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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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ich werden Ihnen helfen, so gut Landratten das können.«
    Zwei Stunden später, als der Motor noch nicht repariert war, befanden sie sich ein gutes Stück außerhalb der Hoheitsgewässer und hielten auf eine große, ungefähr acht Meilen westnordwestlich von ihnen liegende Insel zu. Der jetzt drückend warme Wind hatte gekrimpt: er kam nun von Osten, aus dunklen Gewitterwolken, und nur mit Lugger und Klüver am Fockmast – andere Segel hatten sie nicht gefunden – kamen sie kaum vorwärts. Mallory hatte sich entschlossen, die Insel anzusteuern, weil sie dort viel weniger der Beobachtung ausgesetzt waren als auf offener See. Besorgt blickte er auf seine Uhr, dann starrte er mißmutig nach dem immer weiter zurückweichenden türkischen Ufer, das Sicherheit bot. Auf einmal reckte er sich und spähte scharf nach dem dunklen Strich, den der Horizont im Osten bildete. »Andrea!« rief er. »Siehst du da –?«
    »Ich sehe es, Hauptmann.« Andrea stand schon dicht neben ihm. »Kajike. Entfernung drei Meilen. Kommt genau auf uns zu«, ergänzte er leise.
    »Kommt genau auf uns zu«, wiederholte Mallory schicksalsergeben. »Sag' es Miller und Brown und laß sie herkommen.«
    Er vergeudete keine Zeit, als sie alle beisammen standen. »Die werden uns stoppen und durchsuchen«, sagte er schnell. »Wenn ich nicht irre, ist das die große Kajike, die heute früh schon an uns vorbeipreschte. Weiß der Himmel, wie, aber sie müssen einen Hinweis bekommen haben und werden äußerst mißtrauisch sein. Es wird keine gemütliche Inspektion, mit Händen in der Tasche, denn die kommen bis an die Zähne bewaffnet und nehmen ihre Sache todernst. Halbe Maßnahmen gibt's hier nicht, darüber müssen wir uns klar sein. Entweder die gehen zugrunde oder wir, denn eine Untersuchung würden wir nicht überleben – mit dem Zeugs, das wir an Bord haben. Und«, fügte er leise hinzu, »die Sachen werfen wir nicht über Bord.«
    Schnell erklärte er seine Pläne. Stevens, der sich aus dem Fenster des Ruderhauses beugte, fühlte wieder den alten elenden Schmerz im Magen und spürte, wie sein Gesicht blutleer wurde. Er war froh, daß der untere Teil seines Körpers vom Ruderhaus verdeckt war, denn das nur zu bekannte Zittern im Bein hatte wieder begonnen. Sogar seine Stimme war unsicher.
    »Aber, Sir – Sir –«
    »Jaja, was ist denn, Stevens?« Trotz seiner Hast nahm sich Mallory die Zeit, das blasse, verkniffene Gesicht und die bleichen Nägel an den um das Fenstersims gekrallten Fingern zu betrachten.
    »Sie – nein, das können Sie nicht tun, Sir.« Stevens' Stimme klang ganz heiser, die Spannung seiner Nerven zitterte durch. Einen Moment bewegte sein Mund sich stumm, dann ergänzte er in krankhafter Hast: »Das wäre ein Massaker, Sir – das ist – ist glatter Mord!«
    »Klappe gehalten, Jungchen!« knurrte Miller.
    »Lassen Sie das, Korporal!« sagte Mallory scharf. Er blickte den Amerikaner lange an, dann wandte er sich mit kaltem Blick an Stevens. »Leutnant, der ganze Begriff erfolgreicher Kriegführung besteht darin, den Feind in ungünstiger Lage zu überraschen und schneller handeln zu können als er. Wir töten die Gegner, oder sie töten uns. Entweder gehen die unter, oder wir – und tausend Soldaten auf Kheros. So einfach liegt die Sache, Leutnant, sie berührt nicht einmal unser Gewissen.«
    Mehrere Sekunden starrte Stevens ihn schweigend an. Er hatte das Gefühl, daß aller Augen auf ihm ruhten. In diesem Moment haßte er Mallory und hätte ihn töten können. Haßte ihn, weil – plötzlich ward ihm bewußt, daß er ihn nur haßte, weil er so erbarmungslos logisch gesprochen hatte. Er blickte seine geballten Fäuste an. Mallory, in England vor dem Krieg das Idol aller jungen Bergsteiger, von dessen phantastischen Kletterleistungen die Weltpresse 1938 und 1939 in sensationeller Aufmachung berichtete – Mallory, der zweimal nur durch ganz abscheuliches Pech gehindert worden war, Rommel in seinem Hauptquartier in der Wüste zu überraschen – Mallory, der dreimal seine Beförderung abgelehnt hatte, um zwischen seinen geliebten Kretern bleiben zu können, die ihn fast wie einen Gott verehrten … Verworren ging ihm alles das durch den Kopf, und langsam hob er wieder den Blick, betrachtete das hagere, gebräunte Gesicht, den feingeschnittenen sensiblen Mund, die dicken dunklen Brauen, die in einer Linie über den braunen Augen lagen, den Augen, die so kalt und auch so mitfühlend sein konnten. Und auf einmal

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