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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Fragezeichen, aber sie war so formuliert, dass er antworten musste.
    Er zögerte. »Ja …«, begann er.
    »Du bist mein Freund, Baldassare. Und deshalb bitte ich dich um einen Gefallen. Vergiss für einen Augenblick deine Eifersucht und hab Geduld mit mir.«
    »Geduld?«, fragte er.
    »Ich bitte dich um ein paar Tage Zeit. Damit kannst du sein Leben retten.« Eindringlich bittend sah ich Baldassare an: Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn Cesare Kardinal Ascanio in die Hände fiel.
    »Was soll ich tun?«, fragte er schließlich schicksalsergeben.
    »Nichts, Baldassare. Nichts .«
    »Und wenn Ludovico oder Ascanio nach dir fragen?«
    »Dann sagst du ihnen, dass ich für ein paar Tage in Leonardos Laboratorium arbeite. Und dass ich nach Abschluss des Experiments in wenigen Tagen ins Castello zurückkehren werde.«
    »Wirst du das?«, zweifelte er. Sein Blick irrte über meine Schulter zur offenen Schlafzimmertür ein paar Schritte hinter mir.
    »Wenn du tust, worum ich dich bitte, werde ich zurückkommen. Wenn ich mit meinem Freund vor Ludovico fliehen muss, wirst du mich nicht wiedersehen.«
    Er hatte verstanden. »Du bist manchmal erschreckend konsequent«, beschwerte er sich. Hoffnungslos, wie mir schien.
    »Wie wirst du dich entscheiden?«, fragte ich, als er zögernd die ersten Stufen hinabstieg.
    Er blieb stehen, drehte sich um und sah zu mir empor: »Ich werde den Blick in den Spiegel üben, Caterina. Nur um sicherzugehen, dass ich mir auch morgen noch in die Augen schauen kann.«

    Cesare sprudelte wie ein Gebirgsbach. Trotz seiner Erschöpfung war er innerlich so aufgewühlt, dass er keine Ruhe finden konnte. Ich gab es auf, ihn zum Schlafen zu überreden, und hörte einfach zu, während er erzählte. Er sprach von sich selbst, seinem Leiden und seinem Aufbegehren gegen das Leiden, aber auch von seinem Glauben und seinen Hoffnungen, von seinen Wünschen und Zielen. Wie lange hatten sich die Gefühle in ihm angestaut, um die Worte mit derart kataraktischer Gewalt aus ihm herauszupressen?
    »Der Schicksalsweg des Priesters ist die Berufung eines Menschen durch Gott, nachdem er sich aus freiem Willen für diesen Weg entschieden hat«, sagte Cesare, den Blick zum Betthimmel gerichtet. »Die Entscheidung, in der Nachfolge Jesu Christi das Kreuz auf sich zu nehmen, soll freiwillig erfolgen – wie bei Giulio, dem diese Gnade zuteil wurde. Er wurde berufen. Er ist mit Leib und Seele Priester. Er will nichts anderes sein. Ich durfte nicht entscheiden, ob ich Bischof von Pamplona, Erzbischof von Valencia oder Kardinal werden wollte. Das hat mein allmächtiger Vater für mich getan.
    Ich bin nicht durch Gott erwählt, und Er führt mich auch nicht. Immer wieder komme ich vom Weg ab, weil ich das Ziel aus den Augen verloren habe. Ich habe keine Orientierung mehr, weiß nicht mehr, warum ich diesen endlosen und einsamen Weg überhaupt gehe. Oder wohin ich gehe.«
    Für einen Augenblick schloss er die Augen, als müsste er sich erst besinnen, was so hell in ihm loderte und ihn von innen heraus verbrannte, was ihn quälte. »Ich will die Soutane ablegen, die mir zu eng ist, die mich bei jedem meiner Schritte stolpern lässt«, begehrte er auf. »Ich will nicht länger auf meine Freiheit verzichten, will endlich eigene Entscheidungen treffen, dafür die Verantwortung tragen und mit den Konsequenzen leben. Du hast mich gefragt, was ich tun will, Caterina: Ich will meinen Glauben und meine Würde als Kardinal gegen die Glaubwürdigkeit eintauschen.«
    »Noch nie zuvor ist ein Kardinal von seinem Amt zurückgetreten!«
    »Na und? Dann bin ich eben der Erste, der diese Entscheidung trifft«, entgegnete Cesare müde. »Jeder muss für sich entscheiden, was ihm angemessen ist. Ich bewundere Giovanni Pico, weil er den Mut hatte, unbeirrbar seinen Weg zu gehen, und als er erkannte, dass er nirgendwohin führt, umzukehren, um nach dir zu suchen. Auch ich ertrage die geistige Windstille nicht mehr. Ich will das Leben in mir spüren, ich will lieben und geliebt werden«, sagte er. »Ich sehne mich so sehr nach Liebe, dass ich verrückt werden könnte!«
    »Aber dein Vater liebt dich«, versuchte ich ihn zu trösten.
    »Das ist keine Liebe, Caterina. Das ist eine Rechtfertigung meiner Existenz. Ich bin das Kind eines Priesters. Per definitionem existiere ich also nicht.«
    Er fühlt dasselbe wie ich!, dachte ich erschüttert. Für uns ist das Handeln die Rechtfertigung des Seins, das nicht sein darf.
    »Als Kind hatte ich

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