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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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und deinen Liberalen? Thilo, Mensch, spring endlich über deinen Schatten, weil der sonst nämlich immer grösser wird.«

    Die Kanzlerin stieg in eine Limousine, der Chef der Liberalen ging zu Fuss. Sie hatten sich die Hände geschüttelt, und die Kanzlerin hatte gesagt: »Ehrlich gesagt: Ich beneide dich. Du bist vielleicht der einzige saubere Politiker im Land. Wobei da anzufügen wäre: Das war nicht immer so. Du bist sauber geworden. Und das ist wirklich höchst bemerkenswert. Dass einer sauberer wird in der Politik.«
    Sie schaute ihm nach, dem sauberen und traurigen Kerl. Ein einsamer Mensch. Dann schaltete sie ihr Handy ein. Mozart: »Tut mir leid, Xenia. Davon wusste ich nichts.« Kanzleramtschef Haxer: »Neue Erkenntnisse. Der Krisenstab wartet auf Sie.« Und der Umweltminister: »Die Säntisreisegruppe rechnet fest mit Ihnen. Grüsse, Engel.«

» D er Fall scheint geklärt«, begrüsste Haxer die Kanzlerin vor dem Fahrstuhl im Kanzleramt. »Wir haben Tim Boron gefunden.«
    »Und, hat er gestanden?«
    »Leider nicht, konnte er nicht, weil – er ist tot. Er hat sich, so sieht es aus, das Leben genommen. Der Krisenstab erwartet uns.«

    »Herr Brack, Herr von Aretin, ach, Herr Puller – der Bundesnachrichtendienst gibt sich auch die Ehre –, Herren Kriminalisten, ich würde mich gerne auf den neuesten Stand bringen lassen. Wer hat das Wort?«
    »Unter dem Vorbehalt, dass sowohl im Fall Gabriela Hell als auch im Fall Tim Boron die kriminaltechnischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, kann der Krisenstab aufgrund der Erkenntnisse der Sonderkommission ›Heimat‹ derzeit folgende Aussagen machen.« Jens Brack holte Luft, Haxer atmete hörbar aus, und die Kanzlerin schloss die Augen. »Zwischen dem Fall Hell und dem Fall Boron gibt es offensichtlich einen kausalen Zusammenhang, insofern als Frau Hell mutmasslich von ihrem Exfreund Boron getötet wurde und sich der Täter in der Folge das Leben genommen hat.«
    »Fakten«, sagte die Kanzlerin.
    »Aufgrund der Spurenlage können wir davon ausgehen, dass es zwischen Frau Hell und Boron zu einer Auseinandersetzung gekommen ist, in dessen Verlauf Tim Boron Frau Hell vermutlichunter einem Vorwand in die Kellerräumlichkeiten lockte und sie schliesslich im Abfallraum tötete.«
    »Wie?«, fragte die Kanzlerin.
    Ein Labortechniker, dessen Namen die Kanzlerin sofort wieder vergessen hatte, setzte zu einem längeren Vortrag an über das, was unter Mikroskopen alles zu sehen ist; Professor Birnbaum, der Forensiker, machte es kürzer und sagte: »Tod durch Ersticken, zweifelsfrei, aber: keine Würgemerkmale.«
    »Und das heisst?«, fragte die Kanzlerin.
    »Und das heisst, dass Frau Hell gerichtsmedizinisch gesehen rein äusserlich keine Merkmale aufwies, die auf Gewalteinwirkung schliessen lassen. Also keine Hämatome, Kratzspuren, Wunden und so weiter. Und das wiederum bedeutet, dass es wohl zwischen Frau Hell und dem Täter zu keinem Kampf gekommen ist, sondern der Täter muss sein völlig überraschtes Opfer blitzschnell betäubt haben, so schnell, dass Frau Hell sich dagegen nicht wehren konnte oder wollte …«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte die Kanzlerin.
    »Es gibt im Spurenbild ein paar Auffälligkeiten, über die Sie anschliessend Herr Kummer informieren wird, der für die operative Fallanalyse zuständig ist. Aus forensischer Sicht meine ich damit, dass es praktisch unmöglich ist, einen Menschen so schnell zu ersticken, dass dieser Mensch sich dagegen überhaupt nicht mehr zur Wehr setzen kann. Die Laborergebnisse werden das bestätigen. Woraus sich folgern lässt, dass Frau Hell sich dem Täter gegenüber im Augenblick der Attacke in einem hilflosen Zustand befand, was konkret dann möglich wäre, wenn der Täter sie beispielsweise während eines Liebesaktes überrascht haben sollte. Der Tod trat übrigens innerhalb kürzester Zeit ein.«
    Die Kanzlerin sagte: »Ich will den Fallanalytiker hören.«
    Brack brummte: »Dr. Kummer, bitte«, und Kummer sagte: »Allein die Tatsache, dass wir Frau Hell im MüllentsorgungsraumIhres Hauses gefunden haben, lässt faktisch nur drei Schlüsse zu: Entweder hat der Täter dort auf sein Opfer gewartet, oder Frau Hell hat sich mit dem Täter freiwillig dorthin begeben. Die dritte Möglichkeit: Der Täter hat Frau Hell – etwa mit einer Waffe – dazu gezwungen, mit ihm in den Abstellraum zu kommen, um sie dort zu töten. Es wäre also theoretisch denkbar, dass es sich beim Täter um eine uns noch

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