Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide
begrub.
Einen Augenblick lang hörte man bloß Staub und Schutt rieseln. Dann war plötzlich aus den Trümmern ein tiefes Lachen zu hören. Seth krabbelte unter den Säulenüberresten hervor und stieß einen großen Steinbrocken zur Seite.
»Nett!«, brüllte er. »Total wirkungslos, aber nett! Wird mir ein Vergnügen sein, dich wie deinen Vater zu Kleinholz zu verarbeiten, Horus. Ich werde euch alle in diesem Raum einsperren, damit mein Sturm noch heftiger wird – alle meine vier kostbaren Geschwister –, und der Sturm wird gewaltig genug sein, um die ganze Welt einzuhüllen.«
Ich sah ihn fragend an und war einen Moment unkonzentriert. »Vier Geschwister?«
»Oh ja.« Seths Blick wanderte zu Zia, die sich schweigend auf eine Seite des Raums zurückgezogen hatte. »Ich hab dich nicht vergessen, Liebes.«
Zia sah mich verzweifelt an. »Carter, mach dir keine Sorgen um mich. Er versucht nur, dich abzulenken.«
»Süße Göttin«, flötete Seth. »Dieser Körper wird dir wirklich nicht gerecht, aber vermutlich hattest du nicht viel zur Auswahl, oder?«
Als Seth auf sie zuging, fing sein Zauberstab zu leuchten an.
»Nein!«, schrie ich. Ich trat einen Schritt vor, aber genau wie ich konnte Seth jemanden mit einem kleinen Zauber ohne weiteres aus dem Weg räumen. Als er auf mich deutete, klatschte ich gegen die Wand, wo ich hängen blieb, als würde mich ein ganzes Footballteam festhalten.
»Carter!«, schrie Sadie. »Sie ist Nephthys. Sie kommt allein klar!«
»Nein.« Zia konnte auf keinen Fall Nephthys sein. Das hatte ich zuerst auch vermutet, doch je mehr ich darüber nachdachte, umso unwahrscheinlicher war es doch. Von ihr ging keine göttliche Magie aus. Würde sie wirklich eine Göttin beherbergen, hätte ich das ganz sicher gespürt.
Wenn ich ihr nicht half, würde Seth sie vernichten. Falls er mich ablenken wollte, gelang ihm das auf alle Fälle. Während er sich Zia näherte, kämpfte ich gegen seine Zauberkraft an, konnte mich aber nicht befreien. Je mehr ich versuchte, meine Kraft wie bei anderen Gelegenheiten mit der von Horus zu verbinden, umso mehr kamen mir Angst und Panik in die Quere.
Du musst nachgeben!, beharrte Horus. Wir fingen an, in meinem Kopf um die Vorherrschaft zu ringen, wovon ich rasende Kopfschmerzen bekam.
Seth ging noch einen Schritt auf Zia zu.
»Ach, Nephthys«, schmachtete er. »Am Anfang warst du meine treulose Schwester. In einer anderen Inkarnation, in einem anderen Zeitalter, warst du mein treuloses Weib. Jetzt gibst du vermutlich eine nette kleine Vorspeise ab. Stimmt schon, du bist die Schwächste von uns, aber du bist immer noch eine der fünf und es ist nicht zu leugnen, dass man an Macht gewinnt, wenn man das ganze Set zusammenhat.«
Er hielt inne und grinste. »Das ganze Set! Das ist lustig! Seth und das Set. Los, jetzt verheizen wir all deine Energie und sperren deine Seele ein, in Ordnung?«
Zia zog ihr Zaubermesser. Rings um sie glühte eine rote Kugel Abwehrenergie auf, doch selbst ich sah, wie schwach sie war. Als Seth mit einem Sandstrahl auf sie zielte, fiel die Kugel in sich zusammen. Zia torkelte rückwärts, der Sand zerrte an ihren Haaren und Kleidern. Ich wollte ihr zu Hilfe eilen, doch Zia schrie: »Carter, ich bin nicht wichtig! Lass dich nicht ablenken! Wehr dich nicht!«
Sie hielt ihren Zauberstab hoch und rief: »Für das Lebenshaus!«
Sie schoss einen Blitz auf Seth ab – diese Attacke musste sie ihre letzte Energie gekostet haben. Seth schlug die Flamme beiseite, direkt zu Sadie, die schnell ihr Zaubermesser hochhalten musste, damit Amos und sie nicht durchgebrutzelt wurden. Seth zerrte an der Luft, als würde er an einem unsichtbaren Seil ziehen. Zia flog ihm wie eine Stoffpuppe entgegen und landete in seinen Armen.
Wehr dich nicht. Wie konnte Zia das sagen? Ich wehrte mich wie ein Verrückter, aber es half mir auch nichts. Ich musste hilflos zusehen, als Seth sich zu Zia herunterbeugte und sie prüfend betrachtete.
Zunächst schien er siegesgewiss, ausgelassen, doch sein Gesichtsausdruck wechselte schnell zu Verwirrung. Er sah sich böse um, seine Augen flackerten.
»Was ist das für ein Trick?«, knurrte er. »Wo hast du sie versteckt?«
»Du wirst nicht von ihr Besitz ergreifen«, brachte Zia heraus, während er sie so fest umklammerte, dass sie keine Luft bekam.
»Wo ist sie?« Er warf Zia zur Seite.
Sie knallte gegen die Wand und wäre im Graben gelandet, wenn Sadie nicht »Wind!« geschrien und damit Zias Körper gerade
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