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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Nacht. Er hielt meine Hand, während ich mich weinend in die Kissen drückte.
    Guido hatte sich geweigert, mit mir zu sprechen. Als ich auf ihn zugehen wollte, um ihm alles zu erklären, hatte er sich umgedreht und war mit Tränen in den Augen vor mir – und seinen eigenen Gefühlen – geflohen. Noch in den frühen Morgenstunden hatte er sein Pferd bestiegen und den Palazzo verlassen. Niemand wusste, wohin er verschwunden war.
    Ich war zusammengebrochen unter dem Ansturm meiner Gefühle. Zuerst die Hoffnungslosigkeit, mein Leben nicht zu Ende leben zu können, nur noch ein paar Tage zu haben. Dann der schönste Augenblick in meinem Leben, als ich das Lebenselixier fand. Die Chance auf Leben, auf Schmerzfreiheit, auf Freude und Glück. Rodrigos Verrat. Cesares Degen auf meiner Brust. Die Flucht durch Rom. Und dann: Guido! Die Überraschung, ihn zu sehen. Die Freude, dass es ihm gut ging. Die Hoffnung … Und dann die Enttäuschung, als er sich von mir abwandte – schweigend und mit Tränen in den Augen, als hätte ich ihm den Dolch ins Herz gestoßen. Sein Verschwinden hatte mich zutiefst erschüttert.
    Giuliano hatte mich ins Bett gebracht, während Piero, Gianni und Giulio am frühen Morgen in den Palazzo Medici zurückkehrten. Ich bezweifelte, dass sie in dieser Nacht vor dem Attentat auf die Borgia auch nur eine Stunde Schlaf finden würden.
    Giuliano hielt es für sicherer, wenn ich die Nacht in seinem Kardinalspalast verbrachte und nicht mit Piero und den anderen in den Palazzo Medici zurückkehrte. Hier würde Cesare mich nicht finden. Und vielleicht würde Guido zurückkehren …
    Aber er kam nicht. Und er blieb auch den ganzen nächsten Tag verschwunden.

    An jenem Abend des 11. August 1503 speisten Giuliano und ich allein im großen Bankettsaal seines Kardinalspalastes. Wir bemühten uns beide, den anderen nicht merken zu lassen, was in uns vorging. Vergeblich!
    Giuliano hatte den Tisch für drei Personen decken lassen – auf diese Weise wollte er mir zeigen, wie sehr er hoffte, nein: daran glaubte, dass Guido zurückkommen würde. Den ganzen Abend starrte ich auf den leeren Stuhl mir gegenüber und dachte an ihn, um mich von den furchtbaren Gedanken an das Bankett im Vatikan abzulenken:
    Gianni und Adriano an der Seite des fröhlichen Papstes, der an diesem Abend sein Thronjubiläum feierte. Der spanische und der französische Botschafter, die sich um ein Bündnis mit dem mächtigen Borgia-Papst bemühten. Rodrigos Triumph, beide gegeneinander auszuspielen. Ein köstliches Mahl. Wunderbarer Wein. Ausgelassene Stimmung. Und das vergiftete Konfekt, von dem Rodrigo und Cesare essen würden. Ich sah beide vor mir, wie sie sich erbrachen, fiebernd zu Bett gebracht wurden, sich unter Schmerzen wanden, immer schwächer wurden, das Bewusstsein verloren …
    Und noch ein anderer Gedanke ließ mich in jener schlaflosen Nacht nicht zur Ruhe kommen: Hatten Rodrigo und Cesare das Lebenselixier vor der Feier getrunken? Oder war die versiegelte Glasphiole, die mir das Leben retten konnte, noch unversehrt? Rodrigo kannte die Nebenwirkungen des al-Iksir: die stundenlange Ohnmacht – ich hatte ihm selbst davon erzählt. Hatte er es gewagt, das Elixier zu trinken, oder wollte er damit bis nach der Feier warten, um den triumphalen Abend mit einem Schluck Unsterblichkeit zu beenden? Mit anderen Worten: Hatte ich noch eine Chance, mein Leben zu retten?
    Gianni berichtete uns am Morgen nach dem Bankett im Vatikan, dass Rodrigo und Cesare die Feier schon vor Mitternacht verlassen hatten, um sich zurückzuziehen, und dass beide blass, unruhig, ja geradezu gereizt gewesen wären. Gegen Mittag erschien Adriano aufgeregt im Palazzo, um uns mitzuteilen, dass die Tore des Vatikans geschlossen wären und niemand mehr hinein- oder herausgelassen würde. In den Straßen Roms werde bereits das Gerücht erzählt, dass der Papst vergiftet worden wäre, bewusstlos im Bett liege und mit dem Tode ringe.
    Nicht einmal mein schmerzhafter Anfall am frühen Abend und die Dosis Opium, die Giulianos Medicus mir gab, konnten mich jetzt noch davon abhalten, was ich tun musste. Ich hatte keine Zeit mehr zu verlieren!

    Niemand wusste, was ich vorhatte, als ich in den frühen Morgenstunden den Palazzo verließ. Ich war aufgestanden, hatte mich angekleidet, war die Treppe in den Hof hinuntergeschlichen und hatte der Wache befohlen, das Tor zu öffnen. Dann war ich in der Finsternis der Nacht verschwunden – wie Guido zwei Nächte zuvor.
    Der

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