Die Kampagne
diese Taktik?«
»Das ›Ich steck in der Scheiße‹-Manöver«, antwortete Pender lächelnd.
»Wie passend.«
»Eigentlich ziehe ich subtilere Maßnahmen vor, bei denen das Ziel gar nicht bemerkt, was geschieht. Erinnern Sie sich an die Reporter, die im Irak den Truppen angeschlossen waren?«
»Die den Krieg aus erster Hand erleben und entsprechend wahrheitsgetreu berichten sollten?«
»Ja, aber genau das sollten sie eben nicht. Sie sollten die Sichtweise des Pentagon verbreiten. Das war meine Idee, und jeder General und Bürohengst, der damit zu tun hatte, kam persönlich hierher, um mir aus Dankbarkeit den Arsch zu küssen.«
»Sie verstehen Ihren Job, Dick.«
»Ich habe ja auch von den Besten gelernt.«
»Und wo?«
»Ich habe im Presseamt des Weißen Hauses angefangen.«
Creel deutete auf einen großen Arbeitstisch in der Schaltzentrale, wo zwei Leute über Dokumenten brüteten.
»Erklären Sie mir das«, bat Creel.
»Das ist unser ›Tisch voll Tragödien‹, wie wir es nennen. Wir haben vor Kurzem erfahren, dass einer unserer Konkurrenten während des Ersten Golfkriegs etwas Ähnliches aufgebaut hat, um den Westen davon zu überzeugen, Kuwait zu verteidigen. Es hat damals hervorragend funktioniert. Also kam uns der Gedanke, hier das gleiche Konzept zu benutzen. Doch anstatt Hunderttausende von Hochglanzkopien zu drucken, haben wir uns für etwas Handgemachtes, Rudimentäres entschieden. Das gibt dem Ganzen etwas Amateurhaftes, um die Hightech-Seite der Operation auszugleichen und teilweise zu verschleiern. Wir machen nur ein Dutzend, schicken die aber an optimale Zielpersonen.«
»Hmmm ... alles so wirklichkeitsnah wie möglich«, murmelte Creel vor sich hin.
»Da kommen Sie ins Spiel«, erklärte Pender. »Ich kann jedem eine Lüge als Wahrheit verkaufen, aber für echtes, vergossenes Blut gibt es keinen Ersatz.«
»Was das betrifft, ist bereits alles in die Wege geleitet. Sie werden die Ergebnisse schon bald sehen.«
»Was ist mit dem anderen Teil der Gleichung?«
»Was soll damit sein?«, fragte Creel.
»Sie haben gesagt, Sie würden uns über das Timing informieren.«
»Und? Habe ich Sie schon darüber informiert?«
»Nein.«
»Dann ist es wohl noch nicht an der Zeit dafür!«, sagte Creel schroff.
Einen Augenblick später war er verschwunden. Pender hatte dem Mann dabei geholfen, im Kalten Krieg ein Vermögen zu machen. Als der Kalte Krieg zu Ende ging, hatten sie mehrere kleinere Konflikte geschürt, bis ihnen schließlich der Erste Golfkrieg förmlich in den Schoß gefallen war, gefolgt von dem ebenfalls sehr lukrativen Golfkrieg Nummer zwei. Aber wie Creel erst vor Kurzem zu Pender gesagt hatte: »Die Amerikaner sind ausgelaugt, und die EU läuft im Friedensmodus und gibt ihr Geld für Bildung, Infrastruktur und Gesundheitsfürsorge aus statt für Verteidigung. Diese Idioten vergessen mit schöner Regelmäßigkeit, dass ihre Kids nicht in die Schule und Oma nicht zum Doktor gehen kann, wenn sie sich nicht ausreichend verteidigen können und irgendwann Allah die Treue schwören müssen. Aber egal, wie viele sich gegen mich stellen, diesen Krieg werde ich gewinnen.«
Und Dick Pender würde niemals gegen diesen Mann wetten.
Kapitel 20
S ergej Petrow ging die Straße hinunter, den Kragen zum Schutz vor der Kälte hochgeklappt, die New York seit zwei Tagen heimsuchte. Petrow hatte gerade eine Aufzeichnung für das Lokalfernsehen hinter sich gebracht, in der er die unvorstellbaren Schrecken geschildert hatte, deren Zeuge er als zweiter Mann des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB unter den Regierungen Putins und Gorschkows geworden war, ehe er aus dem Land hatte fliehen können. Die Westler gierten nach allem, was Petrow zu sagen hatte, und sie zahlten verdammt gut dafür, wie er herausgefunden hatte - jedenfalls zahlten sie besser als die als Präsidenten verkleideten Diktatoren, für die er den Schoßhund gegeben hatte. Petrow wusste nicht, wo die »Rote Gefahr«-Kampagne ihren Ursprung hatte, und es interessierte ihn auch nicht. Gorschkow war böse, und Petrows Heimat entwickelte sich in die falsche Richtung. Deshalb kümmerte es ihn nicht, ob all die Schrecken, die in letzter Zeit an die Öffentlichkeit gekommen waren, der Wahrheit entsprachen. Auf einige traf es vermutlich zu, und das genügte.
Petrow tastete nach der Pistole in seiner Manteltasche. Er war ein vorsichtiger Mann. Er wusste, dass er zu einem Ziel geworden war. Falls Gorschkow eine Abschussliste führte, stand
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