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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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fürchte, es war so. Aber drüber können wir uns später noch die Köpfe zerbrechen.«
    Jetzt waren die in der Mitte der unregelmäßigen Reihe vorrückenden Soldaten, die auf dem tückischen Geröll häufig rutschten und stolperten, schon fast an der unteren Grenze des verbrannten Wäldchens. »Sie sind weit genug vor jetzt. Ich nehme den mit dem weißen Helm in der Mitte, Louki.« Und schon vernahm er das leise Kratzen, als die drei Kameraden die Läufe ihrer Maschinenpistolen über und zwischen die schützenden Felsen schoben. Ein Grauen vor dem, was geschehen sollte, durchrann ihn, doch seine Stimme klang ganz ruhig, frei von Erregung und beinah gleichgültig, als er sagte: »Los, geht's ihnen jetzt.«
    Seine letzten Silben gingen bereits im Krachen der rasend schnellen Feuerstöße unter. Mit ihren vier automatischen Waffen – zwei Bren und zwei 9-mm-Schmeisser – war es, wie er gesagt hatte, kein Krieg, sondern ein gnadenloses Massaker, in dem die schutzlosen Gestalten unten am Hang, die noch stur vorgingen, ohne zu begreifen, was geschah, wie Marionetten in den Händen eines irrsinnigen Puppenspielers jäh aufzuckten oder sich im Kreis drehten und niederbrachen. Einige blieben liegen, wo sie stürzten, andere rollten den steilen Hang hinab, wobei ihre Arme und Beine in Todeszuckungen grotesk verrenkt um sich droschen. Nur zwei standen still aufrecht, wo die Kugeln sie trafen – in ihren schon toten Gesichtern spiegelten sich Staunen und Ratlosigkeit, ehe sie schlaff auf den steinigen Boden sanken. Fast drei Sekunden waren vergangen, bis die wenigen Überlebenden – zu beiden Seiten nicht weit vom Ende der Kette, wo die konvergierenden Feuerstöße sich noch nicht trafen – begriffen hatten, was geschehen war, und sich verzweifelt niederwarfen, nach Deckung spähend, die es nicht gab.
    Das frenetische Geknatter aller Maschinenpistolen verstummte jäh im gleichen Moment, wie von einer Guillotine abgehackt. Das plötzliche Schweigen war seltsam bedrückend, es schien lauter und aufdringlicher als das Lärmen vorher. Die kiesige Erde unter seinen Ellbogen kratzte hart, als Mallory sich etwas anders hinsetzte und die beiden Männer zu seiner Rechten anblickte. Andrea mit dem jetzt völlig ausdruckslosen Gesicht, und Louki, dessen Augen von Tränen naß glänzten. Dann drehte er sich wieder nach links, weil er da ein Gemurmel vernahm. Mit wütend verzerrtem Mund fluchte der Amerikaner leise, aber pausenlos, ohne den Schmerz zu spüren, als er mit der Faust immerfort in den Kies vor sich hieb.
    »Nur noch einen, Gott.« Es klang fast wie ein Gebet. »Mehr erbitte ich nicht. Nur noch einen.«
    Mallory berührte ihn am Arm. »Was haben Sie denn, Dusty?«
    Miller blickte sich nach ihm um, seine Augen waren kalt, starr, sie schienen ihn nicht zu kennen, dann blinzelten sie ein paarmal und Miller griente, während er mit der von Schnitten und Schrammen bedeckten Hand nach seinen Zigaretten griff.
    »Bloß geträumt mit offenen Augen, Boß«, sagte er gemütlich. »Nur geträumt.« Er schüttelte die Zigaretten in der Packung, um sie zu lockern. »Eine gefällig?«
    »Dieser unmenschliche Kerl, der die armen Teufel hier den Berg 'raufgejagt hat«, sagte Mallory ohne Leidenschaft, »wäre doch ein herrliches Bild, den im Visier zu haben, nicht wahr?«
    Millers Lächeln erlosch sofort. Er nickte. »Das kann man wohl behaupten«, sagte er, spähte schnell um einen der Felsblöcke und ließ sich wieder zurückrutschen. »Acht von denen, vielleicht zehn, sind noch da unten, Boß«, meldete er. »Die armen Burschen sind wie die Strauße – versuchen sich hinter Steinen zu decken, die nicht größer sind als 'ne Apfelsine … Wollen wir die verschonen?«
    »Wir wollen sie verschonen, ja«, gab Mallory mit Nachdruck zurück. Der Gedanke, noch mehr Menschen niederzumähen, machte ihn fast körperlich krank. »Die probieren's nicht zum zweitenmal.« Kaum hatte er das gesagt, da warf er sich flach auf den Boden, instinktiv: die Kugeln einer MP-Salve knallten gegen die Felswand über ihren Köpfen und pfiffen als Abpraller tückisch durch die Schlucht.
    »Probieren's nicht noch mal, wie?« Miller schob bereits wieder seine MP vor sich um den Felsen, doch Mallory ergriff seinen Arm und zog ihn zurück.
    »Sind's die? Horch!« Wieder ein Feuerstoß, und noch einer, und jetzt konnten sie das wütende Geknatter eines MG hören, rhythmisch unterbrochen von unheimlichen Lauten, die wie Seufzer klangen, wenn der Gurt durch den

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