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Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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einmal meinte ich ein fliegendes Pferd zu erkennen. Möglicherweise verursachten die magischen Schranken der Villa einfach optische Trugbilder, trotzdem war es merkwürdig.
    Ich wandte mich dem einzigen Möbelstück auf dem Balkon zu: meiner Wahrsageschale. Sie sah wie ein Vogelbad aus – einfach eine Bronzeuntertasse auf einem Steinsockel –, trotzdem war sie mein liebstes Zauberutensil. Walt hatte sie kurz nach seiner Ankunft für mich geschmiedet.
    Als ich irgendwann mal erwähnt hatte, dass es nett wäre zu wissen, was in den anderen Nomoi los war, hatte er prompt diese Schale für mich gemacht.
    Ich hatte gesehen, wie die Initianden des Ersten Nomos diese Schalen benutzten, aber es hatte immer kompliziert gewirkt. Zum Glück war Walt ein Experte, was Zauber anbelangte. Als Auto wäre meine Wahrsageschale ein Cadillac mit Servolenkung, Automatikgetriebe und einem Arschwärmer gewesen. Ich brauchte sie nur mit klarem Olivenöl zu füllen und den Befehl zu sprechen. Solange ich mir etwas vorstellen konnte und es nicht durch Magie gesichert war, zeigte mir die Schale alles. Orte, an denen ich nie gewesen war, konnte ich allerdings nur schwer sehen. Menschen oder Orte hingegen, die ich schon mit eigenen Augen gesehen hatte oder die mir viel bedeuteten, waren normalerweise kein Problem.
    Ich hatte schon hundertmal vergeblich nach Zia gesucht. Ich wusste bloß, dass ihr alter Mentor, Iskander, sie in einen magischen Schlaf versetzt, sie irgendwo versteckt und durch einen Uschebti ersetzt hatte. Und ich hatte keine Ahnung, wo sich die richtige Zia befand.
    Ich versuchte etwas Neues. Ich bewegte die Hand über die Untertasse und stellte mir den Ort vor, den der Weputi Roter Sand genannt hatte. Nichts passierte. Aber ich war nie dort gewesen und hatte – außer, dass es dort vermutlich rot und sandig war – auch keinerlei Vorstellung, wie es aussah. Dementsprechend zeigte mir das Öl nur mein Spiegelbild.
    Gut, dann konnte ich Zia eben nicht sehen. Ich versuchte das Nächstbeste. Ich konzentrierte mich auf ihr Geheimzimmer im Ersten Nomos. Ich war zwar nur einmal dort gewesen, aber ich erinnerte mich an jede Einzelheit. Es war der erste Ort gewesen, an dem ich mich Zia nahe gefühlt hatte. Die Öloberfläche kräuselte sich und verwandelte sich in ein magisches Video.
    In dem Raum hatte sich nichts verändert. Auf dem kleinen Tisch brannten noch immer magische Kerzen. An den Wänden hingen Zias Fotos – Bilder vom Dorf ihrer Familie am Nil, von ihrer Mutter und ihrem Vater, von Zia als kleinem Mädchen.
    Zia hatte mir von ihrem Vater erzählt, der ein ägyptisches Relikt ausgegraben und aus Versehen ein Ungeheuer auf ihr Dorf losgelassen hatte. Es kamen Magier, um gegen das Monster zu kämpfen, allerdings erst, als das Dorf komplett zerstört war. Nur Zia hatte überlebt, weil ihre Eltern sie versteckt hatten. Iskander, der frühere Oberste Vorlesepriester, hatte sie in den Ersten Nomos gebracht und sie ausgebildet. Er war wie ein Vater für sie gewesen.
    Dann waren letztes Weihnachten die Götter im British Museum freigesetzt worden. Eine Göttin – Nephthys – hatte Zia als Gastkörper gewählt. Da ein »Gottling« zu sein im Ersten Nomos mit dem Tode bestraft wurde, egal, ob man den Geist eines Gottes aufnehmen wollte oder nicht, hatte Iskander Zia irgendwo hingebracht, wo man sie nicht finden würde. Vermutlich hatte er vorgehabt, sie zurückzuholen, wenn er alles geklärt hatte, doch bevor das geschehen konnte, war er gestorben.
    Die Zia, die ich kannte, war also eine Kopie gewesen, trotzdem war ich überzeugt, dass zwischen dem Uschebti und der richtigen Zia ein Gedankenaustausch stattgefunden hatte. Wo immer die richtige Zia sein mochte, sie würde sich an mich erinnern, wenn sie aufwachte. Sie wüsste, dass wir uns nahe gewesen waren – dass es vielleicht der Anfang einer tollen Beziehung war. Ich konnte nicht akzeptieren, dass ich mich in ein Stück Töpferware verliebt haben sollte. Und ich konnte schon gar nicht akzeptieren, dass es nicht in meiner Macht lag, Zia zu retten.
    Ich konzentrierte mich auf das Bild in der Schale. Ich betrachtete eingehend eine Fotografie, auf der Zia auf den Schultern ihres Vaters ritt. Sie war noch klein, aber man konnte schon erkennen, dass sie später hübsch werden würde. Ihr glänzendes schwarzes Haar war zu einem kurzen Bob geschnitten, so wie zu der Zeit, als ich sie kennengelernt hatte. Ihre Augen hatten die Farbe leuchtenden Bernsteins. Der Fotograf hatte

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