Die Kanzlerin - Roman
loggte er sich ein.
»Ein sehr verlockendes Angebot, Controller, aber es bringt mich erst einmal zum Schweigen. Nun sitze ich schon wieder in meinem Saft und muss wohl noch eine weitere Runde einlegen, bevor ich wieder ins Bett gehe. Welche Frau möchte nicht reich, verwöhnt und gut gevögelt sein? Meine Nippel sind hart, du machst es saumässig gut. Saftig und ehrlich: Mein Körper schreit danach, dein Angebot anzunehmen. Wild vögeln, uns befriedigen, Wollust pur. Aber mein Kopf schaltet sich ein. Kann ich dir trauen? Hältst du dein Wort?«
»Fickfrau Male, danke für die ehrliche Antwort. Morgen mehr von deinem Controller.«
P ierre Haxer schüttelte den Kopf. »Die Idee, so reizvoll sie Ihnen auch erscheinen mag, Frau Kanzlerin, wird Umstände machen.«
»Unter welchen Umständen ich als Kanzlerin Umstände mache,das entscheide immer noch ich, Herr Haxer. Würde ich Umstände immer vermeiden wollen, die von anderen möglicherweise als solche wahrgenommen werden, dann wäre ich eine miserable Regierungschefin. Und überdies, Herr Haxer, Umstände macht man in aller Regel nicht, sondern man öffnet eine Tür oder geht auf die Strasse oder legt sich beschwipst ins Bett – und schon ist man unter anderen Umständen und muss damit fertig werden. Sie haben es also lediglich mit dem Umstand zu tun, dass die Kanzlerin Urlaub machen wird und sich bei dieser Gelegenheit mit ein paar Kabinettskollegen auf dem Säntis treffen will. Wo möglicherweise auch zwei oder gar drei Schweizer Bundesräte sein werden, um ihre Gastfreundschaft zu dokumentieren und uns die sagenumwobene Schweizer Berglandschaft zu erklären. Und um bei dieser Gelegenheit vielleicht noch andere Geheimnisse zu lüften, was auf über 2000 Meter Höhe eventuell etwas leichterfällt als in den doch eher dunklen Berner Gassen. Oder meinen Sie, das Thema Steuerflucht ist für uns erledigt, Herr Haxer?«
»Das Ansinnen, die Idee, die Absicht …«
»Herr Haxer, so können Sie meinetwegen mit dem Präsidenten von Simbabwe reden, in meinem Büro aber wird offen gesprochen. Was passt Ihnen nicht an diesem Ausflug?«
»Zu kurzfristig«, sagte Pierre Haxer, nun ebenfalls kurz angebunden, »zu viel Aufwand, Sicherheitsbedenken.«
»Sicherheitsbedenken zu haben gehört zu Ihrem Job, Herr Haxer, also bedenken Sie, machen Sie Ihren Job, und ich mache meinen, mit ebendieser kleinen Einschränkung: Zuerst einmal mache ich Urlaub, was mir wohl vergönnt sein wird. Klären Sie ab, ob der Schweizer Bundespräsident Zeit und Lust und keine Höhenangst hat oder die Aussenministerin, die mir ja eine ganz Schlaue zu sein scheint, jedenfalls eine Intellektuelle, was ich zu schätzen weiss – oder vielleicht der Herr Verkehrsminister? Oder gehören Gondelbahnen nicht zu seinem Amtsbereich? Wobei, ehrlich gesagt:Am liebsten hätte ich mich einmal etwas intensiver mit diesem Blech oder Bloch oder Blocher unterhalten, der ja nun leider abgewählt worden ist. Ein interessanter Mann, finden Sie nicht, Herr Haxer? Dass sich auch die spröde Schweiz einen rhetorisch so auftrumpfenden Politiker leistet, das ist doch interessant.«
»Die Schweiz hat ihren Rechtsaussen, wir haben Baptist.«
»Herr Haxer, les extrêmes se touchent, wie Schweizer vielleicht sagen würden, soweit meine Französischkenntnisse mir eine solche Vermutung erlauben, aber falls Ihr rudimentäres physikalisches Wissen Ihnen das erlaubt, werden Sie sicher mit mir übereinstimmen, dass sich nicht alles anzieht, was sich berührt. Die Erde ist auch ein Magnetfeld, und wenn Sie den Nordpol finden wollen, dann brauchen Sie Magnete, sonst fehlt Ihnen der Kompass. Und wenn wir eine vernünftige Politik machen wollen, dann brauchen wir auch immer die Pole. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass Herr Blocher persönlich irgendetwas gemein hat mit unserem de la Mare. Er ist ein äusserst erfolgreicher Unternehmer, und ich wüsste nicht, was de la Mare schon Erfolgreiches unternommen hat.«
»Er hat die SPD stark gemacht, dann hat er sie schwach gemacht, dann hat er die Linke gross gemacht …«
»Herr Kanzleramtschef, manchmal glaube ich, Sie verstehen gar nichts. Die Extreme berühren sich nicht nur, sondern die Menschen haben ein extremes Bedürfnis, berührt zu werden. Und de la Mare weiss das. Und weil er sicher besser Französisch spricht als ich, dürfte er Baudelaire im Original gelesen haben. Haben Sie Les Fleurs du mal gelesen?«
»Ich lese keine Gedichte.«
»Schade, dann kennen Sie also auch
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