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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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verlieren willst, dann kriech zurück in ihr Bett.«
    Er war ehrlich überrascht über meine heftige Reaktion. »Bist du meine Freundin, Caterina?«
    »Warum stellst du deine Frage so, dass du ein Ja als Antwort bekommst? Hast du Angst vor mir?«, forderte ich ihn heraus.
    »Ja«, gestand er ehrlich. »Ja, ich habe Angst vor dir. Ich habe mich gefragt, wie du mich empfangen würdest.« Als ich nicht antwortete, fuhr er fort: »Und ehrlich gesagt, war ich eben mehr als überrascht, dich bei Alfonso zu sehen. Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Alfonso hat vor einigen Wochen versucht, mich mit Gift zu töten. Und ich frage mich: Woher hat er es? Von dir?«
    Entsetzt über seine Vermutung starrte ich ihn an, dann fasste ich mich. »Wenn ich beschlossen hätte, dich zu töten, stündest du jetzt nicht vor mir, Cesare«, klärte ich ihn auf. »Sondern du würdest dich unter Schmerzen vor mir auf dem Boden winden und mich um Erlösung von deinen Leiden anflehen.«
    Er lachte trocken. »Ich glaube dir jedes Wort«, gestand er. »Solltest du dich eines Tages entscheiden, mich umzubringen, dann sieh mir dabei in die Augen. Wenn ich irgendetwas hasse, dann ist es Falschheit.«
    Ich starrte ihn nur zornig an.
    Mit einem resignierten Schnauben wandte er sich ab und trat an eines der Fenster zum Belvedere-Garten. »Welch eine Ironie! Am Tag meines Triumphes frage ich mich: Ist es das alles wert?« Er starrte hinaus in den Garten. Im Licht der untergehenden Sonne glühte sein Gesicht wie geschmolzene Bronze. Die Enttäuschung und die Wut über meine Unnachgiebigkeit funkelten in seinen Augen, als er weitersprach:
    »Ich habe mein Leben lang gekämpft. Um Liebe, um Anerkennung, um Macht. Um alles, was ein glückliches Leben ausmacht. Einsam habe ich meinen Kampf geführt. Meinen Vater habe ich nie um irgendetwas gebeten. Ich wollte es allein schaffen.« Er atmete tief seine Erinnerungen ein. »Ich war einsam, bis ich dich kennen lernte. Auf einmal war alles anders. Ich wusste plötzlich, wofür ich kämpfte. Ich wollte dich für mich allein haben. Ich weiß, wie weh ich dir damit getan habe. Es ist mir bewusst geworden, als Caterina Sforza versucht hat, mich zu erobern, wie ich ihr Reich erobert habe, mich zu besitzen, wie ich sie besitze: als meine Gefangene.« Er drehte sich zu mir um, als erwartete er eine Antwort, aber ich schwieg.
    »Der Mensch strebt immer nach dem, was er nicht haben kann. Ich habe immer davon geträumt, bewundert und geliebt zu werden. Ich wollte erfolgreich sein. Ich habe geträumt …« Er zögerte. »Aber wer braucht Träume? Sie werden irgendwann zu Obsessionen, denen man nicht mehr entkommen kann. Der unmögliche Traum von Macht und Einfluss und Freiheit. Ja, Caterina, ich träume von der Freiheit .«
    Ich lachte, als hätte er einen Scherz gemacht. »Freiheit? Ein schöner Traum, Cesare. Träume ihn, solange du kannst. Das Erwachen wird furchtbar sein.«
    Er lehnte am Fenster und starrte mich nachdenklich an, beide Hände auf das Fenstersims gestützt.
    »Ich bin der, der ich sein wollte«, fuhr er nach einer Weile fort. »Ich bin kein Kardinal mehr. Ich habe mein ganzes Leben hinter mir zurückgelassen, um aus dem Windschatten meines allmächtigen Vaters zu treten. Louis hat mich zum Herzog von Valence ernannt, mein Vater wird mich in einigen Tagen zum Bannerträger der Kirche machen. Ich bin Statthalter der Romagna, und wenn im nächsten Jahr die Eroberungen abgeschlossen sein werden, wird er … werde ich mich selbst zum mächtigsten Herzog in Italien machen. Ich bin, wer ich immer sein wollte.«
    Unbeweglich wie eine Statue stand er da am Fenster im Licht der untergehenden Sonne. Unberührbar, wie aus noch nicht ausgekühltem Metall gegossen. Unzerstörbar?
    Wohin treibt uns unser grenzenloser Ehrgeiz, die Sucht, nichts als wir selbst sein zu wollen, uns keinem anderen Willen zu unterwerfen als unserem eigenen?, dachte ich in diesem Augenblick. Wohin hat es Girolamo geführt? Wohin wird es Cesare führen? Und mich selbst?
    »Ich tue, was ich immer tun wollte, und trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich nichts gewonnen habe«, fuhr Cesare fort. »Nichts! Denn ich bin immer noch nicht frei. Ich schlafe allein und bei verschlossener Tür und muss fürchten, dass mich der Gemahl meiner Schwester umbringt, weil er sich von mir und meinen Visionen bedroht fühlt. Ich tue, was ich tun muss, und blicke nicht zurück – vielleicht aus Angst, jemand könnte hinter mir

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