Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
Beispiel in einen Falkenkrieger, und Sadie muss natürlich einen draufsetzen. Der Schwingenschlag ihres Riesenvogels bewegte die Luft hin und her, was Menschikow und seine Dämonen in einem Rückwärtssalto über den Strand katapultierte.
»Zwei große Vögel!« Re klatschte in die Hände.
»Carter, gib mir Deckung!« Sadie holte die Sonnenlitanei heraus. »Ich muss mit dem Zauber anfangen.«
Ich fand eigentlich, dass der Riesenvogel als Wachdienst ziemlich gute Arbeit leistete, aber ich trat trotzdem einen Schritt vor und machte mich zum Kampf bereit.
Menshikov Menschikow rappelte sich auf. »Nun sag schon dein Zaubersprüchlein auf, Sadie Kane. Verstehst du es nicht? Der Geist von Chepre hat dieses Gefängnis geschaffen . Re opferte einen Teil seiner Seele, nämlich seine Fähigkeit, wiedergeboren zu werden, um Apophis in Fesseln zu halten.«
Sadie machte ein Gesicht, als hätte er sie geohrfeigt. »Der letzte Skarabäus –«
»Genau«, bestätigte Menschikow. »All diese Skarabäen entstanden aus einem – Chepre, der dritten Seele Res. Wenn sie die Panzer lange genug umgraben, finden meine Dämonen ihn irgendwann. Er ist einer der wenigen noch lebenden Skarabäen, und sobald wir ihn zermalmen, wird Apophis frei sein! Selbst wenn ihr ihn wieder zu Re zurückruft, ändert das nichts daran, dass Apophis frei sein wird. So oder so ist Re zu schwach, um zu kämpfen. Apophis wird ihn verschlingen, wie es die alten Prophezeiungen angekündigt haben, und das Chaos wird Maat ein für alle Mal zerstören. Ihr könnt nicht gewinnen.«
»Du bist ja wahnsinnig«, sagte ich, meine Stimme war viel tiefer als sonst. »Auch du wirst zerstört werden.«
Als ich das gebrochene Licht in seinen Augen sah, wurde mir etwas klar, das mich bis ins Mark erschütterte: Menschikow wollte all das hier ebenso wenig wie wir. Er hatte Schmerz und Verzweiflung so lange in sich hineingefressen, dass Apophis seine Seele verbogen und ihn zum Gefangenen seiner eigenen Hassgefühle gemacht hatte. Wlad Menschikow tat zwar so, als freue er sich diebisch, doch er empfand keinen Triumph. In seinem Inneren war er verängstigt, besiegt und einfach jämmerlich. Er war der Sklave von Apophis. Fast tat er mir leid.
»Wir sind schon tot, Carter Kane«, sagte er. »Dieser Ort war nie für Menschen gedacht. Fühlst du es nicht? Die Macht des Chaos dringt in unsere Körper ein und lässt unsere Seelen welken. Doch ich habe größere Pläne. Ein Gastkörper kann ewig leben, ganz gleich, an welcher Krankheit er leidet, ganz gleich, wie schwer er verletzt ist. Apophis hat bereits meine Stimme geheilt. Bald werde ich wieder ganz gesund sein. Ich werde ewig leben!«
»Ein Gastkörper …« Als ich begriff, was er meinte, hätte ich beinahe die Kontrolle über meine neue Riesengestalt verloren. »Das ist nicht dein Ernst. Menschikow, wir müssen aufhören, bevor es zu spät ist.«
»Und sterben?«, fragte er.
Hinter mir sagte eine neue Stimme: »Es gibt schlimmere Dinge als den Tod, Wladimir.«
Als ich mich umdrehte, sah ich ein zweites Boot auf das Ufer zutreiben – einen kleinen grauen Einer mit einem magischen Ruder, das sich von selbst bewegte. Auf dem Schiffsbug prangte das Horusauge und der einsame Reisende war Michel Desjardins. Das Haar und der Bart des Obersten Vorlesepriesters waren mittlerweile schneeweiß. Aus seinem cremefarbenen Gewand schwebten leuchtende Hieroglyphen und ließen eine Spur göttlicher Worte hinter ihm zurück.
Desjardins trat ans Ufer. »Du spielst mit etwas sehr viel Schlimmerem als dem Tod, mein alter Freund. Bete, dass ich dich umbringe, bevor dein Plan gelingt.«
Von all den merkwürdigen Dingen, die ich in dieser Nacht erlebte, war die Tatsache, dass Desjardins sich in dem Kampf auf unsere Seite schlug, eindeutig das merkwürdigste.
Er schritt zwischen meinem Riesenfalkenkrieger und Sadies Megavogel hindurch, als wären sie das Normalste der Welt, und rammte seinen Zauberstab in die toten Skarabäen.
»Ergib dich, Wladimir.«
Menschikow lachte. »Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel geschaut, mein Lord? Meine Flüche entziehen dir seit Monaten die Kraft und dir ist es nicht mal aufgefallen. Du bist so gut wie tot. Jetzt bin ich der mächtigste Magier der Welt.«
Es stimmte, Desjardins sah tatsächlich nicht gut aus. Sein Gesicht war beinahe so eingefallen und faltig wie das des Sonnengottes. Doch die Hieroglyphenwolke um ihn schien stärker. In seinen Augen brannte dieselbe Entschlossenheit wie vor
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