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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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bedrohliche Note haben können. Diese SMS kam einen Tag, bevor wir Frau Hell tot aufgefunden haben. Und er redet sehr direkt davon, dass es angeblich eine Gruppe gibt, die sich Ihren Tod wünscht. Also, das ist grundsätzlich einmal sehr ernst zu nehmen.«
    Die Kanzlerin schwieg.
    »Hat Ihnen Mozart noch andere Nachrichten zukommen lassen?«
    »Einmal ein Zitat: Ach, besser wär’s, ihr alten Knaben, ein Rückgrat überhaupt zu haben im Leben und daheim im Laden und nicht bei völkischen Paraden. «
    »Von wem ist das?«
    »Klabund, hab nachgeschaut. Herr Haxer, leiten Sie die nötigen Schritte ein. Ich fahre bald in Urlaub und möchte den auch geniessen können. Und«, rief sie ihm hinterher, »ich braucheeine neue Nummer. Die sich ein paar hundert Leute jetzt halt merken müssen. Wird vielleicht bei einigen eine Weile dauern, aber bei einigen dauerte es ja auch eine ganze Weile, bis sie merkten, dass ich Kanzlerin dieser Republik bin.«

14 Uhr, Besuch von Thilo Pfeiffer, dem Chef der Liberalen.
    »Lassen Sie uns essen gehen, Thilo, ich ertrage sie nicht mehr, die hier herrschende Luft, obwohl diese Luft ja eigentlich wesentlich von mir geprägt sein sollte, aber so ist es nicht, Thilo, leider. Hat Sie jemand die Treppe hochkommen sehen?«
    »Nein, bei der Vorsicht, die ich habe walten lassen, Frau Kanzlerin …«
    »Schön, getuschelt wird zwar sowieso, aber allzu offenherzig wollen wir uns doch nicht zeigen, nicht wahr, Thilo, bei aller Hingabe, die eine gewisse Öffentlichkeit von uns erwartet. Ins Borchardt?«
    Der Liberalenchef zögerte.
    »Sie schämen sich, mit mir an einem so prominenten Ort zu speisen?«
    »Die Akustik dort, liebe …«
    »Thilo, sag doch einfach Xenia, red mit mir doch bitte wie mit deinesgleichen. Also Borchardt.« Die Kanzlerin bestellte persönlich ein Taxi, und Pfeiffer wunderte sich.
    »Meine Büroleiterin ist leider krank.«
    Die Borchardt-Kellner kannten jede und jeden, die oder der in Berlin einen Namen hat, den man kennen muss. Was sie aber auszeichnete, war, dass sie auf sehr diskrete Weise den Eindruck zu erwecken wussten, keinen einzigen Gast namentlich zu kennen, und so dafür sorgten, dass sich jeder Gast zu einer Elite zählen durfte, die so abgehoben und exklusiv war, dass es keine weiteren Klassifizierungen mehr brauchte. Und so gab es unter den Gästentatsächlich keinen, der seinen Kopf drehte, als die Kanzlerin mit dem Chef der Liberalen Partei das Lokal betrat und sich im hinteren Teil des Raumes an ein Tischchen setzte.
    »Immer wenn ich hier sitze, habe ich diesen Heisshunger auf Schnitzel.«
    »Mein Magen ist da etwas empfindlicher«, sagte Thilo.
    Die Kanzlerin schaute sich um. Vier Leibwächter hatten sie ihr mitgegeben und drei davon im Lokal platziert. Neue Gesichter.
    »Obwohl, genauer betrachtet, diese Schnitzel ja in erster Linie sehr gross sind, wobei das eigentliche Schnitzel doch eher mager und es vor allem die mehlige Eiermasse ist, die über den Tellerrand ragt und so imposant wirkt.«
    Thilo sagte: »Salz, Mehl, Semmelbrösel, Butterschmalz, mehr braucht es nicht für ein richtiges Wiener Schnitzel.«
    »Aber wenn schon«, sagte die Kanzlerin, »dann sollte auch die Stärke stimmen: sechs Millimeter, mindestens. Und würde hier mal gemessen, dann wären das keine vier Millimeter. Und trotzdem, Herr Kellner, ein Wiener Schnitzel, das würde ich mir jetzt gerne wünschen.« Pfeiffer bestellte ein Steak, blutig.
    »Ach Thilo, wenn ich jetzt Mensch Thilo sagen würde, dann wäre das ja ein Pleonasmus. Weil Thilo doch Mensch heisst.«
    »Und Volk.«
    »Theoderich, und darum geht es mir, um unser liebes Volk. Genauer gesagt, um jenen Teil des Volkes, der sich um Politik überhaupt noch kümmert und manchmal sogar wählen geht. Eine zunehmend kleinere Gruppe, Thilo.«
    »Die Demokratie lebt von den Engagierten. Und solange es die gibt, und die gibt es, mache ich mir da keine allzu grossen Sorgen. Die Mehrheit der Leute war schon immer träge und nur schwer zu bewegen. Und das auch nur dann, wenn eine Elite sie stupste.«
    »Thilo, du Volk, ich will es sofort auf den Punkt bringen: Der Kater schnurrt schon, und de la Mare bläst ins linke Hörnchen.«
    »Der Kater?«
    »Kater Wowi. Findest du nicht, dass er wie ein Kater ausschaut? Gut genährt, zufrieden schnurrend, aber auf der Lauer. Und die dummen Mäuse merken nichts.«
    »Als Regierender Bürgermeister dieser Stadt würde ich nicht schnurren, sondern bellen. Und zwar laut. Lauten Alarm schlagen, das

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