Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
bevor man dich durch die letzte Dosis Gift erlöst. Ein ohnmächtiger Mensch, ohne Selbstvertrauen und ohne Selbstbeherrschung. Unfähig zum aufrechten Gang. Unfähig, klar zu denken. Aber noch voller Hoffnung, dass er die Hand ausstreckte, um mich um Hilfe zu bitten.
Ich konnte Cesare nicht seinem Schicksal überlassen. Ich wollte ihm helfen, egal welche Folgen das für mich hatte, wenn Ludovico erfuhr, dass ich Cesare im Palazzo Vecchio versteckte. Aus Mitleid?, fragte ich mich. Nein, aus Liebe. Ich liebte Cesare. Ich genoss seine Nähe, seine Lebenslust, seine Zärtlichkeit, wenn er bei mir war, und ich vermisste ihn, wenn er nicht da war. Ich wollte nicht länger auf ihn und sein zärtliches »Te quiero« verzichten.
Und so erhob ich mich von meinem Sessel und kroch unter Cesares Decke, um ihn zu wärmen.
Und mich selbst.
Cesares Kuss weckte mich. Er hatte die Arme um mich gelegt und mich an sich gedrückt, während ich schlief. Ich wusste nicht, wie lange er schon wach war und mich angesehen hatte.
Die Sonne war längst aufgegangen und tauchte den Raum in ein rotgoldenes Leuchten, das Cesares Gesicht wie flüssiges Metall glühen ließ.
»Wie fühlst du dich?«, fragte ich ihn und strich ihm über die Stirn.
»Fantastisch«, lächelte er gequält. »Ich bin neben dir aufgewacht. Davon habe ich geträumt, seit du mich verlassen hast.«
»Ich glaube dir ja viel, aber nicht, dass du ein Träumer bist.«
»Dann kennst du mich aber schlecht«, flüsterte er und küsste mich. »Ich habe so viele Träume, dass sie für uns beide reichen würden.«
In diesem Augenblick klopfte es. »Caterina?«
Es war nicht Giacomo mit dem Frühstück, sondern Baldassare! Hastig sprang ich aus dem Bett und eilte zur Tür, bevor er ohne Aufforderung den Raum betrat und mich mit Cesare im Bett fand. Nicht auszudenken, was dann geschehen würde!
Baldassare war beunruhigt. »Um Gottes willen, Caterina! Warum versteckst du dich hier? Ludovico hat nach dir gefragt. Ich habe dich gesucht, bevor er ganz Mailand auf den Kopf stellt, um dich zu finden und mit Gewalt ins Castello zurückzuschleppen. Leonardo hat mir gesagt, dass du hier bist. Sag mir: Was tust du hier?«
Baldassare betrachtete mein zerknittertes Hemd, die Falten in der Hose – offensichtlich hatte ich in der Kleidung geschlafen. Dann warf er einen neugierigen Blick über meine Schulter durch die offene Tür ins Schlafzimmer. Bevor ich antworten konnte, fragte er: »Wer ist das?«, schob mich zur Seite und stürmte an mir vorbei in den Raum. Vor dem Bett blieb Baldassare stehen und starrte mit einem Furcht erregenden Gesichtsausdruck auf Cesare hinab. »Wer ist dieser Mann in deinem Bett? Ist das Niccolò?«, fragte er zornig.
Cesare sah Baldassare verwirrt an. Er schien zu überlegen, wer Niccolò war und warum er mit ihm verwechselt wurde. Und wer eigentlich der Mann war, der so ungestüm in mein Schlafzimmer stürmte, als sei sein Eindringen eine mühevoll errungene Selbstverständlichkeit.
»Ja«, sagte ich, um Baldassare zu beruhigen. Ein Nein hätte ihn vermutlich noch mehr erregt und tausend weitere Fragen aufgeworfen, auf die ich keine Antworten hatte.
»Dann ist die Zeit der Sehnsucht und der zärtlichen Briefe also vorbei?«, fauchte er, dann drehte er sich um und rannte aus dem Raum, als wären alle drei Furien hinter ihm her.
Cesare durfte sich auf keinen Fall aufregen. Ich wusste, wie unerträglich ihm meine enge Freundschaft mit Niccolò war. Und jetzt, als er in meinem Bett lag, für Niccolò gehalten zu werden … von einem anderen Mann, der offensichtlich eifersüchtig und zornig war … der ein Vertrauter von mir war, dem ich hinterherlief, um ihn zu beruhigen … das musste Cesare schmerzen.
Trotzdem folgte ich Baldassare. An der Treppe zum Hof holte ich ihn ein. »Warte!«, rief ich und hielt ihn am Ärmel fest.
Er blieb stehen und drehte sich auf der obersten Stufe zu mir um.
»Ich weiß, wie verletzt du sein musst, Baldassare. Und wie zornig, ihn in meinem Bett zu finden. Aber ich versichere dir, es ist heute Nacht nichts geschehen, weswegen ich nicht mehr in den Spiegel schauen könnte.«
Er wandte den Blick ab, riss sich von mir los. Aber er floh nicht die Treppe hinunter. Offenbar wollte er doch hören, was ich ihm zu sagen hatte.
»Mein Freund ist schwer krank, er braucht meine Hilfe, und ich habe sie ihm nicht verweigert. Du hättest dasselbe getan, wenn ich dich gebeten hätte, mir zu helfen.« Meiner Frage fehlte ein
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