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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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erkannt. Sie müssen euch genau kennen, denn ihr seid doch wohl fast jeden Abend hier, nicht wahr?«
    Der Jüngling nickte.
    »Also verschwindet. Vielen Dank für eure gute Absicht.«
    Eine Minute später, in dem durch eine Kerze matt beleuchteten Keller, stieß Mallory den neben ihm stehenden Soldaten an – der von den vieren ihm in Größe und Figur am ähnlichsten war. »Ziehen Sie Ihr Zeug aus«, befahl er ihm.
    »Englisches Schwein!« zischte der Deutsche.
    »Nicht englisch«, protestierte Mallory. »Dreißig Sekunden Zeit, Rock und Hosen auszuziehen.«
    Der Soldat beschimpfte ihn weiter mit gemeinen Ausdrücken, machte aber keine Miene, zu gehorchen. Miller seufzte. Der Deutsche hatte Courage, aber es verging zuviel Zeit. Er zielte sorgfältig und drückte ab. Wieder dieses weiche »Flupp«, und schon stierte der Soldat blöde auf ein Schußloch in seiner linken Handwurzel.
    »Dürfen doch die hübschen Uniformen nicht besudeln, nicht wahr?« fragte Miller in gemütlichem Ton, hob aber dabei den Revolver so hoch, daß der Soldat direkt in die Mündung blickte. »Der nächste geht zwischen die Augen.« An Millers Ernst war auch bei der phlegmatischen Breite, mit der er das sagte, nicht zu zweifeln. »Ich könnte dich, glaube ich, ziemlich fix ausziehen, Jungchen.« Doch jetzt hatte der Soldat schon begonnen, sich die Uniform abzustreifen, wobei er vor Wut und Schmerzen schluchzte.
    Nach knapp weiteren fünf Minuten schloß Mallory, wie Miller in deutscher Uniform, die Vordertür der Taverne auf und blickte vorsichtig hinaus. Der Regen schien noch stärker geworden zu sein, kein Mensch war in Sicht. Er winkte Miller, ihm zu folgen und schloß hinter ihm die Tür ab. Nebeneinander gingen sie die Mitte der Straße hinauf, ohne nach Schatten oder sonstigem Schutz zu suchen. Schon nach fünfzig Metern hatten sie den Marktplatz erreicht, wandten sich an der Südseite nach rechts, gingen dann, links abbiegend, die Ostseite hinauf und blieben auch nicht stehen, als sie an dem alten Hause, ihrem früheren Versteck, vorbeikamen und aus einer nur wenig geöffneten Tür geheimnisvoll Loukis Hand erschien, an der zwei deutsche Militärrucksäcke hingen, schwer gefüllt mit Seilen, Zündern, Drähten und Sprengstoff. Ein paar Meter weiter machten sie halt, krochen hinter zwei riesige Weinfässer vor einem Friseurladen und betrachteten, während sie sich die Rucksäcke zuschnallten und auf ihr »Stichwort« warteten, aufmerksam die zwei bewaffneten Posten, die, kaum dreißig Meter von ihnen, im Bogen des Tores standen.
    Nur Momente brauchten sie zu warten – es war alles fast auf Sekunden berechnet. Mallory war noch mit seinem Rucksackriemen beschäftigt, als mehrere Explosionen das Zentrum des Städtchens erschütterten, gefolgt vom bösartigen Rattern eines Maschinengewehrs und weiteren Explosionen. Andrea machte seine Sache großartig mit den Handgranaten und den selbst hergestellten Bomben.
    Plötzlich wichen beide Männer unwillkürlich zurück; da von einer Plattform hoch über dem Festungstor der breite weiße Strahl eines Scheinwerfers parallel zum Mauerrand nach Osten schoß, so daß jede einzelne der gebogenen Eisenspitzen und alle Stacheldrahtstränge deutlich wie bei Sonnenschein zu sehen waren. Mallory und Miller wechselten mit harten Gesichtern einen flüchtigen Blick. Panayis hatte nichts vergessen: sie wären in diesem Stacheldraht wie die Fliegen an der Leimtüre hängengeblieben, von den MG in Fetzen geschossen.
    Mallory wartete noch eine halbe Minute, dann tippte er Miller auf den Arm, erhob sich und begann, den langen Bambusstab mit dem Haken dicht an die Seite gepreßt, wie ein Wilder über den Platz zu rennen, der Amerikaner ebenso schnell hinter ihm. In wenigen Sekunden waren sie am Festungstor, wo ihnen die erschrockenen Posten die letzten paar Schritte entgegenliefen.
    »Alle Mann zur ›Straße der Stufen‹!« schrie Mallory. »Die verfluchten englischen Saboteure sitzen dort in einem Haus wie in der Falle! Wir müssen ein paar Mörser haben! Los, Mann, schnell, zum Teufel!«
    »Aber das Tor!« protestierte der eine Posten. »Wir dürfen das Tor nicht verlassen!« Er hatte nicht den geringsten Argwohn. Unter diesen Umständen – im Dunkeln, bei dem strömenden Regen und der unverkennbaren Tatsache, daß in der Nähe ein Feuergefecht im Gange war und dieser Soldat in deutscher Uniform einwandfreies Deutsch sprach – wären Zweifel merkwürdig gewesen.
    »Idiot!« kreischte Mallory ihn an.

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