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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Liebespaar halten können, so dicht saßen sie jetzt nebeneinander. „Letzte Woche dann, kurz bevor Herr Baumgart verschwunden ist, habe ich einen Anruf von Herrn Wächter mitgehört. Nicht, dass Sie etwas Falsches von mir denken. Ich habe sonst nie gelauscht. Niemals. Aber Herr Wächter war sehr aufgebracht und ich dachte mir …“
    „Sie haben sicherlich nur aus Fürsorge für Ihren Chef so gehandelt. Das ist schon okay“, beruhigte Wagner sie und dachte insgeheim, dass er eine Mitarbeiterin wie sie auf der Stelle entlassen würde.
    Auf ihrem Gesicht erschien ein breites Lächeln. „Ja, genau. Herr Wächter war wie gesagt sehr aufgebracht und hat geschimpft. Es ging um die Klinik. Er sagte etwas von Lizenz zum Sterben. Und dass er aussteigen wolle.“
    Lizenz zum Sterben? Also doch, er hatte die ganze Zeit richtig gelegen. Die Vitalboxen waren tatsächlich für den Transport menschlicher Organe bestimmt. Die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. Er musste etwas unternehmen! Was hatte Bodendorf gesagt? Die Klinik sollte in Kürze eröffnet werden? Das hieße, die Organentnahmen würden vielleicht schon in diesen Tagen beginnen.
    Erwartungsvolle Augen starrten ihn an. „Möchten Sie noch etwas trinken?“, flüchtete sich Wagner ins Nebensächliche. Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Wächter hatte demnach erst später erfahren, dass es um illegalen Organhandel ging, und sich hintergangen gefühlt. Frau Graf wollte noch eine Tasse Kakao. Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatte, erkundigte sich Wagner nach Baumgarts Reaktion. „Und Ihr Chef, wie hat der Wächters Anruf aufgenommen?“
    „Das habe ich nicht mehr mitbekommen, weil in diesem Moment Herr Hansen ins Vorzimmer gestürmt ist, um Unterlagen zu suchen.“
    „Zu blöd aber auch!“, entfuhr es Wagner ungewollt laut. „Aber der Polizei haben Sie davon nichts erzählt?“, vergewisserte er sich.
    „Um Gottes willen, Herr Hansen dreht durch. Ich will doch meinen Job nicht verlieren. Mit fünfundfünfzig lande ich bei Hartz IV. Ich dachte nur, dass es nicht gut ist, wenn ich mein Wissen für mich behalte. Und Sie kannten doch Herrn Wächter gut. Sie werden schon wissen, was zu tun ist. Aber halten Sie mich da raus! Ich will damit nichts zu tun haben. Wenn Sie meinen Namen ins Spiel bringen, werde ich alles abstreiten.“
    Na großartig, dachte Wagner. Die erleichtert ihr Gewissen, indem sie ihr Wissen bei mir ablädt, ist selber aber nicht bereit, Farbe zu bekennen. „Sie können sich auf mich verlassen. Eines noch: Sie sprachen seinerzeit von einer Geschäftsreise Ihres Chefs. Zu wem wollte er eigentlich?“, erkundigte sich Wagner.
    „Er war mit Boris Milner verabredet. Mit dem hat er sich des Öfteren getroffen.“
    Die Nachricht machte Wagner stutzig. Milner hatte auch bei den Staatskanzleimorden im Hintergrund eine dubiose Rolle gespielt. Das wurde ja immer vertrackter! Dann mahnte Frau Graf zum Aufbruch. Ihr Mann warte zu Hause auf sie. Als Wagner bezahlt hatte und sie sich vor der Konditorei verabschiedeten, betonte sie ein weiteres Mal: „Was immer Sie mit den Informationen machen, Sie haben sie nicht von mir! Ich würde alles leugnen. Ich kann es mir nicht leisten, arbeitslos zu werden.“
    „Sie können sich auf mich verlassen“, wiederholte Wagner, bevor er Richtung Landtag eilte.

48
T RIPOLIS
    „Das Schlimmste liegt noch vor uns: die Bootsfahrt übers Mittelmeer.“ Umars Stimme klang düster.
    Taban hoffte, dass sich sein neuer Freund irrte. Die Fahrt in dem schrottreifen Lastwagen durch die Wüste war schrecklich gewesen. Die brüllende Hitze und die ständige Schaukelei hatten ihm schwer zugesetzt. Wie seine Mitreisenden hatte auch er mit Übelkeit kämpfen müssen. Einige hatten sich im Laderaum übergeben, es hatte entsetzlich gestunken. Alle fünf Stunden hatte der Wagen für fünf Minuten angehalten, damit sie ihre Notdurft im Wüstensand verrichten konnten. „Auf dem Boot ist es sicher nicht brütend heiß und wir haben frische Luft. Und nach Erbrochenem wird es auch nicht stinken“, sagte er.
    Umar wusste es besser. „Da wird noch mehr gekotzt, du wirst schon sehen! Und manchmal werden die Boote vom Wind abgetrieben. Dann dauert die Überfahrt Tage. Dazu die ständige Angst, dass das Boot so abgetrieben wird, dass es sein Ziel nicht erreicht.“
    Die beiden Männer gingen nebeneinander her in Richtung Zentrum. Der Fahrer hatte sie auf offener Straße vor der Stadtgrenze von Tripolis abgesetzt. „Nehmt euch vor den

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