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Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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Hügel mit verstreuten, einladend aussehenden weißen Lehmhäuschen. Eine Gänseherde flog über uns hinweg. Die Luft duftete nach Jasmin und frisch gebackenem Brot. Mein ganzer Körper entspannte sich – es war das Gefühl, das einen manchmal nach einer langen Reise überkommt, wenn man das eigene Haus betritt und sich endlich aufs Bett fallen lassen kann.
    »Earu«, verkündete Bes. Er klang nun nicht mehr so missmutig. Die Sorgenfalten auf seinem Gesicht verschwanden. »Das ägyptische Jenseits. Das Siebte Haus. Ihr nennt es, glaube ich, Paradies.«
    »Ich will ja nicht stänkern«, sagte Sadie. »Aber hier ist es wesentlich netter als in Haus Sonnenschein und ich rieche endlich vernünftiges Essen. Bedeutet das, dass wir tot sind?«
    Bes schüttelte den Kopf. »Earu war ein fahrplanmäßiger Halt auf Res nächtlicher Route – ein Boxenstopp, würdet ihr vermutlich sagen. Er hing eine Weile mit seinem Gastgeber ab, aß, trank und ruhte sich für das letzte Stück der Reise aus, das am gefährlichsten war.«
    »Mit seinem Gastgeber?«, hakte ich nach, obwohl ich mir ziemlich sicher war, wen Bes meinte.
    Unser Boot hielt auf einen Steg zu, wo uns ein Mann und eine Frau erwarteten. Dad trug seinen üblichen braunen Anzug. Seine Haut leuchtete bläulich. Mom schimmerte in gespenstischem Weiß, ihre Füße schwebten ein paar Zentimeter über den Planken.
    »Natürlich«, sagte Bes. »Dies ist das Haus von Osiris.«
    »Sadie, Carter.« Dad schloss uns in die Arme, als wären wir noch immer Kleinkinder, aber keiner von uns protestierte.
    Er fühlte sich fest und menschlich an, so sehr wie früher, dass ich all meine Selbstbeherrschung aufbieten musste, um nicht in Tränen auszubrechen. Sein Spitzbart war ordentlich geschnitten. Sein kahler Kopf glänzte. Sogar sein Rasierwasser roch unverändert: ein schwacher Amberduft.
    Er hielt uns auf Armeslänge, um uns zu betrachten, seine Augen leuchteten. Fast hätte ich glauben können, dass er noch immer ein Normalsterblicher war, doch bei genauerem Hinsehen erkannte ich – wie ein verschwommenes überlagertes Bild – eine andere Schicht seiner Erscheinung: einen blauhäutigen Mann in weißem Gewand mit der Krone eines Pharaos. Um seinen Hals hing ein Djed- Pfeiler, das Symbol des Osiris.
    »Dad«, sagte ich. »Wir haben es vermasselt.«
    »Psst«, erwiderte er. »Kein Wort darüber. Jetzt ist es Zeit, dass ihr euch ausruht und erneuert.«
    Mom lächelte. »Wir haben eure Fortschritte beobachtet. Ihr wart so tapfer.«
    Sie zu sehen war noch härter, als Dad zu sehen. Ich konnte sie nicht umarmen, weil ihr Körper nicht aus Materie bestand, und als sie mein Gesicht berührte, fühlte es sich nur an wie eine warme Brise. Sie sah genauso aus, wie ich sie in Erinnerung hatte – ihr blondes Haar fiel offen auf die Schultern, ihre blauen Augen waren voller Leben –, doch sie war nur noch ein Geist. Ihr weißes Kleid schien aus Nebel gewebt zu sein. Wenn man sie anblickte, sah es aus, als würde sie sich im Licht der Sonnenbarke auflösen.
    »Ich bin so stolz auf euch«, sagte sie. »Kommt, wir haben ein Festmahl vorbereitet.«
    Ich war völlig benommen, als sie uns ans Ufer führten. Bes übernahm das Tragen des Sonnengottes, der nach seiner Begegnung mit dem Mast und anschließendem Nickerchen in guter Stimmung zu sein schien. Re schenkte allen ein zahnloses Lächeln und sagte: »Oh, hübsch. Festessen? Zebras?«
    Ich musste an Philipp von Makedonien denken und daran, was wohl zu Hause im Brooklyn House los war.
    Als ich den Pavillon betrat, klappte mir die Kinnlade herunter.
    Auf einem langen Mahagonitisch war ein Festmahl angerichtet – auf unserem alten Esstisch aus dem Haus in Los Angeles. Ich erkannte sogar die Kerbe, die ich mit meinem ersten Schweizer Taschenmesser ins Holz geritzt hatte – es war das einzige Mal, an das ich mich erinnern kann, dass Dad stinksauer auf mich war. Die Stühle waren aus Edelstahl mit Ledersitzflächen, genau wie ich sie in Erinnerung hatte; und als ich hinaussah, flirrte der Ausblick hin und her – einmal waren die Grashügel und der glitzernde blaue Himmel des Jenseits zu sehen, dann wieder die weißen Wände und großen Fenster unseres alten Hauses.
    »Oh …«, kiekste Sadie. Sie starrte wie gebannt auf den Tisch. Genau in der Mitte stand zwischen Platten mit Pizza, Schalen mit gezuckerten Erdbeeren und allen erdenklichen Delikatessen eine blau-weiße Eistorte. Es war genau dieselbe wie die, die wir an Sadies sechstem

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