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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Hütten nur während des Sommers.« Er entsicherte seinen 11,5-mm-Colt und schlich langsam, halb kriechend, auf die Hüttenwand zu, Miller ganz dicht neben ihm. Sie erreichten die Hütte und legten die Ohren an die dünne, mit Teerpappe verkleidete Wand. Zehn Sekunden, zwanzig, eine halbe Minute, dann atmete Mallory auf.
    »Keiner zu Hause. Wenn aber wer da ist, verhält er sich mächtig still. Nur nicht unvorsichtig sein, Dusty. Sie gehen da herum, ich hier. Treffen uns an der Tür, die wird drüben sein, nach dem Tal zu. Um die Ecken in weitem Bogen – das verblüfft unaufmerksame Leute immer.«
    Nach einer Minute waren sie beide in der Hütte und hatten die Tür hinter sich geschlossen. Mallory untersuchte mit abgeblendeter Taschenlampe den Raum bis in den kleinsten Winkel. Er war fast leer: nackter Erdboden, ein plumpes, hölzernes Bett, ein klappriger Ofen, auf dem eine verrostete Laterne stand, das war alles. Kein Tisch, kein Stuhl, kein Ofenrohr, nicht einmal ein Fenster.
    Mallory trat an den Ofen, nahm die Laterne und beroch sie. »Seit Wochen nicht benutzt, trotzdem noch voll Petroleum. Sehr nützlich in unserem elenden Verlies da oben – wenn wir das jemals wiederfinden.«
    Jäh erstarrte er und lauschte unbeweglich, ins Leere blickend, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt. Ganz sanft stellte er die Laterne wieder hin und ging gemächlich zu Miller. »Erinnern Sie mich später mal, daß ich mich bei Ihnen entschuldigen muß«, murmelte er. »Wir haben Gesellschaft. Geben Sie mir Ihren Revolver und reden Sie immer weiter.«
    »Wie in Castelrosso!« beklagte sich Miller laut. Er hatte mit keiner Wimper gezuckt. »Das wird entschieden eintönig. Ein Chinese – ich wette, diesmal ist's ein Chinese.« Aber er redete jetzt mit sich allein, denn Mallory wanderte schon, den Revolver in Hüfthöhe haltend, in etwa einem Meter Abstand draußen um die Hütte. Als er gerade um die dritte Ecke gehen wollte, sah er aus dem Augenwinkel, wie eine undeutliche Gestalt sich hinter ihm rasch vom Boden erhob und mit hochgerecktem Arm nach ihm ausholte. Schnell wich er unter dem Hieb nach vorn aus, warf sich herum und stieß die geballte Faust mit aller Wucht, Knöchel nach oben, dem Angreifer in den Magen. Ein lautes Keuchen, als der Mann zusammenknickte, ein Stöhnen, dann sank er still zu Boden, so schnell, daß Mallory den Schlag, den er ihm mit dem Kolben des Revolvers versetzen wollte, eben noch aufhalten konnte.
    Sogleich hatte er die Waffe wieder umgedreht und blickte, sie fest umklammernd, auf die am Boden liegende Gestalt, auf den primitiven hölzernen Knüppel, den der Mann noch in seiner behandschuhten Rechten hielt, und den unmilitärisch wirkenden Tornister, den er auf dem Rücken trug. Den Revolver noch auf den Liegenden gerichtet, wartete er, denn daß der Mann so leicht zusammengebrochen war, schien ihm zu verdächtig. Nach einer halben Minute hatte der sich noch nicht gerührt. Mallory trat einen kurzen Schritt vorwärts und stieß ihn, sorgfältig zielend und nicht gerade sanft, mit dem Fuß außen gegen das rechte Knie. Es war ein alter Trick, der, soviel er wußte, eigentlich nie versagte: der Schmerz war kurz, aber sehr heftig. Doch der Unbekannte bewegte sich nicht und gab keinen Laut.
    Schnell bückte sich Mallory, hakte die Linke durch die Schulterriemen des Tornisters, reckte sich und ging, seinen Gefangenen halb tragend, halb ziehend, zur Tür. Und die Last war leicht. Mitleidig dachte er daran, daß auf dieser Insel, die im Verhältnis zu ihrer Größe eine viel stärkere Besatzung hatte als Kreta, die Bevölkerung gewiß viel weniger zu essen hatte. Es mußte tatsächlich sehr wenig sein. Er wünschte, den Mann nicht so hart geschlagen zu haben.
    Miller kam ihm an der offenen Tür entgegen, bückte sich, ergriff den Bewußtlosen, ohne etwas zu sagen, bei den Fußknöcheln und half Mallory, ihn auf das Bett im hinteren Winkel der Hütte zu packen.
    »Fein gemacht, Boß«, lobte er Mallory. »Hab' überhaupt nichts gehört. Wer ist dieser Schwergewichtsmeister?«
    »Keine Ahnung.« Mallory schüttelte den Kopf. »Bloß Haut und Knochen, weiter nichts. Bloß Haut und Knochen. Schließen Sie die Tür, Dusty, dann wollen wir uns den Fang genauer ansehen.«

8. KAPITEL
    Dienstag 19.00 bis 00.15 Uhr
    Eine Minute verstrich, da rührte sich der kleine Mann und richtete sich stöhnend zum Sitzen auf. Mallory faßte ihn stützend am Arm. Seinen matt herabhängenden Kopf schüttelnd, kniff der Fremde die

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