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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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einen angeblich weisen zweitausend Jahre alten Magier erschien es mir jedenfalls nicht die klügste Idee. Während ihres Dämmerschlafs hatte Zia schreckliche Albträume gehabt, dass ihr Dorf brannte und Apophis die Welt zerstörte. So was kann schon mal fiesen posttraumatischen Stress nach sich ziehen.
    »Du hast gesagt, Amos habe das anfangs geglaubt«, sagte ich. »Dann hat es mit der Geschichte also noch mehr auf sich?«
    Zia warf einen Blick auf den zerschmolzenen Rollstuhl. Das hereinfallende Licht verlieh ihrem Haar die Farbe von rostigem Eisen.
    »Er war hier«, murmelte sie. »Er war ewig hier, eingesperrt.«
    Ich brauchte einen Augenblick, bis ich begriff, was sie meinte. »Du sprichst von Re.«
    »Er war unglücklich und allein«, sagte sie. »Man hat ihn gezwungen, seinen Thron aufzugeben. Als er die Welt der Sterblichen verließ, verlor er seinen Lebenswillen.«
    Ich trat ein qualmendes Gänseblümchen auf dem Teppich aus. »Ich weiß nicht, Zia. Er sah ziemlich glücklich aus, als wir ihn aufweckten, er trällerte und grinste und so.«
    »Nein.« Zia ging zu den Fenstern, als würde sie vom lieblichen Anblick des Schwefels angezogen. »Sein Geist schläft noch immer. Ich habe viel Zeit mit ihm verbracht, Sadie. Ich habe seinen Gesichtsausdruck studiert, während er geschlafen hat. Ich habe ihn wimmern und vor sich hinbrabbeln hören. Dieser alte Körper ist ein Käfig, ein Gefängnis für den wahren Re.«
    Mittlerweile machte ich mir Sorgen um sie. Mit Feuerbällen kam ich klar. Mit zusammenhanglosen Tiraden weniger.
    »Wahrscheinlich ist es ganz normal, dass du Mitleid mit Re hast«, setzte ich an. »Du bist eine Feuerelementalistin. Er ist eine Art Feuergott. Du warst in dieser Grabkammer gefangen. Re in einem Altersheim. Vielleicht hat das gerade deine Blackouts ausgelöst. Dieser Ort hat dich an deine eigene Gefangenschaft erinnert.«
    Richtig – Sadie Kane, Nachwuchspsychologin. Und warum nicht? Ich hatte damals in London ausreichend Zeit damit verbracht, meine durchgeknallten Freundinnen Liz und Emma zu analysieren.
    Zia starrte auf den brennenden See. Ich hatte das ungute Gefühl, dass mein Therapieversuch vielleicht doch nicht so therapeutisch gewirkt hatte.
    »Amos hat versucht, mir zu helfen«, sagte sie. »Er weiß, was ich durchmache. Er hat mich mit einem Zauber belegt, um Ordnung in meine Gedanken zu bringen, aber …« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist nur schlimmer geworden. Heute ist seit Wochen der erste Tag, an dem ich nicht auf Re aufpasse; je mehr Zeit ich mit ihm verbringe, umso wirrer werden meine Gedanken. Wenn ich jetzt Feuer herbeirufe, habe ich Schwierigkeiten, es zu kontrollieren. Selbst bei einfachen Zaubern, die ich seit Jahren praktiziere – ich kanalisiere zu viel Kraft. Wenn das während eines Blackouts passiert …«
    Ich verstand, warum sie so verängstigt klang. Magier müssen aufpassen mit Zaubersprüchen. Wenn wir zu viel Kraft kanalisieren, können wir aus Versehen unsere Reserven aufbrauchen. Dann zapft der Zauberspruch direkt die Lebenskraft des Magiers an – mit unschönen Konsequenzen.
    Sie wird deinen Rat brauchen, hatte Isis gesagt. Sie muss den Weg schnell erlernen.
    Ein unangenehmer Gedanke machte sich in mir breit. Ich erinnerte mich an Res Entzücken beim ersten Treffen mit Zia und daran, wie er ihr seinen letzten Skarabäuskäfer geben wollte. Er hatte unablässig über Zebras geplappert … und vermutlich Zia gemeint. Und nun empfand Zia Mitgefühl mit dem alten Gott und versuchte sogar, das Altersheim abzufackeln, in dem er so lange gefangen gewesen war.
    Das konnte nicht gut sein. Doch wie sollte ich ihr Ratschläge geben, wenn ich keine Ahnung hatte, was da vor sich ging?
    Isis’ Warnungen schwirrten mir durch den Kopf: Der Weg der Götter war die Antwort für alle Kanes. Zia rang mit sich. Amos war noch immer von seiner Zeit mit Seth gezeichnet.
    »Zia …« Ich zögerte. »Du sagtest, Amos wisse, was du gerade durchmachst. Hat er deshalb heute Bastet gebeten, auf Re aufzupassen? Damit du mal von dem Sonnengott wegkommst?«
    »Ich – ich denke ja.«
    Ich versuchte gleichmäßig zu atmen. Dann stellte ich die härtere Frage: »In der Einsatzzentrale hat Amos angedeutet, dass er im Kampf gegen seine Feinde möglicherweise andere Mittel anwenden muss. Er hatte … ähm, er hatte doch keinen Ärger mit Seth, oder?«
    Zia wich meinem Blick aus. »Sadie, ich hab ihm versprochen –«
    »Oh, bei den Göttern Ägyptens! Er ruft Seth um Hilfe

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