervös.«
    »Wie alt sind Sie?«
    »Sechsundzwanzig.«
    »Sie sehen aus wie zweiundzwanzig. Wann haben Sie Ihr Studium beendet?«
    »Im vorigen Jahr.«
    »Großartig. Diese jüdischen Mistkerle haben einen blutigen Anfänger geschickt, damit er mich rettet. Ich vermute ja seit langem, daß sie insgeheim meinen Tod wünschen, aber das beweist es. Ich habe ein paar Juden umgebracht, deshalb wollen sie jetzt mich umbringen. Ich hatte die ganze Zeit recht.«
    »Sie geben zu, daß Sie die Kramer-Jungen umgebracht haben?«
    »Was für eine blöde Frage ist das? Die Geschworenen haben erklärt, ich hätte es getan. Seit nunmehr neun Jahren sagen die Berufungsgerichte, was die Geschworenen gesagt haben, war richtig. Das ist alles, worauf es ankommt. Wer zum Teufel sind Sie, daß Sie mir derartige Fragen stellen?«
    »Sie brauc hen einen Anwalt, Mr. Cayhall. Ich bin hier, um Ihnen zu helfen.«
    »Ich brauche eine Menge Dinge, mein Junge, aber ich bin verdammt sicher, was ich nicht brauche, ist, daß ein eifriger Grünschnabel wie Sie mir gute Ratschläge erteilt. Sie sind gefährlich, mein Junge, und Sie sind zu dämlich, um es zu wissen.« Wieder kamen die Worte entschieden und ohne jede Emotion. Er hielt die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand und schnippte von

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