Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
Bauch scheinen.“
„Hat Heidkamp noch Familie in Deutschland?“, erkundigte sich Verena.
„Ja, Frau und Tochter. Sie leben beim Vater der Frau in Oldenburg. Ich habe allerdings noch nicht mit ihr gesprochen, weil ich erst Ihre Entscheidung abwarten wollte.“
„Dann sollten wir das schleunigst nachholen. Leg die Telefonnummer auf meinen Schreibtisch, ich werde das noch heute erledigen“, gab Verena ihrer Mitarbeiterin auf.
„Für meinen Geschmack eine mehr als vage Spur“, maulte Hetzel. Niemand im Raum reagierte. „Vielleicht ist der Kerl längst tot“, fügte er hinzu.
Hirschmann mischte sich ein. „Tot oder nicht tot. Das sind alles nur Vermutungen. Wir arbeiten mit Fakten und solange wir die nicht haben, verfolgen wir die Spur weiter. Was ist übrigens mit Baumgarts Geschäftspartnern? Bei den Riesenprojekten ging es um viel Geld, um sehr viel Geld sogar. Sie sollten doch überprüfen, ob einer von ihnen mit Baumgart im Klinsch lag.“
„Das haben wir“, stellte Verena fest. „Ich habe mit Herrn Hansen und dem Unternehmer Schlenkermann, einem besonders engen Geschäftspartner, gesprochen, und Kollege Kleinsorge hat die Mitarbeiter der Baumgart Holding vernommen. Die Kollegen vom Wirtschaftsdezernat haben wir, wie Kollege Pieper bereits erwähnte, auch beteiligt. Das Ergebnis war eindeutig: Alle, die mit Baumgart geschäftlich liiert waren, haben gut daran verdient. Es gab einige Unternehmer, die vor Gericht gegangen sind, weil sie sich von einer von Baumgarts Firmen betrogen fühlten – einer Beratungsfirma, die auch Insolvenzen abwickelt. Herausgekommen ist dabei aber nie etwas, die Unternehmer haben die Prozesse verloren. Die meisten sind inzwischen wieder in Brot und Arbeit. Einigen geht es sogar besser als vorher. Bis auf Heidkamp ist niemand bekannt, der Baumgart persönlich bedroht hat.“
„Und Schlenkermann?“, fasste Hirschmann nach.
Verena unterdrückte ein Gähnen, sie war hundemüde. „Wie gesagt, er hat den Ahnungslosen gegeben und behauptet, Baumgart nur geschäftlich zu kennen und fast nichts über ihn zu wissen. Im Übrigen hat er mit Baumgarts Projekten eine goldene Nase verdient. Warum sollte er ihn umbringen?“
Was Jürgen ihr über die Rückvergütungsgeschäfte erzählt hatte, behielt Verena lieber für sich. Mit Korruptionsvorwürfen hatte sie keine guten Erfahrungen gemacht. Bei den letzten Mordfällen im politischen Milieu war sie stets auf Geheiß von oben davon abgehalten worden, ihnen auf den Grund zu gehen. Und selbst wenn Korruption im Spiel sein sollte, wäre das kein Grund für einen der Beteiligten, Wächter und Baumgart umzubringen. Sie saßen alle in einem Boot. Jeder von ihnen hatte profitiert.
„Das hört sich alles andere als Erfolg versprechend an“, maulte jetzt auch Hirschmann. Aus den Augenwinkeln konnte Verena sehen, dass Hetzel grinste. „Ihnen ist schon bewusst, dass der Minister auf Ergebnisse wartet. Das ist schließlich kein Mord im Drogenmilieu, ein namhafter Politiker und einer der reichsten Unternehmer des Landes sind erstochen worden. Das Ministerium ruft mich fast täglich an.“
Verena zuckte mit den Achseln. Druck aus der Politik war nach den spektakulären Mordfällen der vergangenen Jahre nichts Neues für sie. Noch lebhafter aber waren ihr die Vertuschungsstrategien in Erinnerung geblieben und dass man ihr die Ermittlungsleitung wegnehmen wollte. Dieses Mal würde sie klüger sein und sich keine blutige Nase holen, nahm sie sich vor. „Eine Spur bleibt uns noch, wenn auch nur eine vage“, sagte sie. „Ich hatte sie gleich zu Beginn der Ermittlungen angesprochen. Es geht um eine neue Klinik in der Nähe von Bad Pyrmont. Baumgart und Wächter sollen darüber häufiger gesprochen haben und Wächter hat sie einen Tag bevor er ermordet wurde besucht. Danach soll er sehr beunruhigt gewesen sein. Meiner Meinung nach sollten wir …“
Hirschmann, der seine Brille mit dem Putztuch malträtierte, ließ sie nicht ausreden. „In meinen Augen ist das an den Haaren herbeigezogen. Wer begeht wegen einer Klinik für stressgeplagte Manager zwei Morde? Das ist doch aberwitzig! Vermutlich war Wächter in Sorge, weil es Bauverzögerungen gab. Das ist doch nichts Neues in diesem Land.“
Hetzel machte einen Vorschlag. „Ich kann mir die Klinik ja mal anschauen, Pyrmont ist keine Weltreise von hier.“
Hirschmann protestierte. „So einfach geht das nicht. Wir können nicht so mir nichts, dir nichts in eine Klinik marschieren, die
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