Die Kandidaten
nehmen.«
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PROFESSOR KARL ABRAHAMS betrat den Vorlesungssaal
Punkt neun Uhr. Der Professor hielt acht Vorlesungen pro
Semester und es ging das Gerücht, dass er in seinen
siebenunddreißig Lehrjahren noch keine einzige Vorlesung
verpasst hatte. Viele der zahlreichen Gerüchte um Karl
Abrahams ließen sich nie beweisen, folglich hätte er sie als
Hörensagen abgetan und somit als unzulässig verworfen.
Doch die Gerüchte hielten sich hartnäckig und wurden zur
Legende. Kein Zweifel konnte allerdings an seinem boshaften
Scharfsinn bestehen, falls ein Student dumm genug sein sollte,
ihn herauszufordern: Das ließ sich Woche für Woche belegen.
Ob es wirklich stimmte, dass drei Präsidenten ihn gebeten
hatten, sich dem Obersten Bundesgericht anzuschließen,
wussten nur jene drei Präsidenten. Doch konnte man nachlesen,
dass Abrahams, als er danach befragt worden war, erwidert
hatte, den besten Dienst würde er seinem Land erweisen, wenn
er die nächste Generation an Anwälten ausbildete und so viele
anständige, ehrliche Rechtsberater wie möglich formte, anstatt
das Chaos aufzuräumen, das die vielen schlechten verursachten.
Die Washington Post schrieb in einem nicht autorisierten
Artikel über ihn, dass Abrahams zwei Mitglieder des derzeitigen
Obersten Bundesgerichtes, zweiundzwanzig Bundesrichter und
mehrere der Rektoren führender Jurafakultäten ausgebildet
hatte.
Als Fletcher und Jimmy der ersten der acht Vorlesungen von
Abrahams beiwohnten, gaben sie sich keinen Illusionen hin, wie
viel Arbeit vor ihnen lag. Fletcher hatte jedoch die Illusion, dass
er im letzten Jahr lange genug gearbeitet hätte. Oft war er erst
nach Mitternacht ins Bett gekommen. Doch schon nach einer
Woche mit Professor Abrahams lernte er aus eigener
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Anschauung Stunden kennen, in denen er normalerweise
geschlafen hatte.
Für gewöhnlich wies Professor Abrahams seine Studenten
gleich zu Anfang darauf hin, dass längst nicht alle von ihnen
seine Abschlussrede zum Ende des Kurses miterleben würden.
Jimmy senkte den Kopf. Fletcher fing an, so viel zu lernen, dass
Annie ihn meistens erst zu sehen bekam, wenn die Türen der
Bibliothek geschlossen wurden. Jimmy ging manchmal schon
etwas früher, damit er mit Joanna zusammen sein konnte, aber
er verließ die Bibliothek nur selten ohne diverse Bücher unter
dem Arm. Fletcher erzählte Annie, dass er ihren Bruder noch nie
so arbeitsam erlebt hätte.
»Und es wird noch schwerer für ihn, wenn das Baby erst mal
da ist«, sagte Annie zu ihrem Ehemann, als sie ihn eines Abends
von der Bibliothek abholte.
»Joanna wird es sicher so einrichten, dass das Kind während
der Semesterferien auf die Welt kommt, damit sie am ersten Tag
des neuen Semesters gleich wieder zur Arbeit kann.«
»Ich will nicht, dass unser erstes Kind so aufwächst«, erklärte
Annie. »Ich beabsichtige, meine Kinder als Vollzeitmutter
großzuziehen. Und mit einem Vater, der früh genug nach Hause
kommt, damit er ihnen noch eine Gutenachtgeschichte vorlesen
kann.«
»Soll mir nur recht sein«, sagte Fletcher. »Aber wenn du deine
Meinung änderst und Vorstandsvorsitzende von General Motors
wirst, dann übernehme ich gern das Wechseln der Windeln.«
*
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Das Erste, was Nat bei seiner Rückkehr an die Universität
überraschte, war der Umstand, wie unreif ihm seine früheren
Kommilitonen im Vergleich zu früher erschienen. Er hatte
genügend Anrechnungspunkte, so dass er gleich ins zweite Jahr
einsteigen durfte, aber die Studenten, mit denen er verkehrt
hatte, bevor er zur Armee gegangen war, diskutierten immer
noch über die neueste Popgruppe oder den angesagtesten
Filmstar und Nat hatte noch nie etwas von den Doors gehört.
Erst, als er an seiner ersten Vorlesung teilnahm, wurde ihm klar,
wie sehr die Erfahrungen in Vietnam sein Leben verändert
hatten.
Nat war sich auch bewusst, dass ihn seine Kommilitonen nicht
als einen der ihren betrachteten, nicht zuletzt deswegen, weil
einige der Professoren ihm irgendwie mit Ehrfurcht
entgegenkamen. Nat genoss den Respekt, den man ihm zollte,
entdeckte jedoch schnell, dass diese Medaille zwei Seiten hatte.
In den Weihnachtsferien sprach er mit Tom über dieses
Problem, der sagte, er könne verstehen, warum manche ihn mit
Argwohn behandelten, schließlich glaubten sie, er habe
mindestens
einhundert
Vietcong
getötet.
»Mindestens
einhundert?«, hakte Nat nach.
»Andere haben gelesen, was unsere
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