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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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paar Leute abgestellt, die bei allen Lokalterminen mit dabei waren und auch bei der Ausarbeitung des Sicherheitsdispositivs mitreden durften, aber Illusionen machte sich Klausen nicht. Selbstverständlich erkundeten die Deutschen das Terrain zusätzlich und auf eigene Faust. Das war zwar nicht legal, aber deutsch, und im Übrigen war es ihm recht so. Die Schweiz war ein sauberes und sicheres Land, doch dass ein deutscher Minister in den Appenzeller Alpen stolpert und sich ein Bein bricht, war trotzdem nicht ganz auszuschliessen. Für alle Eventualitäten war vorgesorgt.
    Schliesslich überlegte sich Klausen noch, ob er Dominik Klug über den Anlass informieren musste, den Direktor der Schweizer Seilbahnen.

D ie Atmosphäre war frostig. Aussenminister Jeremias Schiller hatte sich mit Vinzenz Glock kurzfristig auf ein Treffen mit dem Chef der Linken, Baptist de la Mare, verständigt, was gewisse Heimlichkeiten nötig machte, die ihm zuwider waren. »Kindergarten«, hatte Glock gesagt, als Schiller einen Treffpunkt vorschlug, demeinerseits eine gewisse Symbolik nicht abzusprechen war, der aber andererseits, und das im Wortsinn, unterirdisch war. De la Mare hatte durchblicken lassen, dass er an diesem Tag von Berlin nach Saarbrücken zu reisen gedachte, und zwar nicht mit einem Privatjet, sondern mit der Deutschen Bahn. Glock nahm den Ball sofort auf. »Treffpunkt Schliessfächer«, sagte er, »weil kein Mensch weiss, dass es im neuen Berliner Hauptbahnhof überhaupt Schliessfächer gibt.« So war es. Die Architekten des Prachtbaues hatten die Schliessfächer vergessen, sie mussten nachträglich eingebaut werden. Und weil es anderswo keinen Platz dafür gab, aus technischen oder ästhetischen Gründen, wurden die Schliessfächer ins unterste Geschoss verlegt, erreichbar nur über lange Marschwege.
    Schiller wartete vor lauter geöffneten Schliessfächern, kein Kunde weit und breit, und etwas überrascht war er schon, als Glock und de la Mare schliesslich gemeinsam und fröhlich plaudernd eintrafen.
    »Keine Vorreden«, sagte Glock, »Baptist muss in exakt zwanzig Minuten auf seinen Zug, wobei er es angesichts der notorischen Verspätungen der Deutschen Bahn ganz so exakt nicht nehmen müsste. Trotzdem komme ich gleich auf den Punkt, Baptist: Es wäre für uns Sozialdemokraten sehr hilfreich, wenn du in Hessen Einfluss nehmen würdest.«
    »Worauf?«, fragte Baptist.
    »Darauf, dass es nicht bei der geplanten Tolerierung durch die Linke bleibt. Rot-Grün, toleriert von den Linken, das können wir nicht ändern, das hat sich Frau Extraphon so in den Kopf gesetzt. Aber wennschon, dennschon, Baptist. Und darum: Machen wir eine Koalition und nicht dieses Tolerierungstheater.«
    »Pils sieht darin kein Theater«, sagte de la Mare.
    »Baptist, du weisst genau, worum es geht. Ohne verbindliche Abmachungen zwischen der SPD und deiner Linken läuft nichts, auch keine Tolerierung. Und darum, wennschon, dennschon.«
    »Mein Einfluss darauf ist exakt so begrenzt wie deiner, Glock. Auch bei uns entscheidet das nicht die Elite in Berlin, sondern es entscheiden die Genossinnen und Genossen in Hessen.«
    »Direkte Frage, Baptist: Willst du, persönlich, koalieren?«
    »Direkte Antwort, Glock: nein. Die Linke hat Zeit. Und in dieser Zeit, bis zur Bundestagswahl, werden wir weiter Druck aufbauen. Also, wir helfen der SPD, aber ein Team sind wir noch nicht. So weit sind wir noch nicht.«
    »Sture Haltung, Baptist.«
    »Konsequenz ist vielleicht im Politgeschäft nicht immer eine Tugend, Glock, aber würde ich bei der SPD eine grundsätzliche Anstrengung sehen, sich gegenüber der Linken endlich konsequent zu verhalten und also auf Verleumdungen nicht zuletzt gegenüber meiner Person zu verzichten – dann könnten wir reden, worüber du gern reden möchtest. Für dieses Gespräch aber fehlt das Vertrauen. Und die fairen Bedingungen.«
    »Mit apodiktischen Aussagen kommen wir, glaube ich, nicht weiter«, sagte Schiller, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, wie er argumentieren sollte. »Zusagen unsererseits, auf die du möglicherweise wartest, können wir dir natürlich nicht geben. Aber allein die Tatsache, dass wir drei jetzt hier stehen, ist so gesehen eine passende Zustandsbeschreibung: eine menschenleere Halle mit leeren, aber geöffneten Schliessfächern. Baptist, lass uns in Hessen einen Anfang machen. Und du bist Profi genug, um zu wissen, dass es darüber hinaus keinerlei Versprechungen geben kann.«
    De la Mare lächelte

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