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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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loszuwerden.
    Sadie und ich fuhren mit unserem Sprechgesang fort. Der Schatten der Schlange dampfte, als die Figur wärmer wurde. Goldenes und blaues Licht wirbelte um uns herum, Isis und Horus versuchten, uns so gut wie möglich zu schützen. Schweiß brannte mir in den Augen. Trotz der kalten Luft fühlte ich mich fiebrig.
    Als wir zum wichtigsten Teil des Zauberspruchs kamen – den Feind beim Namen zu nennen –, begann ich das wahre Wesen des Schattens der Schlange zu erahnen. Komisch, wie das funktioniert: Manchmal versteht man Dinge erst in dem Moment, in dem man sie zerstört. Der Schut war mehr als eine Kopie oder ein Spiegelbild, mehr als eine »Sicherheitskopie« der Seele.
    Der Schatten von jemandem verkörpert das, was er hinterlässt, seinen Einfluss auf die Welt. Manche Menschen werfen so gut wie überhaupt keinen Schatten. Einige werfen lange, tiefe Schatten, die Jahrhunderte überdauern. Ich dachte an das, was der Geist Setne gesagt hatte – dass sowohl er als auch ich im Schatten eines berühmten Vaters aufgewachsen waren. Nun wurde mir klar, dass er es nicht nur als Metapher verwendet hatte. Mein Vater warf tatsächlich einen machtvollen Schatten, der sich auf mich und die ganze Welt auswirkte.
    Jemand, der überhaupt keinen Schatten warf, konnte nicht leben. Seine Existenz verlor jede Bedeutung. Apophis durch die Vernichtung seines Schattens zu ächten würde seine Verbindung zur Welt der Sterblichen für immer abschneiden. Er wäre nie wieder in der Lage, sich zu erheben. Endlich verstand ich, warum er um jeden Preis Setnes Schriftrollen hatte vernichten wollen und warum er so große Angst vor diesem Zauber hatte.
    Wir kamen zu den letzten Zeilen. Apophis schüttelte Bes von seinem Giftzahn und der Zwerg segelte im hohen Bogen gegen die Pyramide.
    Die Schlange drehte sich zu uns, als wir die letzten Worte sprachen:
    »Wir verbannen dich an einen Ort jenseits der Leere. Du existierst nicht mehr.«
    »NEIN!«, brüllte Apophis.
    Die Statue flammte auf und zerfiel in unseren Händen. Der Schatten verschwand in einer Dampfwolke und eine explosive Welle aus Dunkelheit riss uns um.
    Alle Spuren der Schlange auf der Erde wurden ausgelöscht – die Kriege, Morde, Wirren und die Anarchie, die Apophis seit Urzeiten verursacht hatte, verloren endlich ihre Macht und warfen nicht länger ihren Schatten auf unsere Zukunft. Die Explosion setzte die Seelen der Toten frei – Tausende von Geistern, die im Schatten des Chaos gefangen und zerstört worden waren. In meinem Kopf flüsterte eine Stimme: Carter , und ich schluchzte vor Erleichterung. Ich konnte sie nicht sehen, aber ich wusste, dass unsere Mutter frei war. Ihre Seele kehrte an ihren Platz in der Duat zurück.
    »Kurzsichtige Sterbliche!« Apophis wand sich und begann zu schrumpfen. »Ihr habt nicht bloß mich umgebracht. Ihr habt die Götter in die Verbannung geschickt!«
    Die Duat stürzte ein, Schicht für Schicht, bis die Ebene von Gizeh wieder eine einzige, zusammenhängende Realität war. Unsere Magierfreunde standen benommen um uns herum. Doch die Götter waren nirgends zu sehen.
    Die Schlange zischte, ihre Schuppen fielen qualmend ab. »Maat und Chaos sind miteinander verbunden, ihr Trottel! Ihr könnt mich nicht verstoßen, ohne gleichzeitig die Götter zu verstoßen. Und was Re anbelangt, er wird in mir sterben und langsam verdaut werden –«
    Als sein Kopf explodierte, wurde ihm das Wort abgeschnitten (im wahrsten Sinne des Wortes). Ja, es war genauso widerlich, wie es klingt. Brennende Reptilienstücke flogen in alle Himmelsrichtungen. Ein Feuerball rollte aus dem Schlangenhals. Der Körper von Apophis zerfiel zu Sand und dampfendem Glibber. Aus den Überresten trat Zia Rashid.
    Ihr Kleid hing in Fetzen herunter. Ihr goldener Zauberstab war wie ein Gabelbein geknickt, aber sie war am Leben.
    Ich rannte auf sie zu. Sie schwankte und fiel völlig erschöpft in meine Arme.
    Plötzlich erhob sich noch jemand aus den qualmenden Überresten von Apophis.
    Re schimmerte wie eine Fata Morgana und stand als muskulöser alter Mann mit goldener Haut, königlichem Gewand und der Krone des Pharaos vor uns. Als er einen Schritt vortrat, kehrte am Himmel das Tageslicht zurück. Es wurde wärmer. Die Risse im Boden schlossen sich.
    Der Sonnengott lächelte zu mir herunter. »Gut gemacht, Carter und Sadie. Ich muss mich nun wie die anderen Götter zurückziehen, aber ich verdanke euch mein Leben.«
    »Zurückziehen?« Meine Stimme klang nicht mehr

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