Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
keinen Vater, der mir das Laufen und den aufrechten Gang beigebracht hat, der mir aufgeholfen hat, wenn ich stürzte, der mit mir spielte oder mich liebte, weil ich sein Sohn war«, fuhr Cesare leise fort. »Mein Vater, der Kardinal, war so fern und so unerreichbar wie Gott – und sein Wille geschah wie der Wille des Allmächtigen.
Ich bin in einem Kloster geboren. Als ich sieben Jahre alt war, wurde ich Apostolischer Protonotar. Mit sechzehn war ich Bischof von Pamplona, mit siebzehn Erzbischof von Valencia, mit achtzehn Kardinal. Ein kometenhafter Aufstieg in den vatikanischen Himmel, nicht wahr? Aber die Luft hier oben ist sehr dünn und sehr kalt.
Mein Vater gewährt mir, was ich brauche, er verweigert mir keinen Wunsch, er verteidigt mich gegen die Angriffe der Feinde, die ich mir bei der Erfüllung meiner Aufgabe unweigerlich mache, er sorgt sich um mich wie um Juan und Lucrezia und Jofré, er achtet mich als seinen Sohn, und er respektiert meine Entscheidungen, auch wenn er sie nicht immer versteht. Er hört auf meinen Rat, er schätzt meine Kenntnisse und Fähigkeiten und nennt mich das Schwert in seiner Hand. Mit anderen Worten: Er braucht mich. Er benutzt mich, wie er ein Schwert führt, wenn er eine Schlacht gewinnen will, oder wie er den Fischerring gebraucht, wenn er eine seiner unfehlbaren Entscheidungen siegeln will. Er benutzt mich, als ob ich ihm gehöre. Aber er liebt mich nicht. Denn wenn er es täte, würde er mich gehen lassen.«
»Was wirst du tun, wenn du den Purpur ausgezogen hast?«
»Ich werde mir wie Francesco Sforza oder Federico da Montefeltro ein Herzogtum erobern: Mailand oder Urbino. Such dir eines aus, das dir gefällt – ich werde es für dich erstürmen.«
»Du bist verrückt«, lachte ich.
»Und dann heiraten wir …«
»Ich würde dich nie heiraten, du Verrückter«, erklärte ich, und es klang fast wie ein Versprechen.
»… und setzen einen ganzen Palast voller Kinder in die Welt. Stell dir vor, lauter kleine fröhliche Medici-Borgias, die den Palazzo Ducale auf den Kopf stellen.«
Ich fühlte mich, als hätte Cesare mir seinen Dolch in die Brust gerammt. Ein Kind – mein sehnlichster Wunsch! Der einzige Wunsch, der niemals in Erfüllung gehen konnte. Ich wandte den Blick ab, damit Cesare die Tränen in meinen Augen nicht sah.
»Ich kann keine Kinder bekommen«, sagte ich leise.
Er sah mich betroffen an. »Es tut mir Leid«, sagte er zart und wischte mir eine Träne von der Wange.
»Ich bin selbst schuld. Als ich das Leben in mir tötete, habe ich auch die Hoffnung zerstört.«
»Hoffnung gibt es immer, solange wir leben und lieben«, versuchte er mich zu trösten. »Erst wenn die Liebe stirbt, verlöscht auch die Flamme der Hoffnung. Aber ohne Liebe und Hoffnung können wir ohnehin nicht leben.« Er hielt meine Hand und küsste sie. »Komm zu mir zurück. Ich werde alles für dich aufgeben, wenn du nur zu mir zurückkehrst, um mich zu lieben.«
Überwältigt von meinen Gefühlen beugte ich mich über ihn und strich sanft über sein Haar, aber er schlang seine Arme um meine Schultern und zog mich zu sich herunter, um mich zu küssen. Seine Zunge glitt erwartungsvoll über meine Lippen, bis ich sie öffnete und seinen Kuss erwiderte, dann drang sie ein, rang spielerisch mit meiner Zunge, bis sie ihren Widerstand aufgab. Ein sanftes Rieseln, wie von einem warmen Sommerregen, lief über meine Haut, als seine zärtlichen Hände meinen Körper in Besitz nahmen und mich streichelten.
»Das sind die Nebenwirkungen der Belladonna …«, warnte ich ihn. »Du solltest vorsichtig sein, Cesare!«
Er lachte übermütig: »Das sind die Nebenwirkungen meiner Bella donna. Nur du kannst eine solche Wirkung auf mich haben. Und ich werde ganz vorsichtig sein, versprochen! Ich werde dir nicht wehtun. Niemals.«
Er war zutiefst erregt, als er an den Schleifen meines Hemdes zog und seine Hand unter den Stoff schob. Fordernd. Ungeduldig.
»Komm …«, hauchte er und küsste mich an der Stelle hinter dem Ohr, die so empfindlich war.
Ich wehrte ihn ab, aber er wusste, dass mein Widerstand nicht ernst gemeint war. Er spielte auf mir wie auf einem Musikinstrument, wusste genau, wo er mich berühren musste, um eine herrliche Melodie aus zarten Gefühlen der Sehnsucht, inniger Sinnlichkeit, Lust und Begehren zu spielen. Und er war ein begnadeter Spieler.
Er zog mir das Hemd über den Kopf und ließ die Hände über meine nackte Haut gleiten, dann zog er mich auf seinen glühenden
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