Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
war nicht gerade das die beste Voraussetzung für eine lange und innige Freundschaft?
Bitte, Guido, flehte ich im Stillen, dreh dich um und sieh mich an!
Überall um mich herum stiegen Ferraresen und Römer von ihren Pferden, die von Dienern weggeführt wurden, um in den Ställen des Palazzo Ducale abgesattelt zu werden. Vivat!-Rufe wehten über den Platz, Pferde wieherten unruhig in dem unzeremoniellen Durcheinander, als Guido zu Ferrante und Sigismondo d’Este hinüberging, um sie freundlich zu begrüßen.
Guido, flehte ich, sieh mich an!
Da wandte er sich um und erwiderte meinen Blick, erstaunt, mich in Lucrezias Gefolge zu sehen. Er zögerte, wusste offensichtlich nicht, wie er auf meine überraschende Anwesenheit in Urbino reagieren sollte. Doch dann kam er entgegen dem herzoglichen Protokoll zu mir herüber. »Caterina!«, flüsterte er und hob mich vom Pferd.
Meine Beine schmerzten vom stundenlangen Ritt im Schneesturm, und beinahe wäre ich gestürzt, aber Guido hielt mich fest. »Du hast Schmerzen«, sagte er. »Kannst du gehen?«
Er stützte mich, als ich einen Schritt vorwärts machte. Ich spürte, dass mehrere Hundert Blicke auf uns gerichtet waren. Guido schien das nicht zu stören. Er fing mich auf, als ich auf dem Kopfsteinpflaster der Piazza stolperte. Schwungvoll nahm er mich auf seine starken Arme und trug mich über den kleinen Platz zum Portal des Palazzo Ducale. Es waren nur wenige Schritte, aber
sie führten quer durch die Ewigkeit und noch ein Stückchen weiter.
Er sprach kein Wort, sah mich auch nicht an. Ich wollte ihm so viel sagen: »Du hast mir gefehlt, Guido!« und »Es tut mir Leid, was ich dir angetan habe!« und »Ich sehne mich nach dir. Werden wir ein wenig Zeit für uns haben, bevor ich wieder aufbrechen muss?«, aber es blieb ungesagt, denn auch ich schwieg, legte den Kopf an seine Schulter und genoss seine Wärme, seinen Duft, seine Kraft, während er mich an Lucrezia und Elisabetta vorbei in den Hof des Palazzo trug, durch die Arkaden, die Treppen hinauf bis in den Thronsaal, wo er mich vorsichtig auf den Boden stellte. Dann trat er einen Schritt zurück und winkte einem Diener, der mir einen Sessel brachte, damit ich mich setzen konnte.
Ein junger Mann im Talar eines Medicus eilte herbei.
»Ein heißes Bad sofort nach den Zeremonien, um die Schmerzen zu lindern«, befahl ihm der Herzog. »Anschließend eine sanfte Ölmassage, die mir selbst so gut tut, ein leichtes Abendessen, ein loderndes Feuer im Kamin meines Schlafzimmers, zwei zusätzliche Kissen in meinem Bett und meine warme Hermelindecke für die Nacht.« Dann wandte Guido sich zu mir. »Antonio ist mein Leibarzt. Er wird sich um dich kümmern, Caterina.«
Bevor ich ihm danken konnte, hatte er sich umgedreht und ging Lucrezia und Elisabetta entgegen, die mit ihrem Gefolge die Treppe hochgekommen waren und nun den Thronsaal betraten.
Während der endlosen Begrüßungszeremonien hatte ich darauf gewartet, später einen Augenblick mit Guido allein zu sein, um mit ihm zu reden, hatte mich sogar auf ein formelles Abendessen im Bankettsaal des Palazzo Ducale in Anwesenheit von Lucrezias Gefolge gefreut, doch meine Hoffnungen wurden enttäuscht, als Guido der überraschten Lucrezia verkündete:
»Mein Haus ist Euer Haus, meine Stadt ist Eure Stadt, Exzellenz. Ich überlasse Euch und Eurem Gefolge meinen bescheidenen Palast. Meine Gemahlin Elisabetta und ich ziehen uns zurück. Wir werden im Kloster von San Bernardino außerhalb der Stadtmauern von Urbino übernachten. Buona notte! «
Er warf mir einen langen Blick zu, verneigte sich galant vor Lucrezia, nahm Elisabettas Hand und führte sie ohne ein weiteres Wort aus dem Thronsaal. Die Tränen in meinen Augen sah er nicht mehr.
Eine Stunde lang lag ich allein in seinem Bett und starrte in die Finsternis. Ich genoss das herrliche Gefühl der Schmerzfreiheit – das heiße Bad und die Massage mit gewärmtem Öl hatten mir gut getan. Nachdem der Medicus verschwunden war, hatte mir ein junger Mann aus dem Gefolge des Herzogs beim Abendessen Gesellschaft geleistet. Er hatte sich mir als Maestro Raffaello Santi vorgestellt – er war neunzehn Jahre alt, der Hofmaler des Herzogs und ein Freund von Francesco della Rovere, einem Neffen von Giuliano della Rovere und Guido. Der Duchino, der »kleine Herzog« Francesco, war der designierte Nachfolger des kinderlosen Herrschers von Urbino.
Maestro Raffaello hatte sich jede Mühe gegeben, mir einen schönen Abend zu
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