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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Englisch?« wiederholte Mallory unnachgiebig.
    »Ängliesch? Ängliesch?« Schultern und offene Handflächen hoben sich, das uralte Zeichen des Nichtverstehens. »Ka Ängliesch.«
    »Er behauptet kein Englisch zu können«, sagte Miller gedehnt.
    »Kann sein, kann auch nicht sein«, gab Mallory gelassen zurück. »Wir wissen nur, daß er gehorcht hat und können kein Risiko eingehen. Es stehen zu viele Menschenleben auf dem Spiel.« Seine Stimme wurde plötzlich hart, die Augen blickten mitleidlos. »Andrea!«
    »Herr Hauptmann?«
    »Du hast das Messer. Erledige es glatt und schnell. Zwischen die Schulterblätter.«
    Stevens stieß einen Schreckensruf aus und sprang so rasch vom Stuhl, daß er krachend umfiel. »Lieber Gott, Sir, Sie können doch nicht –«
    Er hielt inne und starrte verblüfft auf den Gefangenen, der wie ein Geschoß mit einem Satz durch den Raum sprang, bis in die äußerste Ecke, wo er zusammengeduckt liegenblieb, einen Arm zur Abwehr über den Kopf gebogen, sein ganzes Gesicht ein Bild sinnloser, nackter Angst. Langsam wandte Stevens den Blick ab, sah das triumphierende Lächeln Andreas, sah, wie in Browns und Millers Gesicht die Erkenntnis dämmerte, und kam sich auf einmal erzdumm vor. Bezeichnend war, daß Miller zuerst wieder sprach. »Wääl, wääl, da hat man's. Vielleicht kann er doch ein bißchen Ängliesch, wie?«
    »Ja, vielleicht«, gab Mallory zu. »Niemand wird sein Ohr zehn Minuten an ein Schlüsselloch drücken, wenn er von dem, was gesprochen wird, kein Wort verstehen kann … Brown, rufen Sie doch bitte mal Matthews herein.«
    Wenige Sekunden später erschien der Posten in der Tür.
    »Würden Sie Hauptmann Briggs holen, Matthews?« sagte Mallory. »Bitte sofort.«
    Der Soldat zögerte. »Hauptmann Briggs hat sich schlafen gelegt, Sir. Er hat strengen Befehl gegeben, ihn nicht zu stören.«
    »Mein Herz blutet für Hauptmann Briggs und seinen unterbrochenen Schlummer«, sagte Mallory grob. »Er hat an einem Tag mehr Schlaf gehabt als ich in der ganzen letzten Woche.« Er schaute auf die Uhr, seine dicken Brauen verbanden sich zu einer geraden Linie über den ermüdeten braunen Augen. »Wir haben keine Zeit zu verschwenden. Holen Sie ihn sofort her! Verstanden? Sofort!«
    Matthews salutierte und eilte davon. Miller räusperte sich laut und schnalzte betrübt mit der Zunge. »Diese Hotels sind doch alle gleich. Was hier so gespielt wird, einfach nicht zu glauben! Fällt mir ein, wie ich mal auf einem Kongreß in Cincinnati war –«
    Mallory schüttelte müde den Kopf. »Hotels sind wohl Ihre fixe Idee, Korporal. Wir befinden uns hier in militärischen Bezirken, und zwar im Quartier von Armeeoffizieren.«
    Miller schien noch etwas sagen zu wollen, zog es aber vor, zu schweigen. Er besaß gute Menschenkenntnis und wußte sehr wohl, mit wem man Ulk treiben konnte und mit wem nicht. Ein beinah hoffnungsloses Unternehmen, das sie vorhatten, überlegte er ruhig. So wichtig es sein mochte – er hielt es für Selbstmord, doch allmählich verstand er, weshalb dieser zähe, sonnverbrannte Neuseeländer als Führer ihrer Gruppe auserkoren war.
    Die nächsten fünf Minuten blieben sie stumm sitzen, doch als die Tür aufging, schauten sie alle hoch. Hauptmann Briggs erschien ohne Mütze und trug anstelle von Kragen und Krawatte einen weißen seidenen Schal um den Hals, der sein aufgedunsenes rotes Gesicht und den geröteten Hals sonderbar scharf abhob. Der rote Kopf war Mallory schon aufgefallen, als er ihn das erstemal im Büro beim Obersten betrachtet hatte. Kam gewiß von zu hohem Blutdruck und noch mehr vom üppigen Leben. Aber das tiefere, ins Violette spielende Rot, das ihm jetzt auffiel, sprach vermutlich von seiner hier wenig angebrachten »gerechten Entrüstung«. Ein Blick in die cholerischen Augen, die wie glänzende hellblaue Krabben in einem zinnoberroten See zu schwimmen schienen, genügten durchaus als Bestätigung.
    »Ich finde, das geht denn doch zu weit, Hauptmann Mallory!« Die Stimme klang beinah schrill vor Zorn, der näselnde Ton noch markanter als sonst. »Ich bin schließlich nicht die Ordonnanz. Habe einen verdammt schweren Tag hinter mir und –«
    »Sparen Sie das für Ihre Biographie auf«, sagte Mallory brüsk, »und schauen Sie sich mal die Type da in der Ecke an.«
    Briggs wurde noch röter im Gesicht. Er trat, ergrimmt die Fäuste ballend, in den Raum, blieb aber gleich wie angewurzelt stehen, als sein Blick auf die zerzauste, noch ganz in die Ecke

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