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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Trauergottesdienst mit einem Gebet,
    das Martha ausgesucht hatte, gefolgt von Hymnen und
    Textrezitationen, die Harry gefallen hätten. Jimmy und Fletcher
    lasen je einen Bibelabschnitt, dann stieg Al Brubaker,
    Vorsitzender der Partei, die Stufen zu der hölzernen Kanzel
    hinauf, um eine Rede zu halten.
    Er sah auf die Anwesenden herab und blieb für einige
    Augenblicke stumm. »Nur wenige Politiker«, fing er an, »rufen
    Respekt und Zuneigung in uns hervor. Wenn Harry heute bei
    uns sein könnte, würde er sehen, dass er zu dieser
    handverlesenen Gruppe gehörte. Ich entdecke hier viele
    Gesichter, denen ich noch nie begegnet bin« – er schwieg kurz
    –, »darum gehe ich davon aus, dass es sich bei ihnen um
    Republikaner handeln muss.« In der Kathedrale brach Gelächter
    aus und eine Welle des Beifalls brandete in der Straße auf.
    »Harry war ein Mann, der auf die Bitte des Präsidenten, als
    Gouverneur des Bundesstaates zu kandidieren, stets erwiderte
    ›Ich habe meine Arbeit als Senator für Hartford noch nicht
    vollendet‹ und diese Arbeit ruhte nie. Harry Gates war
    starrsinnig, wortreich, aufbrausend und konnte einen rasend
    machen. Er verfolgte aber auch leidenschaftlich die Dinge, an
    die er glaubte. Er war loyal seinen Freunden gegenüber und fair
    mit seinen Gegnern – ein Mann, dessen Gesellschaft man allein
    deshalb suchte, weil er unser Leben bereicherte. Harry Gates
    war kein Heiliger, aber es werden Heilige an den himmlischen
    Pforten stehen, um ihn in Empfang zu nehmen.
    Martha spreche ich unseren Dank aus, weil sie Harry und seine
    Träume unterstützte. Einer davon muss noch in Erfüllung gehen.
    Wir danken auch Jimmy und Annie, seinem Sohn und seiner

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    Tochter, auf die er ungeheuer stolz war. Wir danken Fletcher,
    seinem geliebten Schwiegersohn, dem die wenig beneidenswerte
    Aufgabe zufällt, die Fackel weiterzutragen. Und Lucy, seiner
    Enkelin, die nur wenige Tage nach seinem Tod
    Jahrgangssprecherin wurde. Amerika hat einen Mann verloren,
    der seinem Land im In- und Ausland diente, im Krieg und im
    Frieden. Hartford hat einen öffentlichen Bediensteten verloren,
    der sich nicht so leicht ersetzen lässt.
    Vor wenigen Wochen hat er mir noch geschrieben« –
    Brubaker pausierte kurz – »und mich um Geld gebeten. Der
    Mann hatte Nerven! Und zwar für sein geliebtes Krankenhaus.
    Er schrieb, er würde nie wieder ein Wort mit mir wechseln,
    wenn ich ihm keinen Scheck schicke. Ich wägte das Pro und
    Contra dieser Drohung ab.« Es dauerte lange, bis das Gelächter
    und der Applaus erstarben. »Ehrlich gesagt kam es Harry nie in
    den Sinn, dass man eine Bitte von ihm abschlagen könnte. Und
    warum nicht? Weil er sein ganzes Leben lang selbst immer
    wieder gegeben hat. Nun müssen wir seinen Traum
    verwirklichen und ein Krankenhaus zu seinem Andenken bauen,
    auf das er stolz sein kann.
    Letzte Woche las ich in der Washington Post, dass Senator
    Harry Gates gestorben ist, doch als ich heute Morgen nach
    Hartford reiste, kam ich am Seniorenzentrum, an der Bibliothek
    und am Gründungsstein des Krankenhauses vorbei und sie alle
    trugen seinen Namen. Wenn ich morgen nach Hause
    zurückkehre, schreibe ich sofort an die Washington Post ›Sie
    haben sich geirrt: Harry Gates lebt und ist bester Dinge.‹«
    Auf den Stufen vor der Kathedrale dankten Martha und
    Fletcher Al Brubaker für seine warmen Worte.
    »Hätte ich etwas anderes gesagt«, erwiderte Al, »dann hätte er
    sich auf der Kanzel neben mir materialisiert und eine
    Überarbeitung gefordert.« Der Parteivorsitzende schüttelte
    Fletcher die Hand. »Ich habe nicht den ganzen Brief von Harry
    vorgelesen«, sagte er, »aber ich weiß, Sie wollen den letzten

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    Abschnitt sehen.« Er griff in die Innentasche seines Jacketts,
    nahm den Brief heraus, faltete ihn auf und reichte ihn Fletcher.
    Als Fletcher Harrys letzte Worte gelesen hatte, sah er den
    Parteivorsitzenden an und nickte.

    *

    Tom und Nat stiegen gemeinsam die Stufen vor der Kathedrale
    hinunter und mischten sich unter die Menge, die sich allmählich
    schweigend auflöste.
    »Ich wünschte, ich hätte ihn besser gekannt«, sagte Nat.
    »Wusstest du, dass ich ihm einen Vorstandsposten in der Bank
    angeboten habe, als er sich aus dem Senat zurückzog?« Tom
    nickte. »Er schrieb mir, der einzige Posten, den er noch beziehen
    wolle, sei der auf seiner Veranda.«
    »Ich habe ihn nur ein paar Mal getroffen«, erzählte Tom. »Er
    war natürlich ein Verrückter, aber das muss

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