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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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des zweiten Jahres nach Hause zurückkehrte,
    teilte er seinem Vater mit, dass er sich ebenso sehr darüber
    freute, im Querfeldeinlauf jetzt unter einer Stunde zu liegen, wie
    darüber, dass er zu den besten sechs seines Jahrgangs gehörte.

    *

    Im Sommer reisten Nat und Tom nach Europa. Einer der vielen
    Vorteile, die die Besoldung eines Captains mit sich brachte, war
    die Tatsache, dass Nat seinen besten Freund jetzt begleiten
    konnte, ohne das Gefühl zu haben, sich das eigentlich gar nicht
    leisten zu können.
    Ihr erster Aufenthalt führte sie nach London, wo sie die
    Wachen an Whitehall vorbeimarschieren sahen. Nat hegte
    keinen Zweifel daran, dass sie in Vietnam eine beeindruckende
    Einheit abgeben würden. In Paris schlenderten sie über die
    Champs-Elysees und bedauerten es, jedes Mal, wenn sie eine
    schöne Frau ansprechen wollten, erst in einem Wörterbuch
    blättern zu müssen. Dann reisten sie weiter nach Rom und
    entdeckten in winzigen Cafes in dunklen Nebenstraßen zum
    ersten Mal, wie Pasta wirklich schmecken sollte. Sie schworen
    sich, nie wieder bei McDonald’s zu essen.
    Doch erst als sie nach Venedig kamen, verliebte sich Nat und
    wurde über Nacht promisk. Sein Geschmack reichte von nackten
    Frauen bis zu Jungfrauen. Es begann mit einem Quickie – da
    Vinci, gefolgt von Bellini und dann Luini. Die Intensität dieser
    Affären war so heftig, dass Tom sich einverstanden erklärte, ein

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    paar Tage länger in Italien zu bleiben und sogar Florenz auf
    ihren Reiseplan zu setzen. Neue Liebesobjekte fanden sich an
    jeder Straßenecke – Michelangelo, Caravaggio, Canaletto,
    Tintoretto. Fast jeder mit einem o am Namensende war für Nats
    Harem geeignet.

    *
    Professor Karl Abrahams stand während seiner fünften
    Vorlesung in diesem Semester vor dem Pult und starrte auf den
    Halbkreis der Bankreihen, die sich vor ihm erhoben.
    Ohne ein Buch, ohne Aktenordner, nicht einmal mit einem
    Blatt Papier vor sich, eröffnete er die Vorlesung und führte sie
    durch einen bedeutenden Fall: Carter gegen Amalgamated Steel.
    »Mr Carter verlor 1923 bei einem Arbeitsunfall einen Arm«,
    fing der Professor an. »Er wurde ohne einen Cent Abfindung
    entlassen. Es war ihm nicht möglich, eine neue Anstellung zu
    finden, da keine andere Stahlfirma einem Einarmigen eine Stelle
    anbieten wollte. Als ihm sogar ein örtliches Hotel den Job als
    Türsteher verweigerte, wurde ihm klar, dass er nie wieder Arbeit
    finden würde. Vor 1927 gab es kein Gesetz zur Kompensation
    bei Arbeitsunfällen, daher entschloss sich Mr Carter zu dem
    seltenen und in jener Zeit beinahe unerhörten Schritt, seinen
    Arbeitgeber zu verklagen. Er konnte sich keinen Anwalt leisten
    – das hat sich im Laufe der Jahre auch nicht geändert –, doch ein
    junger Jurastudent, der das Gefühl hatte, Mr Carter habe keine
    faire Entschädigung erhalten, bot sich an, ihn vor Gericht zu
    vertreten. Er gewann den Fall und Carter bekam eine
    Entschädigung von einhundert Dollar – keine große Summe für
    einen solchen Verlust, könnten Sie nun denken. Doch ist es
    überhaupt nur diesen beiden Männern zu verdanken, dass es
    eine entsprechende Gesetzesänderung gab. Lassen Sie uns

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    hoffen, dass einer von Ihnen irgendwann in der Zukunft das
    Gesetz zu ändern vermag, wenn er auf eine solche
    Ungerechtigkeit stößt. Nachbemerkung: Der Name des jungen
    Anwalts lautete Theo Rampleiri. Es gelang ihm nur mit Mühe,
    nicht von der Uni zu fliegen, die argumentierte, er habe zu viel
    Zeit mit dem Carter-Fall verbracht. Später, sehr viel später
    wurde er an den obersten Gerichtshof berufen.«
    Der Professor runzelte die Stirn. »Letztes Jahr bezahlte
    General Motors einem Mr Cameron fünf Millionen Dollar für
    den Verlust eines Beines. Und das, obwohl General Motors
    nachweisen konnte, dass Mr Camerons eigene Fahrlässigkeit zu
    dem Unfall geführt hatte.«
    Abrahams erläuterte diesen Fall ausführlich und fügte dann
    hinzu:
    »Wie Charles Dickens uns wissen ließ, ist das Gesetz häufig
    ein Esel – und noch häufiger ist es von unterschiedsloser
    Unvollkommenheit. Ich habe keine Tipps für Anwälte, die nur
    nach einem Weg suchen, das Gesetz zu umgehen, schon gar
    nicht, wenn sie genau wissen, was der Senat und der Kongress
    mit dem Gesetz ursprünglich erreichen wollten. Es wird unter
    Ihnen einige geben, die diese Worte vergessen, sobald sie in
    irgendeine renommierte Kanzlei eingetreten sind, deren einziges
    Interesse darin besteht, unter allen

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