Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
damit ich zumindest in meiner Freizeit auf meine Kosten komme.
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H ANNOVER , L ANDESKRIMINALAMT
„Hier haben Sie alle Zeitungsberichte über Baumgart. Da ist eine Menge zusammengekommen. Das Wichtige habe ich gegilbt, aber der alles entscheidende Hinweis ist nicht dabei. Jedenfalls habe ich ihn nicht gefunden“, stöhnte Assistentin Schramm, während sie einen dicken Aktenordner auf Verenas Schreibtisch wuchtete.
Das muss nichts heißen, dachte sie. Vielleicht findet sich in den Unterlagen doch noch eine aussichtsreiche Spur. Ihre Assistentin war ehrgeizig, verfügte aber nicht über die Erfahrung, die für einen solchen Fall nötig war. Es waren ja oft die kleinen, unbedeutend erscheinenden Fakten, die letztlich zur Lösung eines Falls führten. Nach den erfolgreichen Ermittlungen im spektakulären Mordfall des Spitzenkandidaten hatte Verena mit dem Gedanken gespielt, Petra Schramm das Du anzubieten. Umgekehrt duzte sie ihre Assistentin auch. Irgendwie war sie in der Hektik der täglichen Arbeit darüber hinweggekommen, und seitdem Hetzel hier war, hatte sie das dumpfe Gefühl, dass es mit der Loyalität ihrer Assistentin nicht mehr zum Besten stand.
„Wie ist es mit Hansen gelaufen?“, wollte ihre Assistentin wissen.
Verena verzog ihr Gesicht und äffte ihn nach. „Werte Frau Hauser, alles in der Holding hat seine Richtigkeit, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die die Bilanzen erstellt, kann das jederzeit bestätigen. Wenn Sie möchten, kann ich für Sie gleich einen Termin mit unserem Wirtschaftsprüfer vereinbaren und so weiter. Das Übliche eben. Und mit Bauunternehmer Schlenkermann ist es auch nicht besser gelaufen. Rückführungsgeschäfte? Nie gehört. Was soll das sein? Und weiter: Ich kannte Baumgart nur vom Geschäftlichen, privat lief da gar nichts. Wer ihn und Herrn Wächter erstochen haben könnte? Ich habe nicht die geringste Vorstellung. Wie gesagt, unsere Beziehung war nicht besonders eng. Und alles hatte immer seine Richtigkeit.“
Ihre Assistentin setzte sich schwungvoll auf Verenas Schreibtisch, wobei ihr enger Rock bedenklich weit nach oben rutschte und Verenas Blick ungewollt auf einen knallig roten Slip lenkte. Hetzel wäre begeistert gewesen, Verena war es nicht. „Räum die Unterlagen vom Stuhl, dann sitzt es sich besser“, forderte sie ihre Mitarbeiterin auf.
Unbeeindruckt von der versteckten Kritik rutschte Frau Schramm von der Tischkante und baute sich vor Verenas Schreibtisch auf. „In den Unterlagen gibt es Berichte über Männer, die einen Wahnsinnsrochus auf Baumgart haben. Ähm … hatten. Der Vorsitzende der Kleingartenkolonie in Ricklingen zum Beispiel, dann diverse Unternehmer, die sich über den Tisch gezogen fühlten, und aus der jüngsten Zeit ein Aktivist. Der soll Baumgart sogar gedroht haben.“
„Name? Adresse?“, wollte Verena wissen.
„Jochen Kraft, Vorsitzender der Bürgerinitiative Klagesmarkt.“
Verena verdrängte die plötzlich aufkommende Übelkeit. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. „Nie gehört. Worum geht es?“
Ihre Mitarbeiterin war im Bilde, sogar ausgezeichnet, und versorgte Verena mit den gewünschten Informationen.
„Und die geschädigten Unternehmer, was ist mit denen?“
Frau Schramm reichte ihr ein Blatt Papier. „Soweit es Hinweise in den Presseberichten gab, habe ich Namen und Adressen notiert.“
Verena nahm das Schriftstück entgegen. „Sehr gut!“ Allerdings hielt sich ihre Hoffnung, dass einer darunter der Mörder war, in Grenzen. Die Tatsache, dass neben Baumgart auch der Politiker getötet worden war, sprach dagegen.
Ihre Mitarbeiterin reichte ihr ein weiteres Blatt Papier. „Name und Adresse des Vorsitzenden der Kleingartenkolonie und die genaue Anschrift von diesem Kraft.“
Verena prüfte die Adressen. „Kleinsorge soll sich den Kleingärtner vornehmen“, entschied sie. „Mit den Unternehmern können sich Piepers Leute befassen. Ich selbst werde mit Kraft sprechen.“
„Das kann ich auch übernehmen“, bot Frau Schramm an.
„Einer muss Stallwache halten. Nebenbei, wo ist eigentlich Kollege Hetzel?“
Auf dem Gesicht ihrer Mitarbeiterin erschien eine verräterische Röte. „Keine Ahnung, wenn Sie möchten, rufe ich in seinem Dezernat an und frage nach.“
„Solange er meiner Soko zugeteilt ist, sollte er sich bei mir abmelden, wenn er Dienstgeschäfte außer Haus wahrnimmt“, stellte Verena klar.
Ihre Assistentin zog eine Schnute: „Ich finde, Sie sind ungerecht. Bei Stollmann haben
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