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Die Kandidaten

Die Kandidaten

Titel: Die Kandidaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Tom
    leise.
    »Ich halte sie für göttlich, aber das hält sie nicht davon ab, an
    mir zu zweifeln.«
    »Sie hat sich einverstanden erklärt, mit dir essen zu gehen,
    also kann sie dich nicht für durch und durch schlecht halten.«
    »Schon, aber die Bedingungen für unser Treffen sind
    irgendwie ungewöhnlich.« Nat erzählte Tom, was er
    versprochen hatte, bevor sie sich mit dem Rendezvous
    einverstanden erklärt hatte.
    »Wie ich schon sagte, es hat dich schwer erwischt, aber das
    ändert nichts an der Tatsache, dass ich unbedingt mit dir reden
    muss. Wie wäre es mit Frühstück? Oder gedenkst du, mit dieser
    geheimnisvollen asiatischen Dame auch Rührei und Schinken
    einzunehmen?«
    »Es würde mich sehr überraschen, wenn sie sich dazu
    bereiterklären würde«, meinte Nat sehnsüchtig. »Überraschen
    und enttäuschen.«

    *

    »Was meinst du, wie lange der Prozess dauern wird?«, fragte
    Annie.
    »Wenn wir bei Mord auf ›nicht schuldig‹, aber bei Totschlag
    auf ›schuldig‹ plädieren, könnte es an einem einzigen Vormittag
    vorüber sein. Vielleicht noch ein zusätzlicher Auftritt vor
    Gericht zur Strafmaßverkündung.«
    »Wäre das machbar?«
    »Ja, die Staatsanwaltschaft hat mir einen Deal vorgeschlagen.«

    204
    »Was für einen Deal?«, fragte Annie.
    »Wenn ich der Anklage auf Totschlag zustimme, wird Stamp
    nur drei Jahre fordern, was bedeutet, dass Anita Kirsten bei
    guter Führung nach achtzehn Monaten auf Bewährung wieder
    frei sein könnte. Andernfalls will er auf Mord klagen und die
    Todesstrafe fordern.«
    »In diesem Bundesstaat wird eine Frau nie und nimmer auf
    den elektrischen Stuhl geschickt, weil sie ihren Mann ermordet
    hat.«
    »Das sehe ich genauso«, meinte Fletcher, »aber harte
    Geschworene könnten auf neunundneunzig Jahre befinden und
    da die Angeklagte erst fünfundzwanzig ist, kann ich mich der
    Einsicht nicht verschließen, dass sie mit achtzehn Monaten
    möglicherweise besser dran ist. Wenigstens könnte sie auf diese
    Weise den Rest ihres Lebens im Kreise ihrer Familie
    verbringen.«
    »Stimmt«, gab Jimmy ihm Recht, »aber ich frage mich, warum
    der Staatsanwalt bereit ist, drei Jahren zuzustimmen, wenn er
    glaubt, einen wasserdichten Fall zu haben? Vergiss nicht, es ist
    eine schwarze Frau, die angeklagt ist, einen weißen Mann
    ermordet zu haben, und mindestens zwei Geschworene werden
    schwarz sein. Wenn du deine Karten richtig ausspielst, könnten
    es drei sein und dann kannst du sicher sein, dass sich die
    Geschworenen nie einig werden.«
    »Außerdem hat meine Mandantin einen guten Ruf, sie geht
    einer geregelten Tätigkeit nach und ist nicht vorbestraft. Das
    beeinflusst jede Geschworenenrunde, egal welcher Hautfarbe.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, warf Annie ein. »Deine
    Mandantin hat ihren Ehemann mit einer Überdosis Curare
    ermordet, was zu einer Lähmung führte. Dann setzte sie sich auf
    die Treppe und wartete, bis er tot war.«
    »Aber er hat sie über Jahre hinweg geschlagen – und auch die
    gemeinsamen Kinder misshandelt«, entgegnete Fletcher.

    205
    »Können Sie das beweisen, Herr Anwalt?«, fragte Jimmy.
    »Nicht hieb- und stichfest, aber an dem Tag, als sie meine
    Mandantin wurde, habe ich mehrere Fotos von den Wundmalen
    an ihrem Körper geschossen. Und die Brandnarbe auf ihrer
    Handfläche wird sie ohnehin den Rest ihres Lebens nicht mehr
    los.«
    »Wie ist es dazu gekommen?«, wollte Annie wissen.
    »Dieser Mistkerl von einem Ehemann hat ihre Hand auf den
    heißen Herd gedrückt und erst losgelassen, als sie in Ohnmacht
    fiel.«
    »Klingt nach einem entzückenden Kerl«, sagte Annie. »Was
    hält dich davon ab, Totschlag zu akzeptieren und mildernde
    Umstände in Anspruch zu nehmen?«
    »Nur die Angst, dass ich verlieren könnte und Mrs Kirsten
    dann den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbringen muss.«
    »Warum hat sie dich überhaupt gebeten, sie zu verteidigen?«,
    fragte Jimmy.
    »Außer mir wollte keiner den Fall übernehmen«, erwiderte
    Fletcher. »Außerdem fand sie meine Honorarforderung
    unwiderstehlich.«
    »Aber du hast es mit dem Staatsanwalt persönlich zu tun.«
    »Das ist ja das Merkwürdige. Ich kann mir einfach nicht
    erklären, warum er sich die Mühe macht, den Staat in einem
    solchen Fall zu vertreten.«
    »Die Frage lässt sich leicht beantworten«, sagte Jimmy.
    »Schwarze Frau tötet weißen Mann in einem Bundesstaat, in
    dem nur zwanzig Prozent der Bevölkerung schwarz sind, und
    über die Hälfte von denen

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