Die Kammer
und nachdem Sergeant Packer ihm ziemlich flüchtig unter beide Arme gegriffen hatte, als rechnete er mit der Möglichkeit, daß Adam ein Schulterholster mit einer kleinen Pistole trug, war Adams erste Durchsuchung erfreulicherweise schon wenige Sekunden, nachdem sie begonnen hatte, wieder beendet. Packer schob geschickt seine massige Rechte in den Aktenkoffer, dann gab er ihn Adam zurück. »Kein guter Tag, um Sam zu besuchen«, sagte er.
»Ja, das habe ich gehört«, erwiderte Adam und schlang sein Jackett wieder über die Schulter. Er schaute auf die Eisentür, als wäre es jetzt an der Zeit, den Todestrakt zu betreten.
»Hier entlang«, murmelte Packer, trat auf das Gras neben dem Weg und bog um eine Ecke. Adam folgte ihm willig einen weiteren kleinen gepflasterten Weg entlang, bis sie eine unscheinbare Tür erreicht hatten, neben der Unkraut wuchs. Die Tür war nicht gekennzeichnet und trug keinerlei Aufschrift.
»Was ist das?« fragte Adam. Er erinnerte sich vage an Goodmans Beschreibung des Baus, aber im Moment waren alle Details verschwommen.
»Besucherraum.« Packer holte einen Schlüssel aus der Tasche und schloß die Tür auf. Adam sah sich um, bevor er eintrat, und versuchte, sich zu orientieren. Die Tür lag neben dem zentralen Teil des Gebäudes, und Adam kam der Gedanke, daß vielleicht die Wärter und ihre Vorgesetzten nicht wollten, daß Anwälte ihnen vor den Füßen herumliefen und herumschnüffelten. Deshalb der separate Eingang.
Er holte tief Luft und trat ein. Es waren keine weiteren Anwälte da, die ihre Mandanten besuchten, und darüber war Adam besonders froh. Die Begegnung konnte hitzig und vielleicht sogar rührselig werden, und er zog es vor, dabei keine Zuschauer zu haben. Zumindest im Augenblick war der Raum leer. Er war so groß, daß sich mehrere Anwälte gleichzeitig mit ihren Mandanten beraten konnten, ungefähr zehn Meter lang und dreieinhalb Meter breit, mit einem Betonboden und hellen Leuchtstoffröhren. Die gegenüberliegende Mauer bestand aus Backsteinen und hatte drei Fenster, die genau wie die an den Außenseiten der Flure sehr hoch angebracht waren. Man merkte sofort, daß das Besucherzimmer nachträglich angebaut worden war.
Die Klimaanlage, ein kleines Fenstergerät, brummte wütend und leistete viel weniger, als sie eigentlich sollte. Eine Trennwand teilte den Raum in zwei Teile; die Anwälte hatten ihre Seite und die Mandanten die andere. Die Trennwand bestand bis zu einer Höhe von neunzig Zentimetern aus Backsteinen; auf ihr lag eine schmale hölzerne Platte, auf der sich die Anwälte ihre obligatorischen Notizen machen konnten. Von der Plattform aus erstreckte sich ein massives, hellgrünes Metallgitter bis zur Decke.
Adam ging langsam zum Ende des Raums, wobei er einer bunten Kollektion von Stühlen auswich - ausgemustertem, grünem und grauem Regierungsbestand, Klappstühlen, schmalen Cafeteriasitzen.
»Ich muß diese Tür abschließen«, sagte Packer, als er hinausging. »Wir holen Sam.« Die Tür schlug zu, und Adam war allein. Er entschied sich rasch für einen Platz am Ende des Raums für den Fall, daß ein anderer Anwalt aufkreuzen sollte; der andere Anwalt würde sich zweifellos am entgegengesetzten Ende des Raums niederlassen, und sie konnten beide ihre Strategien halbwegs ungestört planen. Er zog einen Stuhl an die hölzerne Platte heran, legte sein Jackett auf einen anderen Stuhl, holte seinen Block heraus, schraubte die Kappe von seinem Federhalter ab und begann, an den Nägeln zu kauen. Er versuchte, es zu lassen, brachte es aber nicht fertig. Er hatte das Gefühl, als drehte sich ihm der Magen um, und seine Fersen zitterten unkontrollierbar. Er schaute durch das Gitter und betrachtete den für die Todeskandidaten bestimmten Teil des Raumes dieselbe hölzerne Platte, dieselbe Kollektion alter Stühle. In der Mitte des Gitters vor ihm war ein Schlitz, zehn mal dreißig Zentimeter groß, und durch diese kleine Öffnung hindurch würde er Sam Cayhall von Angesicht zu Angesicht sehen können.
Er wartete nervös, ermahnte sich immer wieder, gelassen zu sein, es leichtzunehmen, sich zu entspannen, es würde alles gutgehen. Er kritzelte etwas auf seinen Block, das er dann beim besten Willen nicht mehr entziffern konnte. Er krempelte die Ärmel hoch. Er suchte den Raum nach versteckten Mikrofonen und Kameras ab, aber das Ganze war so schlicht und bescheiden, daß er sich nicht vorstellen konnte, wie jemand eine Überwachung versuchen sollte. Wenn man von
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