Die Kandidaten
eröffnen. Es gibt ein Grundstück in Hartford, an dem
sie interessiert ist, und sie will fünfhunderttausend Dollar bei der
Bank deponieren, falls sie rasch zugreifen muss.«
»Warum haben Sie gerade uns ausgewählt?«, fragte Nat,
während seine Frau eine Schüssel mit Hummersuppe auftischte.
»Weil mein verstorbener Ehemann damals wegen des
Robinson-Einkaufszentrums mit Mr Russell verhandelt hat.
Obwohl wir bei dem Gebot nicht mithalten konnten und der
Deal nicht zustande kam, hat uns Mr Russell keine Gebühren
abverlangt«, erzählte Julia.
»Nicht einmal Kontoführungsgebühren.«
»Das klingt ganz nach meinem Vater«, bestätigte Tom.
»Also sagte mein verstorbener Mann, wenn wir jemals wieder
in dieser Gegend etwas erwerben wollten, würden wir nur mit
der Russell Bank Geschäfte machen.«
»Die Dinge haben sich seit damals geändert«, warnte Nat. »Mr
Russell ist im Ruhestand und …«
»Aber sein Sohn ist doch jetzt Vorstandsvorsitzender?«
»Und er sitzt mir immer damit im Nacken, dass wir Menschen
wie Ihnen Gebühren abverlangen müssen, wenn wir unsere
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professionellen Dienste anbieten. Obwohl es Sie sicher
interessieren wird, dass das Einkaufszentrum ein voller Erfolg
ist und seinen Investoren hervorragende Gewinne beschert. Was
führt Sie nach Hartford?«
»Ich habe gelesen, dass auf der anderen Seite der Stadt ein
weiteres Einkaufszentrum errichtet werden soll.«
»Das stimmt. Der Stadtrat hat das Grundstück zum Verkauf
freigegeben und die Erlaubnis zur kommerziellen Nutzung
erteilt.«
»Auf welche Summe wird spekuliert?«, fragte Julia und
löffelte ihre Suppe.
»Um die drei Millionen, heißt es, aber ich denke, es wird mehr
in Richtung drei Komma drei bis drei Komma fünf gehen,
wegen des Erfolgs mit dem Robinson-Einkaufszentrum.«
»Dreieinhalb Millionen ist unsere Obergrenze«, sagte Julia.
»Meine Firma agiert grundsätzlich vorsichtig und es gibt auch
noch einen weiteren Deal in der Nähe.«
»Vielleicht können wir Sie für einige andere Grundstücke
interessieren, die wir repräsentieren«, sagte Nat.
»Danke nein«, erwiderte Julia. »Meine Firma ist auf
Einkaufszentren spezialisiert und eines der vielen Dinge, die
mein Mann mir beigebracht hat, war, niemals von dem
abzuweichen, was man am besten kann.«
»Ein weiser Mann, Ihr verstorbener Gatte.«
»Das war er«, sagte Julia. »Aber ich denke, für heute haben
wir genug Geschäftliches beredet. Ob die Bank eventuell bereit
wäre, mich bei der Auktion zu vertreten, sobald mein Geld
hinterlegt wurde? Ich verlange jedoch absolute Diskretion. Ich
möchte nicht, dass jemand erfährt, dass Sie für mich bieten. Das
ist noch etwas, was mein Ehemann mir beigebracht hat.« Sie
wandte ihre Aufmerksamkeit der Gastgeberin zu. »Kann ich
Ihnen beim nächsten Gang helfen?«
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»Danke nein«, sagte Su Ling. »Nat ist hoffnungslos, aber er
kann gerade noch vier Teller in die Küche tragen und wenn er
sich darauf besinnt, gießt er gelegentlich sogar ein Glas Wein
nach.«
»Wie seid ihr euch begegnet?«, fragte Nat.
»Das glaubst du nie«, sagte Tom, »aber wir haben uns auf
einem Bauplatz getroffen.«
»Ich bin sicher, es gibt eine romantischere Erklärung.«
»Ich habe letzten Sonntag gerade das Land geprüft, das der
Stadtrat freigegeben hat, als ich Julia traf, die dort joggte.«
»Ich dachte, Sie bestehen auf Diskretion«, scherzte Nat
lächelnd.
»Nicht viele Menschen sehen eine Frau an einem
Sonntagmorgen über einen Bauplatz joggen und denken, dass
sie ihn kaufen will.«
»Ehrlich gesagt habe ich erst entdeckt, was Julia plant, als ich
sie zum Dinner ins Cascade eingeladen habe«, räumte Tom ein.
»Das Immobiliengewerbe muss für eine Frau ziemlich hart
sein«, meinte Nat.
»Ja, das stimmt«, gab Julia zu. »Aber ich habe es mir nicht
ausgesucht, es hat sich mich ausgesucht. Wissen Sie, als ich das
College in Minnesota verließ, habe ich nur kurze Zeit als Model
gearbeitet, bevor ich meinen Mann traf. Es war seine Idee, dass
ich mir beim Joggen die Bauplätze ansehen und ihm dann
berichten sollte. Innerhalb eines Jahres wusste ich genau,
wonach er suchte, und nach zwei Jahren hatte ich einen Sitz im
Vorstand.«
»Dann führen Sie jetzt das Unternehmen?«
»Nein«, sagte Julia. »Das überlasse ich meinem
Vorstandsvorsitzenden und dem Geschäftsführer, aber ich halte
die Mehrheit der Aktien.«
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»Sie haben also beschlossen, nach dem Tod Ihres Mannes
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