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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Felsgestein verankerte Leiter führte in das Gewölbe hinab. Beiderseits der Leiter sah er Aufzugsschächte ohne Seitenwände, in deren Mitte geölte Drahtseile glänzten, und an jeder Kante glattgescheuerte Metallschienen als Führung für die gefederten Transporträder des Aufzugs. Eine ganz simple, aber praktische Einrichtung, ihr Zweck unverkennbar: die Munitionsaufzüge für die Granaten der großen Kanonen.
    Mallory ließ, sobald er unten auf festem Boden stand, den Strahl seiner Lampe in einem Halbkreis wandern. Er befand sich hier am äußersten Ende des riesigen Gewölbes, unter dem Standort der großen Kanonen, die, vom Felsendach geschützt, den ganzen Hafen beherrschten. Es war nicht das »natürliche« Ende, wie er auf einen Blick erkannte, sondern von Menschen gemacht: der vulkanische Fels war hier ausgesprengt und abgebohrt. Zu sehen war hier nichts außer den beiden Schächten, die in die schwarze Finsternis führten, und eine stählerne Leiter nach unten. ›Das Magazin hat noch Zeit‹, sagte sich Mallory. Zunächst hieß es, feststellen, ob hier unten noch Posten waren, und zweitens: wie sie im Notfall wieder herauskommen konnten – das waren die beiden wichtigsten Fragen.
    Rasch lief er durch den Tunnel, indem er die Lampe wiederholt an- und ausknipste. Die Deutschen verstanden sich meisterhaft auf das Anbringen getarnter Sprengkörper, wenn sie wichtige Einrichtungen zu schützen hatten, aber in diesem Tunnel brauchte er damit wohl kaum zu rechnen, denn hier lagerten ja viele Tonnen hochexplosiver Sprengstoffe.
    Der Tunnel, mit tropfenden Wänden und einem mit Planken belegten Fußboden, war ungefähr zwei Meter hoch und etwas breiter, doch der freie Durchgang in der Mitte sehr schmal, da zu beiden Seiten Transportbänder für die schweren Granaten und Kartuschen liefen.
    Plötzlich sah er diese Transportbänder scharf nach links und rechts abbiegen, steil stiegen die Tunnelwände empor bis zu dem nicht ganz so dunklen gewölbten Felsdach, und dicht vor ihm fing sich ein Glänzen polierten Stahls im Schein seiner Lampe: zwei in den Fels gebettete Schienenstränge, die in sechs Meter Abstand parallel in den weiten Schlund der Geschützhöhle liefen. Und kurz bevor er die Lampe abschaltete – vom Suchkommando auf dem Teufelsspielplatz zurückkehrende Soldaten hätten vielleicht diesen kleinen Lichtpunkt in der Finsternis entdecken können – sah er noch flüchtig die Drehscheiben am Ende der glimmenden Schienen, und über ihnen, geduckt wie Raubtiere aus der Urwelt, die Silhouetten der mächtigen, drohenden zwei Riesenkanonen von Navarone …
    Stablampe und Revolver lose in den Händen, ging Mallory, der in den Fingerspitzen ein merkwürdiges Kitzeln spürte, langsam weiter. Langsam, doch nicht schleichend wie einer, der in höchster Spannung jeden Moment ein Malheur erwartet – denn er war fast überzeugt, daß sich in dem Gewölbe kein Posten aufhielt –, und doch bewegte er sich so sonderbar langsam wie ein Mensch im Traum, der noch nicht ganz glauben kann, daß er erreicht hat, was er vorher nie für möglich gehalten hätte, und sich endlich dem gefürchteten, aber lange gesuchten Feind von Angesicht zu Angesicht gegenüber sieht.
    ›Endlich bin ich hier‹, sprach er sich im stillen immer wieder vor, ›endlich. Ich habe es geschafft, und dort sind die Kanonen, die zu zerstören ich herkam: die großen Kanonen von Navarone, und ich bin wirklich jetzt hier.‹ Und noch immer vermochte er es nicht ganz zu begreifen …
    Langsam näherte er sich den Kanonen, schritt halb um die Drehscheibe bei dem Geschütz zu seiner Linken, und untersuchte es, so gut das in der Düsternis möglich war. Allein die Größe, der ungeheure Umfang und die Länge des weit ins Nachtdunkel reichenden Rohres machten ihn stutzig. Die Experten hatten doch erklärt, die Geschütze hätten höchstens 23 Zentimeter Kaliber. Vielleicht schienen sie ihm in der Enge des Gewölbes übertrieben groß? Aber nein – er täuschte sich nicht: 30 Zentimeter hatte diese Kanone mindestens – die größte, die er bisher gesehen hatte. Du lieber Himmel – eine gigantische Waffe! Die Narren, diese blinden, wahnsinnigen Toren, die den Zerstörer Sybaris gegen diese Kanonen gehetzt hatten …
    Seine Gedanken rissen jäh ab. Er stand ganz still. Eine Hand an der mächtigen Lafette, versuchte er, sich zu erinnern, was für ein Geräusch ihn eben im Grübeln gestört hatte. Er schloß die Augen, um schärfer zu hören, doch

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