Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
Quakens nach zu urteilen, schien sie sich verlaufen zu haben.
»Heket ist wieder ausgebüxt«, sagte Taweret. »Entschuldigt mich einen Augenblick.«
Sie eilte auf die Froschfrau zu.
Bes zog ein Taschentuch aus der Tasche seines Hawaiihemds und tupfte sich nervös die Stirn ab. »Ich habe mich immer gefragt, was mit Heket passiert ist. Sie ist die Froschgöttin, wisst ihr?«
»Wäre ich nie draufgekommen«, sagte Carter.
Ich beobachtete, wie Taweret die alte Göttin zu beruhigen versuchte. Sie redete beschwichtigend auf sie ein und versprach Heket, dass sie ihr bei der Suche nach ihrem Zimmer helfen würde, vorausgesetzt, die Froschgöttin hörte auf, gegen die Wände zu springen.
»Sie macht das toll«, sagte ich. »Taweret, meine ich.«
»Ja«, bestätigte Bes. »Ja, sie ist in Ordnung.«
»In Ordnung?« , wiederholte ich. »Sie fährt total auf dich ab. Warum bist du so …?«
Plötzlich ging mir ein Licht auf. Ich kam mir fast so begriffsstutzig vor wie Carter.
»Ah, ich verstehe. Sie erwähnte eine schreckliche Zeit im Palast, oder? Sie ist diejenige, die dich in Russland befreit hat.«
Bes wischte sich mit dem Taschentuch über den Nacken. Er schwitzte wirklich unglaublich. »W-woher weißt du –?«
»Weil du in ihrer Gegenwart so verlegen bist! Als ob …« Um ein Haar hätte ich gesagt: »Als ob sie dich in Unterhosen gesehen hätte«, aber dem hätte der Gott der Mikrobadehosen vermutlich nicht viel Bedeutung zugemessen. »Als hätte sie dich gesehen, als es dir richtig dreckig ging, und du nicht mehr daran erinnert werden willst.«
Bes starrte Taweret so gequält an, wie er sie wahrscheinlich in Prinz Menschikows Palast in Sankt Petersburg angestarrt hatte.
»Sie rettet mich immer «, meinte er bitter. »Sie ist immer toll, nett, liebenswürdig. Damals, in den alten Zeiten, glaubten alle, wir hätten was miteinander. Alle waren der Meinung, wir wären ein niedliches Paar – die zwei Dämonen verjagenden Götter, die zwei Außenseiter, was auch immer. Wir sind ein paarmal ausgegangen, aber Taweret war einfach zu – zu nett . Und ich war irgendwie völlig auf eine andere fixiert.«
»Bastet«, riet Carter.
Der Zwergengott ließ die Schultern hängen. »Merkt man, was? Ja, Bastet. Sie war die Lieblingsgöttin der einfachen Leute. Ich war der Lieblingsgott. Also sahen wir uns bei Festen und so. Sie war … na ja, wunderschön.«
Typisch Mann, dachte ich. Sehen immer nur das Äußere. Aber ich hielt den Mund.
»Wie dem auch sei«, seufzte Bes. »Bastet behandelte mich wie ihren kleinen Bruder. Macht sie immer noch. Hat überhaupt kein Interesse an mir, aber es hat lange gedauert, bis ich das kapiert habe. Ich war so verrückt nach ihr, dass ich Taweret all die Jahre nicht besonders nett behandelt habe.«
»Trotzdem reiste sie nach Russland, um dich dort rauszuholen«, sagte ich.
Er nickte. »Ich sandte Notrufe aus. Ich glaubte, Bastet würde mir zu Hilfe kommen. Oder Horus. Oder sonst wer. Wisst ihr, ich hatte keine Ahnung, wo sie alle waren, aber ich hatte eine Menge Freunde. Ich ging davon aus, dass irgendjemand vorbeikommen würde. Doch Taweret war die Einzige. Sie riskierte ihr Leben, als sie sich während der Zwergenhochzeit in den Palast schlich. Sie hat alles gesehen – sie hat gesehen, wie ich vor den ganzen großen Leuten gedemütigt wurde. In der Nacht brach sie meinen Käfig auf und befreite mich. Ich schulde ihr alles. Doch sobald ich in Freiheit war … bin ich einfach davongelaufen. Ich habe mich so geschämt, dass ich sie nicht anschauen konnte. Jedes Mal, wenn ich an sie denke, denke ich an jene Nacht und höre das Gelächter.«
Der Schmerz in seiner Stimme klang frisch, als würde er etwas beschreiben, was erst gestern passiert war, nicht vor dreihundert Jahren.
»Bes, sie kann nichts dafür«, sagte ich sanft. »Aber sie mag dich. Das sieht man.«
»Es ist zu spät«, beharrte er. »Ich habe sie so sehr verletzt. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen, aber …«
Er zögerte. Taweret kam auf uns zu, sie führte die Froschgöttin am Arm.
»So, meine Liebe«, sagte Taweret, »komm einfach mit uns, dann suchen wir dein Zimmer. Du brauchst nicht herumzuspringen.«
»Aber meine Sprünge sind ein Ausdruck meines Vertrauens in meine Kraft«, quakte Heket wie ein sterbender Frosch. (Sie klang wirklich so; zum Glück starb sie nicht vor unserer Nase.) »Mein Tempel ist irgendwo hier in der Nähe. Es war in Qus. Reizende Stadt.«
»Ja, meine Liebe«,
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